Schneemond (German Edition)
sollte. In Brule schließlich, einer kleinen Ortschaft im Herzen des Brule-River-Landschaftsschutzgebietes, erwartete ihn ein junger und nervöser Beamter der hiesigen Polizei, der sich ihm als Deputy McNolan vorstellte.
»Dr. Moore?« fragte er unsicher.
»Ja, Samuel Moore«, antwortete er und streckte dem Deputy die Hand entgegen.
McNolan erschrak, fing sich jedoch schnell wieder und entgegnete: »Äh, ja,.... äh, guten Tag«, während er Moores Hand nahm und zaghaft schüttelte.
»Ich, äh, soll Sie zum Tatort bringen, Doktor. Bitte steigen sie doch ein«.
Moore erkannte, dass der Deputy, den er höchstens auf Ende Zwanzig schätzte, ob seiner Person total verunsichert war. Vermutlich hatte ihm Agent Torrens in schillernden Farben ausgemalt, wie dieser Dr. Moore mit einem Blick die Abgründe der menschlichen Seele auslotet. Moore musste lächeln. Er stieg in den Wagen und sie fuhren los.
Und so war er jetzt, nach fast fünf Stunden Flug und Fahrt, hier in den Wäldern im Nordwesten von Wisconsin in der Nähe des Lake Superior unterwegs.
Als der Wagen hielt, sah er, dass der Wald zu seiner Rechten mit gelben Absperrbändern durchzogen war. Sie hatten die letzen Meilen auf einem Weg zurückgelegt, der diesen Namen nicht wirklich verdiente. Selbst bei leichtem Regen musste dieser Trampelpfad sehr schnell unpassierbar werden. Als er ausstieg, wies Deputy McNolan den Hang hinauf und er erkannte zwischen den Bäumen ein Blockhaus, in dessen Umfeld sich einige Menschen tummelten.
Er zog sich seine Jacke über und sah sich um.
Es war ein schöner, klarer Herbsttag dessen Glanz durch das bunte Blätterdach sickerte und ihm einen trügerischen Frieden vorgaukelte. Weiter voraus auf dem Feldweg – nicht jedoch auf der Zufahrt zum Haus hinauf – standen Streifenwagen und Zivilfahrzeuge. Die Fahrspuren schienen alle von diesen Fahrzeugen zu stammen. Offensichtlich war in dieser Gegend nicht so wirklich was los – wenn nicht gerade ein Mord geschah und ein ganzes Heer von Ermittlern und Spezialisten auf den Plan rief. Er ging langsam auf das Haus zu und musste seinen ersten Eindruck korrigieren;
Zufahrt
war etwas übertrieben für den Flecken Erde zwischen Weg und Haus, der sich eigentlich nur dadurch auszeichnete, dass hier die Bäume weniger dicht standen, als auf dem übrigen Gelände.
Plötzlich hielt er inne. An einem Baum zu seiner linken bemerkte er einige schwarze Verfärbungen, die ihn auf eine beunruhigend verkehrte Weise an einen Handabdruck erinnerten und, bei näherer Betrachtung, wie Brandflecken aussahen. Am Fuß des Baumes stand ein kleines Metallschild mit einer Nummer darauf – ein untrügliches Zeichen, dass diese Stelle bereits von den Leuten der Spurensicherung erfasst worden war. Als er sich aufmerksamer umsah, entdeckte er ähnliche Flecken an mehreren Bäumen zu beiden Seiten, die von zwei Beamten der Spurensicherung, untersucht wurden. Er bückte sich, nahm einige braune, welke Blätter in die Hand, die er nachdenklich zwischen den Fingern zerrieb und in Flocken zu Boden rieseln ließ.
»Hallo Sam«, sagte Agent Torrens hinter ihm, »schön, dass Sie so schnell kommen konnten.«
Er richtete sich auf und wandte sich zu Torrens um.
»Ach wissen Sie Frank, ich hatte sowieso nichts Besseres zu tun.«
Er nahm die Hand des Jüngeren und begrüßte ihn mit einem breiten Lächeln, das von Torrens jedoch nur mit einem stoischen Gesichtsausdruck quittiert wurde. Frank Torrens schien müde und sehr angespannt zu sein. Er reichte Moore einen, in Folie eingeschweißten, FBI-Ausweis.
»Hier, Sam, stecken Sie das an.«
Moore folgte der Aufforderung und sah Torrens erneut an. Der FBI-Agent war, ganz entgegen der langläufigen Darstellungen in Filmen undFernsehspielen, nicht in einen dunklen Anzug gekleidet, sondern trug eine braune Hose, ein beiges Hemd und darüber – nun doch wieder Film-konform – eine dunkelblaue Jacke mit dem großen, gelben FBI-Schriftzug auf dem Rücken. Doch der Ausdruck in Torrens Gesicht, so erkannte Moore, konnte das Versprechen von Autorität, Zielstrebigkeit und Kompetenz, dass alleine von diesen drei Buchstaben ausging, nicht halten. Der Agent war ein drahtiger, mittelgroßer Mann, der aufgrund seines braunen Teints, seiner schwarzen Haare und seiner zerfurchten Züge seine mexikanische Herkunft nicht leugnen konnte. Doch sein Blick war stumpf und fahrig und aus seinen Augen sprach Unsicherheit und
Furcht
.
»Nun, wie kann ich ihnen helfen, Frank?«, fragte er
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