Schnee Im Regierungsviertel
die Luft und verschwanden in Richtung Königswinter-Rhöndorf, ganz offensichtlich zu einer Verbandsflugübung.
In der Nähe des Towers waren Dutzende von Sport- und Geschäftsflugzeugen abgestellt und festgezurrt. Freiberg hatte sich telefonisch vergewissert, daß Werner Stockmann, mit dem er bei der Fernmeldebrigade in Gerolstein gedient hatte, heute im Tower saß. Als nach dem Klingeln das elektrische Türschloß aufschnappte, stieg Freiberg die Stufen der Wendeltreppe hinauf. Inmitten des von riesigen schrägstehenden Panoramascheiben abgegrenzten Raums saß der immer noch dünne »Stocki« vor dem Schalt- und Überwachungstisch.
»Hallo, Freiberg. Was treibt dich denn her?«
Die lebhafte Begrüßung wurde durch ein für Laien unverständliches Krächzen des Lautsprechers unterbrochen. Eine anfliegende Beechcraft bat um Landeerlaubnis. »Platzrunde rechts, Landebahn hundertzehn, Wind vier«, gab Stockmann in das Mikrofon und fuhr, zu seinem Besucher gewandt, fort: »Du bist doch bestimmt nicht hier, um fliegen zu lernen oder mich bei der Arbeit zu bewundern. Also, was hast du auf dem Herzen?«
»Ich müßte mit dir reden. Ein paar vielleicht delikate, in jedem Fall aber vertrauliche Fragen klären.«
»Roger! Das können wir sofort angehen; noch ist wenig los.«
Die angemeldete Beechcraft landete von Westen herein und rollte zur Halle.
»Du hast von hier aus eine verdammt gute Aussicht«, stellte Freiberg fest. »Dir entgeht wohl nichts von dem, was draußen läuft?«
»Das ist nicht immer die reine Freude; manchmal möchte man die Augen zumachen, wenn so ein Sonntagsflieger sich abmüht, seiner Maschine die Beine zu brechen. Aber die Vögel sind stabiler, als mancher Bruchpilot es verdient. Fliegen ist immer nur so gut wie Start und Landung. Aber nun sag schon, was du wissen willst.«
»Ein bißchen herumschnüffeln, mehr ist es noch nicht. – Hier fliegt doch ein Jan Kubitzka mit einer Cessna – kennst du ihn?«
»Du meinst den fliegenden Konsul mit seiner One-seven-two? Der macht astreine Starts und Landungen, sage ich dir; hat seinen Vogel im Griff und brummt durch ganz Europa. Scheint eine Menge Moos zu haben. Ich habe gehört, daß er Repräsentant einer Firma für Industrieanlagen ist, die ganze Produktionsstraßen, Verladeeinrichtungen und Kaianlagen baut. Vor ein paar Tagen hat er so an die zwanzig Halbirre durch die Gegend geschaukelt und abends eine Mordsfete abgezogen. Manche Flieger haben nun mal eine Macke.« Stockmann überlegte noch eine Weile. »Dem scheint jedenfalls das Geld ziemlich locker zu sitzen. – Mehr weiß ich aber nicht.«
»Du fliegst doch auch«, meinte Freiberg.
»Muß sein; der PPL-A gehört dazu, wenn man auf dem Tower arbeitet.«
»Kannst du deinen Fliegerjargon mal für Laien übersetzen?«
»Privatpiloten-Lizenz. A gilt für Flugzeuge mit Kolbenmotor bis zu zwei Tonnen Gewicht; PPL-B ist für Motorsegler und C ist für Segelflieger. Bist du jetzt schlau genug?«
»Kapiert. – Und wohin fliegt der Konsul?«
Werner Stockmann druckste eine Weile herum. »Du bringst mich in Verlegenheit. Wir führen keine öffentlichen Bücher.«
Freiberg gab ihm einen Rippenstoß: »Mach halblang, Stocki. Wir sind beide Beamte des Landes mit dem Westfalenroß. Bezeichne es als Amtshilfe, was du dir abringst.«
»Hat der Kerl Dreck am Stecken?«
»Nichts Genaues weiß man nicht, – nun sag schon, wohin fliegt der gewöhnlich?«
Stockmann blätterte in den Anschreibungen. »Häufig nach Brüssel und Antwerpen. In Paris war er vor einer Woche. Dann sind jede Menge Inlandsflüge verzeichnet, nach Düsseldorf, Dortmund-Wickede und Essen-Mülheim; auch nach Aachen-Merzbrück. Heute ist er übrigens mit einem Passagier zum Flugplatz Siegerland geflogen. – Ganz neu der Kurs, aber in der Gegend gibt es interessante Industriebetriebe.«
Wieder quäkte der Lautsprecher. Eine Bölkow-Junior meldete sich ab nach Leverkusen – Übungsflug.
»Ziemlich schnell der Vogel, aber ein fickeriges Ding. Man muß schon fliegen können, wenn der Junior brav bleiben soll«, erläuterte Stockmann. »Hier sitzt ‘ne Frau am Knüppel; die hat den Bogen raus.«
Freibergs Augen folgten der abhebenden Maschine. »Kannst du erfahren, ob unser fliegender Konsul am Ziel angekommen ist und was er dort tut?«
»Das erste ist kein Problem; auch ein Ehrendiplomat muß schließlich Landegebühren bezahlen. Aber mehr wird wohl nicht zu erfahren sein.«
»Versuch mal durchzukommen.«
Die
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