Schnee Im Regierungsviertel
tatsächlich mehr als die neugierigen Journalisten«, stichelte Lupus. »Du bekommst morgen eine schöne hektographierte Pressemitteilung, so dürftig wie für die anderen Kollegen auch.«
»Nun laß schon mal das Katzenschwänzchen raushängen; hat der Konsul mit Rauschgift gedealt? Ich habe wirklich nicht viel Zeit und kann diskret sein, wie du weißt.« Mauser versuchte einen treuherzigen Blick; doch Lupus lachte ihn aus.
»Du bezahlst das Bier, und ich halte den Mund – so einfach ist die Sache.«
Der Pressemann war sauer und wollte zum Ausgang. Er hatte schon einige Schritte gemacht, als sich sein Gesicht aufhellte. Kommissar Freiberg stand in der Tür zum Gastraum und sah sich suchend um. Mauser winkte ihm zu und schob sich wieder auf seinen Platz.
»Nanu?« wunderte sich Lupus.
»Dein Chef ist da – ich glaube, der Mauserich hat mal wieder die Hand am Puls der Zeit. Drei Mann von der Mordkommission in Hangelar! Egal, was du mir erzählst – daraus mache ich eine Bombenstory für meine Leser. Ich werde meinen lieben Lupus als den Dümmel des Präsidiums darstellen und den Kommissar als den großen Zampano.«
»Und ich werde dich gleich vom Hocker kippen.«
»Na, ihr Streithähne«, begrüßte Freiberg die Kölschtrinker. »Hat die Presse neue Erkenntnisse, großer Meinungsmacher?«
»Jetzt spielen Sie auch den Naiven! Ich weiß wirklich nicht, was ich noch guten Gewissens über die Bonner Kripo berichten kann.«
Lupus hob das Kölsch und prostete seinem Kommissar zu, der ein Mineralwasser bestellt hatte. »Da draußen am Tisch sitzt Pavone und erzählt unserem Ahrens Fliegerlatein – er hält ihn immer noch für Mausers Fotoassistenten.«
»Dafür schuldet mir die Kripo Informationen. – Seit wann wurde der Konsul observiert? – Weiß man, wie oft und wieviel Rauschgift er geschmuggelt hat? – War es nur Kokain oder auch Heroin?« Mauser schoß seine Fragen ab wie Amor die Pfeile.
»Gut, Mauser, die Richtung stimmt; später gibt’s Ihnen Lupus exklusiv. Aber jetzt«, fuhr Freiberg fort, »nichts mehr davon. Wir haben ein anderes Problem am Halse.«
»Den Absturz?«
»Ja, zum Teufel – die Sache stinkt!«
Das Gedränge in der Gaststube hatte nachgelassen; draußen saß man angenehmer. Die stundenlangen Diskussionen hatten das Thema und die Flieger erschöpft, und sie begannen, das Feld zu räumen.
»Komm, Lupus, wir gehen auf die Terrasse«, sagte Freiberg. »Ich möchte mich mal mit Pavone unterhalten. Vielleicht kann der uns weiterhelfen.«
Presse-Mauser sprang auf und ging voraus. »Ich werde euch miteinander bekannt machen.«
»Du bist die Aufdringlichkeit in Person«, stellte Lupus fest. »Die Kripo wird dir ewig dankbar sein.«
Mauser ließ keinen Zweifel daran, daß er mit Pavone schon beste Kontakte geknüpft hatte, als er zielstrebig auf diesen zuging. Ahrens hatte seine Kollegen kommen sehen und rückte zur Seite, damit alle Platz hatten.
»Darf ich für die Tischrunde einen Kaffee bestellen?« fragte der Kommissar. »Ich komme direkt von der Unfallstelle; da kann man eine Aufmunterung vertragen – ja? Also fünfmal Kaffee, bitte.«
»Hier gibt’s auch leckeren Kuchen«, ließ Pavone sich vernehmen. »Der ist wirklich selbstgebacken.«
»Nein, danke, für mich nicht«, schreckte der Kommissar zurück. »Essen kann ich bestimmt nichts. – Es sieht übel aus an der Unfallstelle, und der Anblick im Rechtsmedizinischen Institut war bedrückend.«
»Das schrecklichste an unserem Job ist, daß wir dabeisein müssen, wenn die Leichen seziert werden«, ergänzte Lupus. »Kein Mensch bringt mich dahin!«
»Ich kenne das«, bestätigte Pavone. »Im Libanon habe ich scheußliche Bilder gesehen.«
»Sie waren längere Zeit dort?« fragte Freiberg.
»Ja, einige Jahre, und ich gehe wieder zurück. Nachdem es meinen Freund Kubitzka erwischt hat, kann es mit den geplanten Geschäften in Lateinamerika nichts mehr werden. – Weiß man denn nun, wie der Absturz passiert ist?«
Freiberg schüttelte verneinend den Kopf. »In ein paar Wochen vielleicht. Die FUS-Leute sammeln draußen die Trümmer ein und wollen ihre Recherchen in Braunschweig fortsetzen. Die nehmen ihren Job ernst. Mit fundierten Ergebnissen ist erst nach Wochen zu rechnen.«
Pavone nickte. »O ja, gründlich sind sie. – Aber wieso ist das ein Fall für die Kriminalpolizei?«
»Ungewöhnlicher Unfall mit Todesfolge; wir werden routinemäßig eingeschaltet«, sagte Freiberg und gab Milch und Zucker in den Kaffee.
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