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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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nicht ewig deinen Babysitter spielen, früher oder später muss auch er wieder arbeiten. Ich habe keine Lust, darüber zu streiten, ich hatte einen sehr anstrengenden Tag. Morgen Mittag wirst du abgeholt und weggebracht. Ende der Diskussion.«
    Mau wurde rot wie eine reife Paprika. Er war kurz davor zu explodieren, überlegte es sich aber anders, sprang auf und stürmte in sein provisorisches Gästezimmer. Die Tür schlug laut hinter ihm zu. Seine Mutter und Carlo blieben einige Minuten schweigend sitzen. Dann stand Nelly auf, holte die Flasche Four Roses aus dem Barschrank, wo sie immer stand, und goss sich einen großzügigen Schluck ein. Carlo beobachtete sie stumm.
    »Möchtest du auch einen?«, fragte sie schließlich und hielt ihm die Flasche hin.
    »Ja, bitte.«
    Sie tranken schweigend und sahen sich dabei immer mal wieder an, jeder darauf wartend, dass der andere das Wort ergriff. Schließlich begann Carlo:
    »Bist du sicher, dass du das Richtige tust? Dein Sohn hat sich gerade wieder etwas gefangen, ich glaube nicht, dass er hier bei mir in Gefahr schwebt. So mit ihm zu sprechen, ihn zum jetzigen Zeitpunkt wegzubringen, ist eine Provokation. Du weißt, wie sehr er an dem Mädchen hängt. Schon gestern Abend seid ihr ihretwegen aneinandergeraten. Er könnte falsch reagieren ...«
    »Es ist mein Sohn, es ist mein Fall und auch meine Verantwortung. Ich weiß, dass du das sagst, weil du ihn magst, ich bin dir auch dankbar dafür, aber ich möchte dich bitten, dich nicht einzumischen, Carlo. Ich schwöre dir, es ist so schon schwer genug für mich.«
    »Nelly, warum übergibst du die Ermittlungen nicht jemand anderem und nimmst dir ein paar Tage frei? Das würden alle verstehen. Wir fahren mit dem Jungen irgendwohin, vielleicht wäre er damit einverstanden, obwohl ich meine Zweifel habe.«
    Sie nippte an ihrem Bourbon, ohne den Mann anzuschauen, der sich vorgebeugt hatte. Mit einem Schluck leerte sie ihr Glas und sagte bestimmt:
    »Tut mir leid, ich kann nicht anders.«
    Und bevor er etwas erwidern konnte:
    »Ich bin todmüde, Carlo, wirklich. Ich gehe schlafen.«
    Er blieb allein zurück und schenkte sich, während sie im Bad verschwand, noch einen großen Schluck Four Roses nach. Irgendetwas stimmte da nicht. Ein nicht greifbares Gefühl der Unruhe befiel Carlo, der mit dem Glas in der Hand auf die Terrasse trat und lange auf das von glitzernden Lichtern gesprenkelte schwarze Meer hinaussah. Noch vor wenigen Tagen war Nelly ihm so nahe gewesen wie nie zuvor, und nun schien sie Lichtjahre entfernt. Es war, als sei sie plötzlich eine Fremde geworden.
    Im Dunkeln auf dem Schlafsofa ausgestreckt, starrte Nelly an die Zimmerdecke, ohne sie zu sehen. Sie lag lange wach, doch als Carlo leise neben ihr unter die Decke schlüpfte, stellte sie sich schlafend.

ZEHNTER TAG
Morgen
     
    Nelly wurde um halb acht wach, weil ihr Handy klingelte. Einen Moment lang fragte sie sich, wo sie war. Carlos kleine Wohnung, ja sogar dass er schlafend neben ihr lag, flößte ihr ein beklemmendes Gefühl der Fremdheit ein.
    »Ja, Gerolamo«, murmelte sie leise, um ihren Gefährten nicht zu wecken. Dann erhob sie sich, ging zu Maus Zimmer und schaute hinein. Das Bett war zerwühlt, der Junge weg.
    »Er ist vor wenigen Minuten herausgekommen. Er sieht sich dauernd um, ob er verfolgt wird, aber wir sind ihm auf den Fersen«, berichtete ihr Assistent verschwörerisch.
    »Gerolamo, bitte, jetzt hängt alles von euch ab ... wenn ihr ihn verliert ... wenn ihm etwas zustößt, ich ...«
    »Ich weiß, Dottoressa. Ganz ruhig, wir verlieren ihn nicht aus den Augen. Und den Minisender haben Sie ja sicher gut platziert, der wird uns führen, falls er uns entwischen sollte. Wir können jederzeit eingreifen. Alles wird gutgehen.«
    »Himmel, ich weiß wirklich nicht, wie ich mich von Esposito dazu überreden lassen konnte, meinen Sohn als Köder zu benutzen, ich muss wirklich verrückt gewesen sein. Wo ist er jetzt?«
    »Er tut so, als ginge er joggen, hat sich die Kapuze seines Pullis tief ins Gesicht gezogen. Um ein Haar wäre er uns durch die Finger geschlüpft.«
    Nelly entfuhr ein leises Stöhnen.
    »Aber er hat es nicht geschafft. Er läuft ohne Eile Richtung Bogliasco, jetzt ist er im Ortskern von Nervi, bald hat er die Aurelia erreicht.«
    »Ich bin sofort da.«
    Nelly warf sich eilig in Hose, T-Shirt und Pullover und band sich im Bad, auf dem WC sitzend, gerade die Laufschuhe zu, als Carlo im Türrahmen auftauchte. Es war klar, dass er

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