Schnee Im Regierungsviertel
beleidigten Dame festgelegt zu haben. Freibergs Aufforderung, doch bitte Platz zu nehmen, kam sie mit steifen Bewegungen nach.
»Dürfte ich erfahren, warum ich vor den Augen meiner Mitarbeiter im Ministerium verhaftet worden bin?«
»Sie sind nicht verhaftet worden, Frau Bakus, sondern sie wurden zu einer Vernehmung hergebeten.« Freiberg wandte sich an den Polizisten. »Hat es Schwierigkeiten gegeben?«
Der Riese lächelte nachsichtig: »Nein, die habe ich selten. Der Pförtner wußte, daß die Dame in die Kantine gegangen war. Ich habe sie von dort gleich mitgenommen. Sie müßten ihrem Vorgesetzten den Grund meines Besuchs nachliefern – die Kaffeerunde ist durch mein Erscheinen wohl etwas in Aufruhr geraten.«
»Groß und frech genug sind Sie ja«, entrüstete sich das Pummelchen. »Mich vor allen Leuten so zu behandeln – einfach unerhört!«
»Schon gut«, wiegelte Freiberg ab und verabschiedete den uniformierten Helfer. »Ich werde mich mit dem Ministerium in Verbindung setzen.«
»Und ich werde mich beschweren«, rief Monika Bakus mit einer Lautstärke, die im Widerspruch zu ihrer Größe stand.
Fräulein Kuhnert sah verwundert auf. Dieses aufbrausende Wesen hatte ja keine Ahnung, wie man den Kommissar nehmen mußte.
Freiberg war nicht in der Stimmung, den Freund und Helfer zu spielen. »Sie werden gleich Ihren Übermut ablegen, Frau Bakus, und ich bin sicher, auch ein Geständnis.«
»Unerhört – das ist ja unerhört«, tönte sie, »wie man von der Polizei behandelt wird. Ich bin Angehörige eines Bundesministeriums und werde mich höheren Orts über Sie beschweren.«
Freiberg sah Monika Bakus prüfend an, und seine Stimme ließ Unerbittlichkeit erahnen, als er sagte: »Frau Bakus, ich beschuldige Sie des Rauschmittelmißbrauchs. Zu Ihren Gunsten will ich annehmen, daß Sie kokainsüchtig sind und daß Ihre Folgetaten dadurch eine Erklärung finden.«
»Süchtig – ich? Und Folgetaten? – Sagen Sie mal, Sie; was soll das heißen?«
»Schluß mit dem Zirkus!« Der Kommissar schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Sie haben vom Konsul Kubitzka Kokain bekommen, dafür Schuldscheine unterschrieben und VS-Berichte aus Ihrem Ministerium geliefert. – Kubitzka ist heute mit seinem Flugzeug tödlich abgestürzt, und wir haben das Sie belastende Material in seiner Wohnung gefunden. – Hier, sehen Sie, das sind die Kopien, die Sie beschafft haben.«
Monika Bakus sah entsetzt auf und schüttelte immer wieder den Kopf. »Nein, nein, das nicht!« Ihre weiteren Worte gingen in einem nicht endenwollenden Schluchzen unter.
Fräulein Kuhnert stand auf und legte der Weinenden den Arm um die Schulter. »Beruhigen Sie sich, es wird schon wieder werden. Sie müssen jetzt reden – Sie brauchen doch Hilfe.«
»Ich… ich habe… ich habe ihn geliebt, den Jan.«
»Das entschuldigt viel, wenn auch nicht alles«, half Freiberg ihr in die Realität zurück. »Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen: Konsul Kubitzka hat Sie und andere Frauen in die Kokainabhängigkeit getrieben und sie für seine Zwecke schamlos ausgebeutet. Sie brauchen ihn nicht zu schonen – denken Sie an sich!«
»Ja, der Kommissar hat recht. Es wird schwer genug werden für Sie. Mein Gott, wo sind Sie da nur hineingerutscht!«
Monika Bakus hob langsam den Kopf. Tränen zogen eine Spur durch das Make-up. »Was sagen Sie? Er hat auch andere Frauen…?«
»Ja, auch einige andere aus Ihrem Clan sind von Kubitzka gefügig gemacht worden und haben Schuldscheine unterschrieben. Ein Mädchen, noch ein paar Jahre jünger als Sie, ist an Rauschgift gestorben; wir haben sie am Kaiser-Wilhelm-Stein gefunden.«
»Aber die hatte doch nichts mit uns zu tun – die gehörte nicht zum Clan.«
»Das wissen wir. Aber auch sie war Kubitzkas Geliebte – und hat dafür mit dem Leben bezahlt. Wie lange kannten Sie den Konsul?«
Monika Bakus tupfte sich mit dem Taschentuch die Tränen ab. »Ein halbes Jahr vielleicht. Es war alles so fröhlich. Ich bin dazugekommen durch… Muß ich das sagen?«
»Sie müssen gar nichts sagen, wenn Sie nicht wollen. Sie können sich auch mit einem Rechtsanwalt besprechen. Ich möchte Sie ausdrücklich darüber belehren, daß das Ihr gutes Recht ist.«
»Nein, ich will keinen Anwalt.«
»Dann erzählen Sie mir alles, ganz einfach so, wie es gewesen ist.«
»Also, ich bin durch Alexa Reese in den Clan geraten. Wir haben tolle Parties veranstaltet, alles mögliche gefeiert, getanzt und Kokain genommen.
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