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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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einer freundschaftlichen Umarmung. Das brünette Haar und der mädchenhafte Teint ließen die Frau jünger erscheinen, als sie war. Yvette Ravens trank Cafe filtre.
    »Salut Jan! Hattest du einen guten Flug?« fragte sie, ohne etwas anderes als eine Bestätigung zu erwarten.
    »Aber ja doch, wir leben in einer friedlichen Welt«, antwortete der Konsul und schob seine neben dem Stuhl abgestellte Fliegertasche mit dem Fuß etwas weiter unter den Tisch.
    Nachdem er eine Portion Kaffee bestellt hatte, flüsterte Yvette: »Zwei Kilo Kokain, exzellente Qualität, fünfundneunzig Prozent. Direktimport aus Kolumbien über Containerhafen Antwerpen. Wir haben den Stoff gleich in unsere ländlichen Depots verschubt. – Ich habe noch eine Tasche mit zwei Kilo draußen im Auto. Alles fein verpackt – Schnee im doppelten Boden – Leibwäsche deiner Größe sowie Marschverpflegung zur Dekoration obendrauf. – Oder ist dir der Transport heute zu riskant?«
    »Meine liebe Yvette«, lachte Kubitzka, »du kennst mich und stellst solche Fragen! Ich nehme die Taschen offen mit, im Flugzeug wird nichts versteckt. Das Problem liegt beim Geld, nicht beim Transport. Ich bin nur auf zwei Kilo, also hundertfünfzig-tausend Mark eingestellt. – Die sind hier unten in meiner Tasche.« Er schob sie mit dem Fuß noch etwas weiter und zog die von Yvette mitgebrachte, vollkommen gleich aussehende Fliegertasche zu sich heran.
    »Kein Problem, den Rest bringst du beim nächsten Treffen mit«, sagte sie.
    »Vertrauen ehrt. Ich schaffe als erste Rate hunderttausend ran. Für den Rest brauche ich Kredit. Wir dürfen nicht zu sehr puschen und müssen Vorsicht walten lassen. Obwohl ich nur Köln beliefere, taucht in Bonn immer mehr Stoff auf. Die Äitsch-Leute sind schon unruhig geworden – sie fürchten die wachsende Konkurrenz.«
    »Geht in Ordnung – hunderttausend beim nächsten Treff, und für den Rest einen Monat«, bestätigte Yvette und fragte erstaunt: »Bedienst du denn nicht den Bonner Markt?«
    »Nein, ich versorge nur eine geschlossene Gesellschaft von Leuten, denen das Geld locker sitzt. Mit diesem Clan habe ich kürzlich eine Flugfete abgezogen, an die man sich noch lange erinnern wird. Zu der Kleinszene in Bonn habe ich keinerlei Verbindung; da habe ich mich strikt herausgehalten. Aber irgend etwas sickert immer durch; ich bin vor drei Tagen von einer zwielichtigen Person angesprochen worden, ob ich größere Mengen Koks liefern könne. Das habe ich natürlich energisch von mir gewiesen. Ich vermute, das war ein ›agent provocateur‹ der Heroin-Bosse; die Bonner Rauschgiftfahnder hätten sich geschickter verhalten.«
    Yvette Ravens hatte aufmerksam zugehört. »Wir müssen es fertigbringen, Äitsch noch weiter in die Ecke zu drängen. Unser Koks wird immer besser und beliebter – schließlich ist er ja auch billiger geworden. Die letzten Lieferungen sind gut durchgekommen; das gilt für Antwerpen und Rotterdam. In Hamburg sieht’s schlechter aus. Die Polizeisondertruppe von FD65 und die Schwarze Gang vom Zoll machen uns dort das Leben schwer. Dazu kommt die bodenlose Dummheit der Macker vom Kiez; das sind unsere Hauptabnehmer. Durch ihre Machtkämpfe untereinander kommt die Szene nicht zur Ruhe. Dazu gibt’s noch den Ärger mit den Heroin-Leuten. Äitsch und Schnee liegen in scharfem Konkurrenzkampf auf der freien Wildbahn.«
    »Wie sieht es mit Marktabsprachen aus?«
    »Die haben uns zwar in Benelux friedliche Verhältnisse beschert, aber in Deutschland läuft noch nichts. Bis sich unsere Bosse mit den Baronen aus dem Kokainlager geeinigt haben, wird, soweit ich das beurteilen kann, noch einige Zeit ins Land gehen. – Wann fliegst du zurück?«
    »In der nächsten halben Stunde. Ich möchte aus bestimmten Gründen heute nicht allzu lange unterwegs sein.«
    Yvette hatte gehofft, daß Jan sie für einen Bummel durch Brüssel und vielleicht sogar für eine Nacht d’amour einladen würde. Doch sie ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken und fragte: »Wann sehe ich dich wieder?«
    »Wir könnten uns Ende der Woche treffen. Paßt dir der Freitag?«
    Yvette nickte. »Das wäre immerhin die zweitbeste Lösung.«
    »Gut, halten wir den Freitag fest, siebzehn Uhr am ›Männeken Pis‹. Einverstanden? Das Hotelzimmer werde ich von Bonn aus bestellen. – Also keine weiteren Telefongespräche zwischen uns, es sei denn über die Notfallnummer.«
    Jan Kubitzka zahlte und ging mit Yvette zum Parkplatz hinüber, wo sie ihren

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