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Schneckenmühle

Schneckenmühle

Titel: Schneckenmühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Schmidt
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nicht. Außer beim Händeschütteln habe ichnoch nie von selbst einen Erwachsenen berührt, jedenfalls kann ich mich nicht erinnern.
    «Ich geh mal Erwin um die Taille fassen», sage ich.
    «Aber nicht türmen! Sonst bricht deinem Schatz hier das Herz.»

29 An einer Tür steht «WC» und ein Pfeil. Ich öffne die Tür, dahinter ist der Hausflur mit den runden Mülltonnen für Asche und Knochen. Ich folge den Pfeilen bis auf den Hof, wo in Stapeln Holzkästen mit leeren Flaschen stehen. Außerdem ein verrosteter Oldtimer neben einem Berg Kohlen. An einem zehn Meter hohen Mast ist ganz oben eine Antenne angebracht. Bretter führen über einen Wassergraben, dahinter kommt schon der Hang, der gleich an der Rückwand eines Plumpsklos aufsteigt. Die Holzwände vom Klo sind mit vergilbten Aktfotos tapeziert. Manche erkenne ich von der Altstoffsammlung wieder. Das Loch im Holz, auf das man sich setzen muß, ist herzförmig. Der Geruch aus der Grube kommt mir vertraut vor, es riecht nach Ferien auf dem Dorf, in Alt-Lipchen. Da wollen wir hinfahren, wenn ich wieder zu Hause bin. Statt Klopapier hängt an einem Nagel in der Wand ein Bündel zerschnittener Zeitungen.

    Auf einem anderen Zettel ist von Drahtziehern, Schmugglern, Menschenhändlern und Brunnenvergiftern die Rede. Ich blättere den Zettelstapel durch, aber es kommen keine Karikaturen. Als Waschbecken dient eine Emailleschüssel mit einem Kunstfaserbeutel für Seifenreste.
    Ingo gibt. Das erste Spiel ist um, ohne daß ich kapiere, was vor sich geht. Ich höre nur das Hämmern der Fäuste auf dem Tisch, vom Qualm ist mir schlecht. Beim zweitenSpiel sitze ich sogar in Vorhand und muß rauskommen, was noch schwerer ist, weil man dauernd Entscheidungen treffen muß. Ich verliere wieder. Müßte man die Karten nicht nach jedem Spiel zerreißen und neue nehmen? Sehnsüchtig gucke ich auf die Bilderrahmen an der Wand, in denen Skatkarten von Grand Ouverts aus der Vergangenheit aufbewahrt wurden wie seltene Schmetterlinge. Mit Feder und Tinte sind die Daten notiert worden, in einer besonders schönen Schrift, wie auf meinen Schulurkunden von der Altstoffsammlung.
    Das nächste Spiel, diesmal muß ich geben. Wenn ich jetzt nicht spiele, bekomme ich ein «Brot» angeschrieben. Ich versuche, mich nicht schon beim Mischen zu blamieren. Irgendwie ist mir im Gedächtnis, daß man bei den richtig alten Männern verloren hat, wenn eine Karte auf den Tisch fällt. Einen Grand Ouvert nimmt man geschlossen auf. Ich versuche, beim Kartensortieren so zu gucken wie Steve McQueen. 7, 8, 9, 10 von Kreuz, 7, 8, 10 von Herz, 7, 8 von Karo, und eine Pik 8. Das ist doch Null, eigentlich sogar Null Ouvert? Im Skat kann nur etwas Schlechteres liegen, da kann ich gleich Hand spielen. Dann hätte ich 59 Punkte. Mein Herz pocht, aber ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, «orthogenes» Training. Ich reize immer höher. Ingo antwortet gar nicht mehr, er hat die Faust auf den Tisch gelegt, der Daumen zeigt nach oben: «Solang er steht.» Aber dann zieht er den Daumen ein, und ich sage: «Null Ouvert.»
    «Dann hat sich wohl einer überreizt.»
    «Ich meinte ja ‹mit Hand›.»
    Ingo spielt die Karo 9, ich bleibe drunter. Renz ist am Spiel. Er spielt Kreuz. Ich bleibe drunter, ich kann sogardie 10 nehmen, obwohl es ja egal ist. Ingo wirft das Herz As. Renz spielt wieder Kreuz, diesmal wirft Ingo den Herz König. Renz spielt wieder Kreuz, was soll das? Jetzt wirft Ingo die Pik 9. Und noch einmal Pik. Jetzt spielt Renz Herz, das macht mir nichts, ich kann sogar die 10 werfen. Habe ich irgendetwas übersehen?
    Noch zwei Mal spielt Renz Herz, langsam wird mir mulmig wegen meiner Pik 8. Aber damit bleibe ich immer drunter. Vielleicht ist die 7 ja sogar im Skat? Ich habe nur noch Pik 8 und Karo 7 und 8. Und jetzt spielt Renz die Pik 7. Was macht Ingo? Er starrt mir in die Augen, ich traue mich nicht, die Karte anzusehen, die er spielt. Das Karo As. Der Stich geht an mich.
    «Pech im Spiel, Glück in der Liebe», sagt Ingo, steht auf und wirft ein riesiges Schlüsselbund auf den Tisch. «Schloßbesichtigung?» Ich gucke zu Opa Schulze, der immer noch schläft, ich muß mich zwingen, nicht zu weinen. Peggy ist völlig starr vor Angst. Wenn wir schnell wegrennen, ob wir es bis zur Kirche schaffen? Da darf einem keiner was tun.
    «Wir wollten doch nur telefonieren, ihre Mutter ist krank.»
    «Ich bin auch krank, vor Sehnsucht.»
    Mit seinem Gesicht nähert er sich dem von Peggy.
    «Und die Auswahl ist

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