Schneemann
herstellen ließ, da die Speichelproben ausnahmslos unter Idars Namen eingeschickt worden waren.
Seine Opfer lockte er auf dieselbe Art in die Falle wie Laila Aasen. Ein Anruf und eine heimliche Verabredung an einem abgeschiedenen Ort. Nur ein einziges Mal klappte das auserwählte Opfer am Telefon zusammen und beichtete seinem Partner alles. Was allerdings dazu führte, dass die Familie zerbrach und die Schuldige zumindest nicht ganz ungestraft davonkam.
Mathias hatte sich schon lange Gedanken über eine effizientere Beseitigung der Leichen gemacht. Natürlich konnte er es nicht jedes Mal so machen wie bei Onny Hetland, die er in seiner eigenen Badewanne Stück für Stück mit Säure aufgelöst hatte. Das war viel zu umständlich, gesundheitsschädlich und risikoreich, und außerdem hatte es fast drei Wochen gedauert. Er freute sich deshalb nicht wenig, als ihm eines Tages die Lösung seines Problems in den Sinn kam: die Leichenwannen im Anatomischen Institut. Die Idee war ebenso genial wie einfach. Das galt auch für die glühende Schneideschlinge.
Auf die war er in einer anatomischen Fachzeitschrift gestoßen.
Ein französischer Anatom hatte dieses veterinärmedizinische Instrument bei Leichen empfohlen, deren Verwesungsprozess bereits begonnen hatte. Weil die Schlinge ebenso effektiv und schonend durch weiches, verwestes Gewebe wie durch Knochen schnitt und weil man dieses Instrument auch bei mehreren Leichen gleichzeitig benutzen konnte, ohne Bakterien zu übertragen. Mathias hatte sofort erkannt, dass er sich den Transport der Leichen enorm erleichtern konnte, wenn er sie zuvor mit dieser Schneideschlinge zerlegte. Deshalb nahm er Kontakt mit dem Hersteller auf, flog nach Rouen und bekam das Instrument eines
Morgens in einer weißgekalkten Scheune in Nordfrankreich demonstriert. Die glühende Schneideschlinge bestand aus einem einfachen, bananenförmigen Handgriff mit einer Art Metallglocke, die die Hand vor Verbrennungen schützte. Der eigentliche Glühdraht war dünn wie eine Angelschnur und verschwand an den jeweiligen Enden der Banane. Über einen einfachen Schalter konnte die Schlinge gestrafft oder gelockert werden. Ebenfalls per Knopfdruck wurde das batteriebetriebene Heizelement reguliert, das den garotteähnlichen Draht in Sekundenschnelle weiß glühen ließ. Mathias war glücklich, denn dieses Instrument taugte für viel mehr als nur für die Zerlegung seiner Opfer. Als er den Preis hörte, hätte er fast gelacht, kostete ihn dieses wunderbare Instrument doch weniger als das Flugticket. Inklusive Batterie.
Als die schwedische Studie veröffentlicht wurde, nach der fünfzehn bis zwanzig Prozent aller Kinder einen anderen biologischen Vater haben als angenommen, konnte Mathias das nur bestätigen. Diese Zahlen stimmten mit seiner eigenen Statistik überein. Er war nicht allein. Auch nicht mit seinem Schicksal eines frühen und grausamen Todes, den er seiner Mutter und ihrer Hurerei mit den verdorbenen Genen zu verdanken hatte. Doch seine Erlösung, seinen Kampf gegen die Krankheit, seinen Kreuzzug musste er allein ausfechten. Wenngleich er bezweifelte, dass ihm jemals ein Mensch danken oder ihm die gebührende Ehre zukommen lassen würde. Nur einer Sache war er sich sicher: Auch nach dem Tod würde man sich an ihn erinnern, und zwar noch lange Zeit. Denn er hatte endlich seine letzte Bestimmung gefunden, sein Meisterstück, seine letzte große Prüfung.
Dabei begann alles mit einem Zufall.
Er sah ihn im Fernsehen. Den Polizisten. Harry Hole. Hole wurde interviewt, weil er einen Serienmörder in Australien geschnappt hatte. Und Mathias erinnerte sich schlagartig an Gert Raftos Rat: “Meiden Sie meinen Zuständigkeitsbereich.” Er erinnerte sich aber auch, wie sehr es ihn damals befriedigt hatte, dem Jäger selbst das Leben zu nehmen. Dieses Gefühl der Allmacht. Kein späterer Mord hatte jemals an die Tötung dieses Polizisten herangereicht. Und dieser herostratische Hole schien Rafto in seiner Nachlässigkeit und seiner Wut sogar zu ähneln.
Trotzdem hätte er diesen Hole vielleicht gleich wieder vergessen, hätte nicht einer der Gynäkologen in der Klinik am nächsten Tag erwähnt, gehört zu haben, dass dieser scheinbar so toughe Polizist Alkoholiker und vollkommen verrückt sei. Die Kinderärztin Gabriella fügte noch hinzu, der Sohn von Holes Lebensgefährtin sei mal bei ihr in Behandlung gewesen. Oleg, ein aufgeweckter Junge.
“Der wird dann garantiert auch mal als Alki enden “,
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