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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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die Dienstpflichten, das reichte für den Anfang; diese Schlingen würden sich als fest genug erweisen. Kubitzka war vom Gelingen seines Projekts überzeugt. Mit solchen Folgen des Schnees im Regierungsviertel dürfte der deutsche Verfassungsschutz in dieser Jahreszeit gewiß nicht rechnen.
    Ebenso wichtig wie das »Projekt« war die Versorgung seiner Großdealer in Köln, zu denen er die Verbindung nicht abreißen lassen konnte. Sein aufwendiger Lebensstil erforderte nun einmal ergiebige Einnahmequellen. In der Zentrale herrschten völlig falsche Vorstellungen über die Kosten, die mit der Anwerbung von Agenten durch den Einsatz von Drogen verbunden waren. Schließlich mußte auch der Eindruck aufrechterhalten werden, daß der fliegende Konsul seine guten Einkünfte den Geschäften mit Industrieanlagen in Übersee verdanke. Ihm war klar, daß er ständig ein hohes Risiko eingehen mußte, um über genügend Mittel verfügen zu können.
    Auch die Aktion, die er jetzt vorhatte, sollte den Stempel des Unerwarteten und Unwahrscheinlichen tragen. Er machte seine Cessna klar und rollte zum Haltepunkt. Von dort meldete er sich ab zum Inlandflug nach Aachen-Merzbrück. Das war ein kleiner Flugplatz, von dem aus sich die Stadt Aachen mit der Taxe über die Autobahn sehr schnell erreichen ließ – es war aber auch ein Platz, an dem man in Richtung des belgischen Funkfeuers BUN mit der Abstrahlung auf 110,6 Megahertz ohne Aufmerksamkeit zu erregen, vorbeifliegen konnte, um nördlich von Brüssel zu landen. In Hangelar jedenfalls war im Hauptflugbuch nur ein Inlandsflug nach Aachen-Merzbrück eingetragen.
    Jan Kubitzka genoß den Flug. Die Morgensonne zauberte Reflexe in die Kabine, und der Himmel mit den hingetupften Wolken leuchtete strahlend blau. Er ließ seinen Blick über die Ausläufer des Hürtgenwaldes streifen und dachte daran, daß dort unten zum Ende des Zweiten Weltkriegs bei den Kämpfen zwischen Deutschen und Amerikanern Zehntausende ihr Leben verloren hatten; Bäume waren zerfetzt und geknickt wie Streichhölzer. – Heute erinnerte nichts mehr an die Zerstörung; die Bäume waren neu angepflanzt und die Lücken längst wieder geschlossen.
    Die Bänder der Autobahn boten in dem Gewirr von Häusern und Straßen der Stadt Aachen – Aix-la-Chapelle, wie die Belgier sagen – eine sichere Orientierung. Schon war die Grenze überflogen und das Land wurde weiter.
    Kubitzka hatte den Transponder ausgeschaltet, so daß auf dem ganzen Flugweg mit der von ihm gewählten – niedrigen – Höhe mit einer Erfassung durch Radar nicht zu rechnen war.
    Die One-seven-two brummte, von keinem Gerät erfaßt, unbehelligt ihrem Reiseziel entgegen. An Maastricht vorbei zog sie über die Maas und über den in einer sanften Schwingung nach Antwerpen führenden Albrecht-Kanal. Dort unten hatten deutsche Fallschirmjäger im letzten Weltkrieg die Festungen geknackt, um Guderians Panzern den Weg nach Westen frei zu machen.
    Um ja nicht aufzufallen, hielt Kubitzka im Nahverkehrsbereich der belgischen Hauptstadt mit ihrem stark frequentierten Verkehrsflughafen Brüssel-National die vorgeschriebene Flughöhe von dreihundert Metern peinlich genau ein. In der Nähe von Mechelen ging er auf Kurs zweihundertfünf Grad. Als die eigenwillig runden Flugzeughallen des Landeplatzes Grimbergen in Sicht kamen, erbat er über Funk die Landeerlaubnis »Request Landing Information, coming from Schaffen-Diest.«
    Mit diesem zweiten Trick vermittelte er der Luftaufsicht den Eindruck, daß er von dem belgischen Inlandsflugplatz Diest herübergeflogen war. Der Platz war als flugsportliches Übungsgelände für Fallschirmspringer bekannt. Wer von dort kam, brauchte keine neugierigen Fragen der Luftaufsicht zu fürchten – vor allem mußte er nicht mit Stichprobenkontrollen durch den belgischen Zoll rechnen. Bei der Zahlung der Landegebühren wies Kubitzka en passant darauf hin, daß er schon bald wieder nach Diest zurückfliegen werde. Die Cessna hatte er so abgestellt, daß sein Zu- und Abgang vom Tower nicht ohne weiteres zu beobachten war. Mit der dunklen Fliegertasche in der Hand ging er hinüber zur Airport-Pinte, von der die Werbung für Belgiens meistverkauftes Bier Stella Artois herüberleuchtete.
    Nach der intensiven Einstrahlung der Sonne beim Flug wirkte der Gastraum dämmerig. Gleichwohl bemerkte Kubitzka sofort die Frau im teuren Fliegerdreß, die allein am Tisch im Hintergrund des Raumes saß. Sie gab ihm ein Zeichen, und er begrüßte sie mit

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