Schnee Im Regierungsviertel
Telefonverbindung zum Tower auf dem Flugplatz Siegerland war schnell hergestellt. Stockmann erhielt von seinem Kollegen der Luftaufsicht die Bestätigung, daß die Cessna 172 gelandet sei und fragte: »Weiß bei euch jemand, wo der Pilot, ein Jan Kubitzka, verblieben ist?«
Freiberg hatte die Antwort nicht verstehen können, doch sie mußte interessant sein, denn Stockmann schaltete das Gespräch auf den Lautsprecher: »Wiederhol bitte noch mal. Bei mir ist ein Bekannter, der das dienstlich wissen möchte.«
Der Mann vom Tower Siegerland gab durch: »Wie ich schon gesagt habe, fliegt Kubitzka hier Platzrunden mit verschiedenen Vögeln, die zum Verkauf angeboten werden. Bei ihm ist ein Mario Pavone, der sich mit ihm am Knüppel abwechselt. Wollt ihr eine Verbindung mit den Leuten?«
Kommissar Freiberg wehrte mit energischen Handbewegungen ab.
»Nein«, sagte Stockmann, »Kubitzka braucht von der Nachfrage nichts zu wissen. – Hier geht’s um ein bißchen Amtshilfe für einen Kollegen, der sich für die Geschäfte des Herrn interessiert.«
Um keine weiteren Erklärungen abgeben zu müssen, fragte Stockmann: »Wie sieht’s mit dem neuen Tower aus?«
»Bestens! Von dem aus spreche ich schon«, kam die begeisterte Antwort. »Wurde höchste Zeit, das Ding zu bauen; das wird der Flugsicherheit guttun.«
»Danke euch Siegerländern, ich stehe auch mal zu Diensten«, sagte Stockmann und legte den Hörer zurück. Erwartungsvoll drehte er sich zu Freiberg um: »Na, was sagt der Kommissar- sind deine Fragen geklärt?«
»Wenn ich das so genau wüßte; jedenfalls ist das Verhalten Kubitzkas nicht unbedingt verdächtig.«
»Du bist gut. Was sollte denn auch daran verdächtig ein? Kubitzkas Bekannter will einen Flieger kaufen und macht Probeflüge. Er hat sich auch hier in Hangelar schon umgesehen und laut verkündet, daß er bis zweihunderttausend Mark gehen will, Barzahlung! Stell dir das einmal vor! Ich glaube, wir zwei haben den falschen Beruf; oder hältst du es für möglich, daß wir jemals zweihunderttausend auf der Hand haben könnten?«
»Schwerlich«, sagte Freiberg mit einem schiefen Lächeln.
»Jedenfalls hat sich inzwischen herumgesprochen, daß sich Pavone keine Klapperkiste andrehen läßt. Er hat nicht nur das Geld, sondern ist auch technisch ein As und läßt sich nichts vormachen. Die Probeflüge macht er zusammen mit dem Konsul.«
»Das ist in der Tat nicht verdächtig«, sagte Freiberg nur.
»Du könntest mir jetzt bitte zuflüstern, was da läuft. Amtshilfe auf Gegenseitigkeit nennt man das.«
Freiberg wußte, daß er nicht schweigen konnte, ohne Stockmann zu kränken. »Da ist nicht viel zu flüstern. Wir überprüfen still und leise alle die Typen, die zu einem Mädchen Verbindung gehabt haben könnten, das tot aufgefunden wurde.«
»Der spektakuläre Fall mit der toten Rauschgiftsüchtigen vom Kaiser-Wilhelm-Stein?«
»Du sagst es. Dabei interessieren auch die zwanzig Halbirren, die hier auf dem Flugplatz ihre Schau abgezogen haben. – Aber behalte es für dich.«
»Verlaß dich drauf, schon im eigenen Interesse. Diese Flieger sind versessen auf Klatsch und Tratsch; eine Andeutung und du hast ein Gerücht in der Welt, das kein Mensch mehr einfangen kann. – Erzählst du mir später, wie die Geschichte ausgegangen ist?«
»Abgemacht«, bestätigte Freiberg, ohne daran zu glauben, daß er Gelegenheit haben würde, seine Zusage einzulösen.
11
Die Exkursion ins Siegerland hatte den Konsul einen ganzen Tag gekostet. Doch die Aussicht, bei Mario Pavones Flugzeugkauf fünf Prozent Provision einzustreichen, war Zeit und Sprit schon wert. Aber die beiden Piper und Mooney, die sie erprobt hatten, waren noch nicht das, was Pavone suchte.
Heute konnte Jan Kubitzka endlich zu dem sorgfältig geplanten Alleinflug starten, den er schon seit einigen Tagen vorbereitet hatte. Die Zeit drängte, denn ihm war durch den hohen Konsum bei der Lindbergh-Fete der Stoff knapp geworden. Jetzt, wo er Alexa Reese vom Europaministerium und das unbedarfte Kind aus dem Forschungsministerium fest in der Hand hatte, durfte es an Schnee nicht fehlen. Auch der Vortragende Legationsrat hing an der Angel; er hatte Material über Aufbau und Arbeitsweise des Auswärtigen Dienstes geliefert. Um Staatsgeheimnisse handelte es sich nicht, aber es waren nützliche Informationen, die nicht auf dem offenen Markt gehandelt wurden. Die Sucht nach Kokain, ein paar Tausender Schulden und ein erster Verstoß gegen
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