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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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gar nicht beim SWR«, murmelte ich vor mich hin. »Aber Steve ...«
    »... ist genau dieselbe Luftnummer. Ein Möchtegern-Fotograf, der nicht mal den Auslöser findet«, meinte sie abwinkend.
    »Ich dachte, das liegt ihm im Blut!«, protestierte ich schwach.
    Kerstin schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ja. Genauso wie dir der Job als Frisurenmodell.«
    Das saß.
    »Du meinst, er kann gar nicht fotografieren? Und zurück in seinen alten Job kann er auch nicht?«, fragte ich erschüttert.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Frag ihn doch.«
    »Das werde ich«, erklärte ich entschlossen. »Jetzt gleich. Tschüssle, Kerschdin. Vielen Dank fürs Bohren. Ich werde dich den frustrierten Kreativen um mich herum empfehlen, falls du irgendwann eine Praxis eröffnen solltest.« Ich zerquetschte sie fast in einer Umarmung.
    Dann stürmte ich auf der Suche nach Steve durch den Regen. Ich fand ihn auch relativ schnell – bei einer spannenden Runde Mensch-ärgere-dich-nicht im Wohnzimmer. Leider bekam ich ihn einfach nicht zu greifen. Den ganzen Tag dackelte ich ihm hinterher wie ein Schatten. Doch Steve war keine Sekunde lang alleine anzutreffen und war auch nicht bereit, sich mit mir in ein stilles Eckchen zurückzuziehen.
    Erst als wir uns in der wieder mal übel stinkenden Küche in die Kojen hievten, fragte ich ihn ganz direkt: »Steve? Du hattest gar keine Bar auf Mallorca, stimmt’s? Und du hast auch gar kein besonderes Talent zum Fotografieren, oder?«
    Seine Zunge wanderte sofort zu seinem abgebrochenen Zahn. Das reichte mir eigentlich schon als Antwort.
    Deshalb hob ich die Hände und kam jeder Antwort seinerseits zuvor. »Ist gut. Ich denke, wir haben wirklich einen gewaltigen Rede- und Klärungsbedarf. Ich finde es im Grunde ziemlich unerträglich, dass du so viel lügst. Aber du hast sicher einen guten Grund dafür. Vielleicht hast du bisher nicht, äh, genug Aufmerksamkeit bekommen. Wie auch immer – ich versuche, dir das nicht nachzutragen. Wir klären das ganz in Ruhe und Ausführlichkeit, wenn wir endlich wieder unter uns sind, in Ordnung?«
    Der Knabe stand vor mir wie ein gerügter Dreijähriger, der eben mit dem Finger im Nutellaglas erwischt worden war, und nickte brav.
    Ich seufzte. »Dann ist es ja gut. Schlaf gut, Münchhausen.« Ich drückte ihm einen Kuss auf die ziemlich lange Nase und haute mich aufs Ohr.

Stößchen auf der Alien-Party oder:
Waterloo im Abba-Land
    In den nächsten Tagen ging Steve mir auffällig unauffällig aus dem Weg. Ich vergrub mich deshalb meistens mit einem Buch in Kerstins Baracke oder folgte Kurt auf Schritt und Tritt. In Begleitung von Ediths Schwiegervater, der ja zudem ein echter und nicht erflunkerter Germanistik-Professor war, traute sich kaum noch jemand, mich in die Pfanne zu hauen. Kurt war allen eindeutig zu überlegen. Hinter seinem Rücken, den er der feinen Gesellschaft so häufig wie möglich zuwandte, zerrissen sie ihn und mich allerdings regelmäßig in der Luft.
    Der verkappte Lügenbaron Steve, wegen dem ich schließlich in diesem ganzen Schlamassel steckte, ließ mich wie bisher weiter gegen die Wand laufen – was ihn in meinen Augen immer weniger liebenswert machte. Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, was in Stuttgart aus uns werden sollte. Jeden Tag kämpfte ich heftig darum, meine ohnehin nicht überschäumenden Gefühle für ihn nicht komplett zu Grabe tragen zu müssen.
    Steve bekam von meinem Liebeskrampf nichts mit. Er war viel zu beschäftigt mit überschäumend lustigen Scrabble-Monopoly-Kniffel-Mensch-ärgere-dich-nicht-Runden. Diese Spielsucht musste ich ihm zuhause ganz schnell wieder austreiben – wie so vieles andere auch. Wenn ich über die Liste seiner ultramiesen und unerträglichen Eigenschaften nachdachte, wurde mir ganz schwummerig. Um das alles auszubügeln, würde ein Leben kaum reichen.
    Und meine Motivation dafür bröckelte langsam ab.
    Der so genannte Nöck ließ sich nur noch zweimal kurz blicken. Jedes Mal, wenn ich ihn ansprach, verschwand er wie der Blitz um die Ecke. Abends in der Küchenbank glaubte Steve mir natürlich kein Wort davon. Er dachte, ich wolle ihn auf den Arm nehmen. Dann hielt er mir den ewig gleichen Vortrag darüber, dass ich die tolle Gelegenheit, alle diese wunderbaren Menschen kennen zu lernen, völlig ungenutzt verstreichen ließ.
    Ich ließ ihn reden, in der Hoffnung, dass ich nur noch Ediths Geburtstag abwarten musste. Dann würde ich noch ein paar Tage småländischen Urlaub in einem

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