Schneemann
ihm plötzlich einfiel, dass er die dunkle Schönheit aus der ersten Reihe vielleicht nie wiedersehen würde.
Eine Stunde später sah er sie wieder. Er hatte allein gegessen und sich bei Kamikaze einen Anzug gekauft, den er gleich anbehalten hatte. Dann war er zweimal am Taste of Africa vorbeigegangen, das angenehm auf der Schattenseite der Straße lag. Als er sich das dritte Mal näherte, ging er wieder in den Laden.
“Schon zurück?”, begrüßte ihn Sylvia Ottersen lächelnd. Genau wie vor einer Stunde war sie allein in dem kühlen, dunklen Geschäft.
“Ihre Kissen haben mir gefallen”, erklärte er.
“Ja, die sind aber auch wirklich schön”, erwiderte sie und fuhr mit der Hand über das Lederimitat.
“Können Sie mir noch mehr zeigen?”, bat er.
Sie legte die Hand auf ihre Hüfte und neigte den Kopf zur Seite.
Sie weiß Bescheid, dachte er. Sie kann mich wittern. “Kommt drauf an, was Sie sehen wollen”, neckte sie.
Er hörte das Zittern in seiner eigenen Stimme, als er antwortete: “Ich würde gerne deine Fotze sehen.”
Sie ließ sich im Hinterzimmer ficken und machte sich nicht einmal die Mühe, vorher die Ladentür abzuschließen.
Arve Step kam fast augenblicklich. Manchmal machte ihn das Gewöhnliche und wenig Attraktive so verdammt geil.
“Mein Mann ist dienstags und mittwochs im Laden”, erklärte sie, als er gehen wollte. “Donnerstag?”
“Vielleicht”, meinte er und entdeckte, dass sein Kamikaze-Anzug einen Fleck bekommen hatte.
Der Schnee wirbelte voller Panik um die Bürogebäude in Aker Brygge, als Birte anrief.
Sie sagte, sie gehe davon aus, dass er ihr seine Visitenkarte gegeben habe, damit sie mit ihm Kontakt aufnähme.
Manchmal fragte sich Arve Støp selbst, warum er all diese Frauen haben musste, diese Kicks, diese sexuellen Kontakte, die eigentlich nichts anderes waren als Rituale der Unterwerfung. Hatte er in seinem Leben nicht genug erobert? War es die Angst vor dem Älterwerden, glaubte er, diesen jungen Frauen etwas von ihrer Jugend rauben zu können, wenn er in sie eindrang? Und warum diese Eile, dieses frenetische Tempo? Vielleicht hatte es mit dem Wissen um seine Krankheit zu tun, mit der Gewissheit, bald nicht mehr der Mann zu sein, der er jetzt noch war. Er hatte keine Antworten, aber was sollte er auch damit? Noch am gleichen Abend lauschte er Birtes Stöhnen, tief wie ein Mann, während ihr Kopf gegen das Gerhard-Richter-Gemälde schlug, das er in Berlin gekauft hatte.
Arve Støp ejakulierte gerade seinen infizierten Samen, als die Türglocke wütend verkündete, dass jemand auf dem Weg ins Taste of Africa war. Er versuchte, sich zu befreien, aber Sylvia Ottersen grinste und hielt seine Beine nur noch fester umklammert. Panisch riss er sich los und zog sich die Hose hoch. Sylvia glitt vom Tisch, zupfte ihr Kleid zurecht und trat um die Ecke, um den Kunden zu bedienen. Arve Støp hastete zu den Regalen mit dem Nippes, um sich mit dem Rücken zum Kunden die Hose zuzuknöpfen. Hinter sich hörte er die bedauernde Stimme eines Mannes, der sich für seine Verspätung entschuldigte. Er habe einfach keinen Parkplatz finden können. Sylvia antwortete spitz, das hätte er ja wohl einkalkulieren müssen, schließlich seien die Sommerferien jetzt vorbei. Wegen ihm käme sie nun zu spät zu der Verabredung mit ihrer Schwester, und er müsse den Kunden übernehmen.
Im nächsten Moment hörte Arve Støp die Männerstimme hinter sich: “Kann ich Ihnen helfen?”
Er drehte sich um und erblickte ein Gerippe von einem Mann im Flanellhemd, mit unnatürlich großen Augen hinter ein paar runden Brillengläsern. Der dürre Hals ließ ihn unweigerlich an einen Storch denken.
Als er dem Mann über die Schulter blickte, sah er Sylvia gerade noch aus dem Laden huschen. Ihr Rock war nach oben geschwungen, so dass man den nassen Streifen sah, der über ihre Kniekehle nach unten lief. Sie hatte es geradezu darauf angelegt, dass er sie entdeckte.
“Danke, ich habe schon gekriegt, was ich wollte”, erklärte er und ging zur Tür.
Manchmal versuchte Arve Støp sich vorzustellen, wie er reagieren würde, wenn er jemanden geschwängert hätte. Würde er eine Abtreibung verlangen oder darauf bestehen, dass sie das Kind austrug? Er war sich bloß sicher, dass er auf irgend etwas bestehen würde. Entscheidungen anderen zu überlassen lag nicht in seiner Natur.
Birte Becker hatte gesagt, sie müssten nicht verhüten, da sie keine Kinder bekommen könne. Als sie ihm drei Monate
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