Schnee Im Regierungsviertel
Schritt für Schritt«, dämpfte der Professor den Eifer. »Erst muß die exakte Beweissicherung erfolgen, dann können Sie loslegen.«
Freiberg saß wie auf heißen Kohlen, während die Röntgenaufnahmen gemacht wurden. Nachdem die Bilder für gut und beweisfähig befunden worden waren, begann die Obduktion. Nach ein paar Minuten klapperten Metallteile in der Auffangschale.
»Aus dem Oberschenkel rechts eindeutig eine Schraubenmutter, und aus dem Beckenknochen ein rundlicher, flacher und stark deformierter Gegenstand, etwa vier Zentimeter im Durchmesser. Was könnte das sein, Herr Kollege?«
Der Physiker wendete das Metallstück mit der Pinzette. »Mit Flugzeugteilen habe ich keine Erfahrung. Das müßten uns die FUS-Sachverständigen sagen können.«
»Und welche Rückschlüsse lassen sich daraus für die Absturzursache ziehen?« fragte der Kommissar.
»Schwer zu sagen. Aber es spricht alles für eine Explosion; ob in der Luft oder beim Aufschlag ist von uns nicht festzustellen.«
»Da hört unsere Kunst auf«, fügte Professor Klenze hinzu.
»Kann ich die Gegenstände mitnehmen? Ich fahre dann sofort raus zur Unfallstelle.«
Der Direktor signalisierte Zustimmung. »Wenn es drängt – warum nicht. Aber erst wird alles in Plastik eingeschweißt. Ich möchte die Teile noch nicht reinigen und desinfizieren lassen; vielleicht können wir daran noch Sprengstoffreste feststellen. – Aber bitte, Herr Kommissar, die Gegenstände sofort nach der Begutachtung hierher zurück – und zwar in der Plastikhülle. Die darf auf keinen Fall geöffnet werden.«
»Selbstverständlich, Herr Professor«, beeilte sich Freiberg zu versichern, dem alles nicht schnell genug ging. Nach zehn Minuten übergab ihm eine Helferin zwei durchsichtige Plastiktütchen mit den darin eingeschweißten Gegenständen.
»Danke – ich bringe Ihnen die ›Funde‹ unbeschädigt zurück.«
»Gute Fahrt, Freiberg – aber rasen Sie nicht so – hier bei uns ist kein Platz für Sie. Ich wäre für eine schnelle Information dankbar, wenn die FUS-Leute bestimmte Erkenntnisse haben.«
Zwei Minuten später saß der Kommissar am Steuer von UNI 81/12. Er gab CEBI den Status ein, ließ das Blaulicht rotieren und das Martinshorn losheulen. Wie vom Teufel besessen jagte er zur Kennedybrücke. Am Konrad-Adenauer-Platz in Beuel war der Verkehr so verknotet, daß auch mit Blaulicht und Musik kein schnelleres Vorwärtskommen möglich war. Erst nach der Abzweigung an der Bundesbaudirektion auf der Ausfallstraße nach Mondorf ließen sich die PS des schnellen Wagens nutzen. An den Absperrungen der Feldwege in der Siegniederung sprangen Polizisten und die von ihnen zurückgehaltenen Neugierigen beiseite, als UNI 81/12 durch die Schlaglöcher fegte.
An der Unfallstelle richteten sich die Leute des FUS-Teams auf und reckten die Köpfe. Freiberg bremste hart, sprang aus dem Wagen und ging mit den Plastikhüllen in der Hand zum Chef der Untersuchungsgruppe. Im Nu hatte sich eine Traube von Menschen um die beiden gebildet.
»Die Rechtsmediziner haben Metallstücke im Körper des Piloten entdeckt, zwei davon habe ich mitgebracht. Es spricht vieles dafür, daß sie durch eine Explosion in den Körper getrieben worden sind.«
»Eine Explosion vermuten wir auch. Aber für ein profundes Urteil ist es noch zu früh«, sagte der Leitende. »Letzte Gewißheit werden wir erst in Braunschweig erlangen. Sämtliche Teile werden dorthin transportiert und in unserer Halle ausgelegt. Jedes dieser Stücke wird genauestens untersucht. Allerdings kann es Wochen dauern, bis wir zu einem endgültigen Urteil kommen. Hier geht Präzision vor Schnelligkeit.«
»Wochen? – Sagten Sie Wochen?«
»Manchmal geht es auch schneller. Wie schnell muß es denn für die Kripo gehen?«
»Ich denke an zehn bis fünfzehn Minuten.«
Der Leiter des FUS-Teams sah den Kommissar kopfschüttelnd an. »Vorstellungen haben Sie!«
»So abwegig können die doch nicht sein; schließlich liefert Ihnen die Kripo die ersten Anhaltspunkte mit schönen Grüßen von den Rechtsmedizinern in Plastik verschweißt. – Hier bitte, eine Schraubenmutter und eine Metallscheibe. Woher könnte das stammen?«
Noch einmal kräftiges Kopfschütteln. »Ihre Vorstellungen sind wirklich rührend. Was meinen Sie, wieviel Schrauben und Muttern es in einem Flugzeug gibt – von den Nieten mal ganz zu schweigen! Aber die Metallplatte – hm – seltsam. Stark deformiert, – auch das spricht für eine Explosion. Bitte
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