Schnee an der Riviera
verbrannte Erde, um nur ja alle Spuren zu beseitigen. Caprile war seinerseits zum Risiko geworden, vielleicht glaubten sie, er habe den Chip gefunden und selbst eingesteckt, um eventuell den gleichen Nutzen daraus zu ziehen, den Habib sich versprochen hatte. Erpressung, nehme ich an.«
Nun stoppte Tano sie mit einer Handbewegung.
»Okay, bis hierher klingt alles plausibel. Aber erklären Sie mir eins, Nelly. Der anonyme, geheimnisvolle Brief, von dem Sie mir zum Glück schließlich doch erzählt haben. Wenn Caprile der Mörder war, warum sollte er diesen Brief schreiben? Um jeden Verdacht von sich abzulenken? Um indirekt Mau und Monica zu beschuldigen? Und wie ist der Teenager Bagnasco in das ganze Durcheinander geraten? War er ein Erpressertyp? Nein, Maurizio hat ja selbst gesagt, dass er mit Ihnen reden wollte, also mit der Polizei. Der Punkt ist doch folgender: Wer kann die Mörder über das informiert haben, was in der Schule passierte, in Realzeit? Die Flucht hinauf zur Dachterrasse vorhersehen? Die kleine Pittaluga steckt knietief im Schlamassel. Maurizio hat zu Protokoll gegeben, dass seine Freundin Drogen nimmt, dass sie an diesem Morgen in der Schule wahrscheinlich Kokain bei sich hatte. Durch die unangekündigte Durchsuchung soll die Sache dann ins Schleudern geraten sein. Das sind einfach zu viele Zufälle, total unwahrscheinlich. Wir müssten sie noch einmal in die Mangel nehmen, sie weiß noch nicht, dass Maurizio einige Dinge über sie erzählt hat, und wer weiß, ob er alles erzählt hat.«
Nelly nickte voller Überzeugung und versuchte, zu Wort zu kommen, dieses Mal ohne Erfolg, da ihr Gegenüber sie mit einer strikten Geste aufhielt.
»Allerdings ist es eine delikate Angelegenheit, sie in die Mangel zu nehmen, außerdem ist Maurizios Position schwierig. Seine Aussage könnte als unglaubhaft eingestuft werden. Es gibt keine Zeugen für das, was er und der junge Bagnasco an diesem verfluchten Morgen miteinander besprochen haben. Und genauso wenig für das, was Monica und Francesco Bagnasco gesagt haben. Außerdem, bevor sie rausging, hat die Drogenfahndung die Hunde auf sie angesetzt, und sie hatte kein Kokain bei sich, nicht einmal Hasch. Sie und Miriam waren clean.«
Tano sah, wie sich in Nellys Gesicht Verwunderung breitmachte und sie ein paar Mal den Mund auf- und wieder zuklappte.
»Das wussten Sie wohl nicht? Glaubten Sie wirklich, die Mädchen hätten sich in dem allgemeinen Aufruhr heimlich aus dem Staub gemacht? Nun gut, dem war nicht so. Das hat mir gerade Santangelo bestätigt. Er war nicht danach gefragt worden. Die beiden Busenfreundinnen sind ganz normal von unseren tüchtigen Hunden beschnüffelt worden. Und sie hatten nichts versteckt.«
»Das ... das haut mich jetzt aber um.«
»Weil Maurizio gelogen haben könnte? Bagnasco könnte genauso gut gelogen haben. Oder Monica. Das Wort Ihres Sohnes ziehe ich als Letztes in Zweifel, Nelly. Also, dieser Caprile und unser sogenannter Alfio Spaventa dealten mit Drogen, und Habib gehörte zu ihrem Ring. Caprile könnte auch auf Albinis oder Spaventas Konto gehen, vielleicht wurde er aber auch von jemandem aus dem Weg geräumt, der vor ihnen da war, während sie nur den Mikrochip suchten«, wieder musste er Nelly aufhalten, die stirnrunzelnd etwas einwerfen wollte. »Lassen Sie mich das kurz beenden, es ist nicht sehr wahrscheinlich, ich weiß, aber auf dem Gewehr finden sich nicht ihre Fingerabdrücke, und Zeugen gibt’s auch nicht. Er könnte sich auch tatsächlich selbst erschossen haben aus Schuldgefühlen, eine Sache ist es, mit Drogen zu dealen, eine andere, kaltblütig einen Jungen umzubringen. Theoretisch könnte Albini, auch wenn Ihnen diese Interpretation nicht gefällt, Nelly, nichts von der kriminellen Aktivität seines Kollegen gewusst haben, gut, gut, das ist nicht besonders glaubwürdig, einverstanden, aber es gibt keine objektiven Hinweise darauf, dass er beteiligt ist. Ihm wird nichts vorgeworfen, lange Zeit seines Lebens hat er im Ausland verbracht, auch als Söldner, nachdem er die wenig erfolgreiche Karriere als Profiboxer aufgegeben hatte, aber bei Interpol ist er nicht bekannt. Ganz anders liegt der Fall bei Alfio-Paco, da gucken Sie, was? Nun überrasche ich Sie schon zum zweiten Mal, die Information ist noch ganz frisch, wie Sie sehen, war es gut, mich mit an Bord zu holen ...« Esposito lachte zufrieden über seinen Witz. »Unser Alfio Spaventa heißt in Wirklichkeit Francesco (Paco) Vennaro, geboren in
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