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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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eine Grimasse. “Und diesem verdammt süßen Hauswein. Wie heißen Sie?”
    “Rakel. Fauke.”
    “Hallo, Rakel, ich bin Mathias.” Er nahm ihre Hand. Schmal, warm.
    “Sie stehen hier ohne was zu trinken”, stellte er fest. “Darf ich Ihnen was holen? Den süßen Hauswein?”
    Als er zurückkam und ihr den Becher reichte, hatte er seinen Piepser in der Hand und starrte mit sorgenvoller Miene darauf.
    “Wissen Sie was, Rakel? Ich wäre zu gerne noch geblieben, um Sie ein bisschen besser kennenzulernen. Aber in der Ambulanz ist jemand ausgefallen, und ich habe Bereitschaft. Es ist dringend. Das heißt, ich muss jetzt mein Supermanntrikot überstreifen und in die Stadt düsen.”
    “Schade”, erwiderte sie.
    “Finden Sie? Vielleicht ist es ja nur für ein paar Stunden. Was meinen Sie, sind Sie noch länger hier?”
    “Ich weiß nicht. Das kommt auf Oleg an.”
    “Verstehe. Wir werden sehen. Wie auch immer, es war nett, Sie getroffen zu haben.”
    Zum Abschied drückte er noch einmal ihre Hand, und als er ging, wusste er, dass er die erste Runde gewonnen hatte.
    Danach fuhr er in seine Wohnung in Torshov und las einen interessanten Artikel über den Wassertransport im Gehirn. Als
    er um acht Uhr zurückkam, saß sie mit einem großen weißen Hut unter einem Sonnenschirm. Sie lächelte, als er sich neben sie setzte.
    “Na, ein paar Leben gerettet?”, erkundigte sie sich.
    “In erster Linie Schürfwunden”, berichtete Mathias. “Ein Blinddarm. Der Höhepunkt war ein Junge, der sich eine Colaflasche in ein Nasenloch gesteckt hatte. Ich habe seiner Mutter gesagt, er sei wohl noch ein bisschen jung, um Cola zu schnüffeln, aber leider haben die Leute in solchen Situationen so gar keinen Humor … “
    Sie lachte. Ein trillerndes, feines Lachen, das in ihm fast den Wunsch weckte, das Ganze wäre echt.
    Mathias hatte längst Verhärtungen an mehreren Hautstellen bemerkt, doch im Herbst 2004 häuften sich auch die Anzeichen, dass seine Krankheit nun in die letzte Phase trat. Die Phase, an der er eigentlich gar nicht teilnehmen wollte. Dieses Spannungsgefühl im Gesicht. Gemäß seinem Plan war Eli Kvale sein nächstes Opfer, danach die Huren Birte Becker und Sylvia Ottersen. Es war eine interessante Frage, ob die Polizei den Zusammenhang zwischen den beiden letzten Opfern finden würde: den Schürzenjäger Arve Stop. Aber so wie die Dinge liefen, musste er den Plan etwas beschleunigen, schließlich hatte er sich selbst immer wieder versprochen, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn die Schmerzen begannen, und nicht mehr allzu lange zu warten. Und jetzt waren sie da. Daher beschloss er, sie alle drei in diesem Winter zu töten. Und dann kam das große Finale: Rakel und der Polizist.
    Bis jetzt hatte er im Verborgenen gearbeitet, doch es wurde Zeit, dass er sein großes Lebenswerk ausstellte. Und um das zu tun, musste er deutlichere Spuren hinterlassen, die Zusammenhänge sichtbar machen, das ganze Bild.
    Er begann mit Birte. Sie verabredeten sich zu einem Gespräch über Jonas’ Leiden. Nachdem ihr Mann nach Bergen abgereist war, kam Mathias zu ihr nach Hause. Sie nahm ihm im Flur den Mantel ab und wollte ihn an der Garderobe aufhängen. Mathias improvisierte nur selten, aber an einem der Haken hing ein rosa Schal, nach dem er fast instinktiv die Hand ausstreckte. Er drehte ihn zweimal, ehe er hinter sie trat und ihn ihr um den Hals legte. Dann zog er die kleine Frau hoch und zerrte sie vor den Spiegel, damit sie ihre eigenen Augen sah. Sie quollen hervor wie bei einem Fisch, den man zu schnell aus der Tiefe emporgezogen hatte.
    Nachdem er sie ins Auto gelegt hatte, ging er in den Garten zu dem Schneemann, den er am Vortag selbst gebaut hatte, drückte ihm das Handy in die Brust, stopfte Schnee nach und knotete den Schal unter dem Kopf des Schneemanns zusammen. Erst nach Mitternacht traf er in der Garage des Anatomischen Instituts ein, fixierte Birtes Leichnam, prägte die Metallplättchen und befestigte sie an ihr, bevor er sie auf einem freien Platz in einer der Wannen unterbrachte.
    Dann war Sylvia an der Reihe. Er rief sie an, spielte das alte Spiel, und sie verabredeten sich im Wald hinter dem Holmenkollen, einem Ort, den er früher schon einmal genutzt hatte. Aber dieses Mal waren Menschen in der Nähe, und er wollte kein Risiko eingehen. Daher log er ihr vor, Idar Verlesen sei im Gegensatz zu ihm selbst kein wirklicher Spezialist für die Fahr’sche Krankheit, und bevor sie auseinandergingen, bat er sie

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