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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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schieben, da sah er sie.
    Sie stand unmittelbar vor ihm auf der Treppe, die in die Kajüte hinunterführte. Lässig an den Rahmen gelehnt, in einem grauen Pullover und einem schwarzen Rock.
    “Hände hoch”, befahl sie.
    Es hörte sich so kindlich an, dass es fast wie ein Spaß wirkte. Der schwarze Revolver, der auf ihn zeigte, sprach aber eine ganz andere Sprache. Wie auch das Versprechen, das auf dem Fuße folgte: “Wenn du nicht tust, was ich sage, kriegst du ‘ne Kugel in den Bauch, Harry, die zerlegt deine Nerven im Rückgrat und lähmt dich. Dann eine in den Kopf. Aber fangen wir mal mit dem Bauch an … “
    Der Lauf des Revolvers senkte sich.
    Harry ließ das Steuer los und streckte die Arme über den Kopf. “Geh bitte einen Schritt zurück”, forderte sie ihn auf.
    Sie kam über die Treppe nach oben, und erst jetzt bemerkte Harry das Glänzen in ihren Augen, so hatte sie auch bei der Festnahme von Becker ausgesehen und in der Fenris-Bar. Aus ihrer Iris schienen beinahe Funken zu sprühen. Harry wich zurück, bis er die Achterbank in den Kniekehlen spürte.
    “Setz dich”, befahl Katrine und schaltete den Motor aus. Harry sackte nach hinten, setzte sich auf die Angel und spürte, wie das Wasser, das sich auf der Bank angesammelt hatte, durch den Stoff seiner Hose drang.
    “Wie hast du mich gefunden?”, fragte sie. Harry zuckte mit den Schultern.
    “Na los”, drängelte sie und hob die Waffe. “Du musst meine Neugier schon befriedigen, Harry.”
    “Tja”, sagte Harry und versuchte, ihr blasses, müdes Gesicht zu lesen. Aber das war unbekanntes Terrain, das Gesicht dieser Frau gehörte nicht der Katrine Bratt, die er kannte, die er zu kennen geglaubt hatte.
    “Jeder hat ein Muster”, hörte Harry sich selbst sagen. “Eine bestimmte Spielstrategie. “
    “Ach ja, und wie sieht meine Strategie aus?”
    “In die eine Richtung zeigen und in die andere laufen.” “Tatsächlich? “
    Harry spürte das Gewicht des Revolvers in seiner rechten Jackentasche. Er erhob sich ein bisschen, nahm die Angel weg und ließ die rechte Hand auf der Bank liegen.
    “Du schreibst einen Brief, unterschreibst mit Schneemann, schickst ihn mir und tauchst ein paar Wochen später im Präsidium auf. Und dann behauptest du, Hagen hätte gesagt, ich solle mich um dich kümmern. Das hat er nie getan.”
    “Bis jetzt stimmt alles. Sonst noch etwas?”
    “Du schmeißt deinen Mantel vor Stops Wohnung ins Wasser und fliehst in ganz anderer Richtung übers Dach. Mir war also klar, dass du nach Westen flüchtest, wenn dein Handy in einem Zug in Richtung Osten unterwegs ist.”
    “Bravo. Und wie habe ich das gemacht?”
    “Nicht mit dem Flugzeug, das steht fest. Du wusstest, dass Gardermoen überwacht werden würde. Ich nehme mal an, du hast das Handy ziemlich früh im Hauptbahnhof deponiert, bist dann rüber zum Busbahnhof und von da mit dem ersten Bus nach Westen. Vermutlich hast du die Strecke aufgeteilt und den Bus gewechselt. “
    “Den Schnellbus bis Notodden “, präzisierte Katrine. “Und von da mit einem anderen Bus Richtung Bergen. In Voss bin ich ausgestiegen und habe mir ein paar Kleider gekauft, dann mit dem Überlandbus nach Ytre Arna und weiter mit dem Nahverkehrsbus nach Bergen. Am Zachariaskai habe ich dann einem Fischer etwas Geld gegeben, damit er mich hierherbringt. Nicht schlecht, Harry.”
    “Das war nicht besonders schwer. Wir sind uns ziemlich ähnlich, du und ich. “
    Katrine neigte den Kopf zur Seite. “Wenn du dir so sicher warst, warum bist du dann allein gekommen?”
    “Ich bin nicht allein. Müller-Nilsen und seine Leute sind auf dem Weg hierher.”
    Katrine lachte. Harry schob die Hand etwas dichter an seine Tasche.
    “Ich bin ganz deiner Meinung, wir sind uns ähnlich, Harry. Nur was das Lügen angeht, habe ich dir einiges voraus.”
    Harry schluckte. Seine Hand war kalt. Doch seine Finger mussten ihm einfach trotzdem gehorchen. “Ja, das fällt dir bestimmt leichter”, pflichtete er ihr bei. “Genauso wie das Töten.”
    “Ach ja? Im Moment siehst du aber so aus, als hättest du Lust zu töten. Diese Hand da hat sich schon beängstigend nahe an deine Tasche herangeschoben. Steh auf und zieh dir die Jacke aus. Langsam. Und dann wirfst du sie zu mir.”
    Harry fluchte innerlich, tat aber, was sie verlangte. Die Jacke landete mit einem lauten Knall auf dem Deck vor Katrine. Ohne Harry aus den Augen zu lassen, nahm sie sie und warf sie über Bord.
    “Wurde sowieso Zeit, dass du dir

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