Schnee an der Riviera
haben. Wir sollten den stellvertretenden Polizeipräsidenten informieren.«
»Genau. Aber woher weiß Santangelo von dem Mikrochip?«
»Lass uns Bianchi fragen.«
Bianchi schien aus allen Wolken zu fallen.
»Aber Dottoressa Rosso, Commissario Santangelo hat gesagt, Sie hätten ihn über alles informiert und wollten, dass ich ihn auf dem Laufenden halte. Was hätte ich denn tun sollen? Ihm nicht glauben?«
»Schon gut, Bianchi. Aber kurz bei mir durchrufen, als er wieder weg war, das hättest du schon tun können, um sicherzugehen.«
»Sicherzugehen? Soll das ein Witz sein? Wenn man nicht einmal mehr den Leuten hier im Präsidium trauen kann ... Also, wenn noch einmal so etwas passiert, sage ich Ihnen sofort Bescheid«, fügte er hinzu, als er Nellys und Gerolamos Mörderblicke sah. Dann meinte er mutlos: »Ach, und was diesen blöden Mikrochip betrifft, ich war gerade auf dem Weg zu Ihnen, ich habe es schon Dottor Esposito gesagt: Monica ist leider nicht das Ausgangspasswort.«
Nelly wollte schon die Schultern hängen lassen, als ihr plötzlich einfiel, dass die Mädchen im Anatra azzurra ihre Namen vertauscht hatten, und sie sagte: »Nur nicht den Mut verlieren, versuch es bitte noch einmal mit Miriam.«
Bianchi sah sie an und sagte nur: »Okay.«
Zurück in Nellys Büro blickten sie und Gerolamo sich ratlos an.
»Santangelo hat uns nicht alles gesagt. Weder vorher noch jetzt. Die Sache stinkt gewaltig.«
»Natürlich hat er uns nicht alles gesagt«, bestätigte Gerolamo düster und dachte an den meisterhaften Auftritt des Leiters der Drogenfahndung.
In diesem Moment ließ der Polizeivize Nelly in sein Büro rufen.
»Nun, Nelly, Sie erlauben doch, dass ich Sie beim Vornamen nenne, oder?«
»Ich dachte, das hätten wir schon geklärt, Tano.«
»Gut. Fassen wir also zusammen. Dieser Giovanni Caprile scheint tatsächlich den jungen Bagnasco ermordet zu haben. Zu diesem Zweck hat er sich in dem Gebäude neben der Schule auf die Lauer gelegt, das gerade saniert wird, und auf einen günstigen Moment für den Schuss gewartet. Er war bei der Leiche, als Sie dazukamen. Weil er gerade geparkt hatte, ihm zufolge. Er könnte aber genauso gut auf ihn geschossen haben und dann blitzschnell hinuntergespurtet sein, um in den Taschen des Opfers oder in dem Medaillon zu suchen, das es um den Hals trug. Ohne zu finden, was ihn interessierte, wie wir wissen. Ihrem Sohn Maurizio zufolge, hat Alfio Spaventa, nennen wir ihn mal so, behauptet, dass Habib dem jungen Bagnasco etwas gegeben hat. Der wiederum zu Maurizio gesagt hat, er wolle zur Polizei gehen. Wusste Habib denn von diesem Entschluss? Der Mörder, oder die Mörder, haben Habib entführt, weil er sie verraten hat, etwas Wichtiges an sich genommen und gegen alle Regeln verstoßen hat, haben ihn gefoltert, er konnte oder wollte nichts sagen, außer dass Francesco Bagnasco den Mikrochip hatte, vielleicht hat er gedroht, dass der zur Polizei gehen würde, wenn ihm etwas zustieße, seine Entführer haben ihn umgebracht, versenkt und sich an Bagnascos Fersen geheftet. Und nicht ohne Erfolg.«
Bevor der Vizechef fortfahren konnte, nutzte Nelly, die schon länger unruhig hin und her gerutscht war, seine Atempause, um ihren Teil zur Rekonstruktion beizutragen:
»Dann sähe es also folgendermaßen aus: Caprile, der der Einzige ist, über dessen Beteiligung wir so gut wie sicher sind, liegt in der Wohnung gegenüber der Schule auf der Lauer, und zwar schon am Morgen nach dem ersten Verbrechen, das an Habib. Aber hier gibt es noch eine Menge offener Fragen: Woher wusste der Hausmeister, was in der Schule passieren würde? Die Durchsuchung mag ja noch angehen, aber die Flucht der Jugendlichen aufs Dach? Und in die Wohnung hochgehen mitsamt Gewehr? Es handelt sich um ein zerlegbares Modell mit Zielfernrohr. Ein Profiteil. Er muss es also in Einzelteilen hinaufgebracht haben, in einem Kasten. Der aber bei der Hausdurchsuchung nicht gefunden wurde. Aber wie auch immer, nehmen wir einmal an, Caprile nutzt die Gelegenheit, schießt auf Franci, versteckt das Gewehr und rennt hinüber, um ihn als Erster zu durchsuchen und den Mikrochip einzustecken, denn den wollen doch scheinbar alle. Er konnte nicht wissen, dass der Junge ihn Maurizio gegeben hatte, versteckt in seinem Handy. Mein Sohn wurde dann von der Polizei durchsucht, die nichts Verdächtiges finden konnte, so dass er als sauber galt. Aber der, der den Mikrochip suchte, wollte ganz sicher gehen. Diese Leute hinterlassen
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