Schneemond (German Edition)
Stimme rau klang, was jedoch keiner der beiden Männer zu bemerken schien.
»Nun Sir«, entgegnete der Beamte, »Granit schmilzt unter Normaldruck bei annähernd tausend Grad Celsius – und ich bin mir ziemlich sicher, dass das da nicht das Resultat eines Schmelzprozesses ist. Das Material scheint eher verdampft oder chemisch reduziert worden zu sein – und ich kann Ihnen ehrlich nicht sagen, welche Energiemenge
dafür
nötig wäre.«
Moore, der bisher die Flecken auf dem Stein eingehend betrachtet hatte, richtete sich nun auf und sah dem Beamten der Spurensicherung fest in die Augen.
»Hören sie, ich bin kein Chemiker und kein Physiker, aber müsste bei den Temperaturen, die Sie da andeuten, nicht die ganze Hütte von einer Sekunde auf die andere in hellen Flammen stehen? Ganz zu schweigen vom Wald dadraußen. Das Laub am Boden ist welk und trocken und auch da draußen sind diese Abdrücke zu finden.«
»Genau das ist eines unser kleinen Probleme.«, erklärte ihm Torrens mit einem leichten Anflug von Verbitterung in der Stimme.
Der Beamte der Spurensicherung, der durch den letzten Einwurf von Agent Torren wohl zu der Überzeugung gelangt war, dass seine Anwesenheit nicht länger benötigt würde, zog sich, ohne ein weiteres Wort zurück. Moore nickte verstehend – obwohl er, zumindest was diese seltsamen Flecken betraf, gar nichts verstand – und wandte sich um. Langsam ging er durch den Raum und blieb zwischen den Umrissen der Leichname am Boden stehen. Wie oft schon war er in den letzten Jahren vor diesen Bildern der Vergänglichkeit gestanden. Kantige, weiße Linien, unpersönlich und steril, die keinen Rückschluss auf Alter, Geschlecht und Person zuließen, nichts aussagten über die Schicksale und Tragödien die sich zugetragen hatten. Weiße Linien, die nur festhielten, wo und in welcher Lage ein Leben geendet hatte. Momentaufnahmen des Todes.
»Um wen handelt es sich, Frank?«, fragte er.
»Das wissen wir noch nicht.«, antwortete Torrens.
»Im Haus haben wir bisher keinerlei Hinweise auf die Identität der Opfer finden können. Keine Papiere, gar nichts. Fingerabdrücke sind zwar genommen und werden untersucht, ein Ergebnis liegt allerdings noch nicht vor. Und der Chief und seine Leute können uns hierbei auch nicht weiterhelfen.«
Moore blickte Agent Torrens fragend an.
»Aber es muss doch irgend einen Besitznachweis für dieses Haus und den Grund, auf dem es steht, geben. Die Beamten des Policedepartements müssen doch diese Gegend hier kennen oder zumindest wissen, wem dieses Haus gehört – auch wenn die Opfer mit dem Besitzer nicht identisch sein sollten?«
»Tja,« sagte Torrens und klang dabei leicht resigniert, »das
müssten
sie. Noch so ein Punkt. Doch ich denke darüber sollten Sie nachher mit dem Chief persönlich sprechen. Und ich möchte, dass sie dabei möglichst unvoreingenommen sind.«
Moore hatte langsam das Gefühl gegen Gummiwände zu laufen und war darüber reichlich ungehalten, als er sich wieder an Torrens wandte.
»Verdammt Frank, wie soll ich Ihnen denn eine Hilfe sein, wenn Sie mir nicht einmal sagen, was genau Sie bisher haben? So funktioniert das nicht, das wissen Sie doch genau.«
Torrens schien ein wenig in sich zusammenzusacken.
»Ja, natürlich weiß ich das. Aber ich weiß auch, dass dieser Fall mit keinem anderen, den ich bisher bearbeitet habe, vergleichbar ist.«
»Bitte Sam,«, wehrte er ab, als ihm Moore ins Wort fallen wollte, »bitte lassen Sie mich ausreden. Ich kann diese Ahnung nicht rational begründen. Ich werde Ihnen natürlich gerne alle bisherigen Ermittlungsergebnisse zur Verfügung stellen und hoffe, dass ich mit Ihnen in gewohnter Art und Weise zusammenarbeiten kann, um diesem Chaos hier eine natürliche Erklärung abzutrotzen. Dafür ist es mir jedoch sehr wichtig, dass Sie sich von manchen Dingen hier selbst und unbeeinflusst ein eigenes Bild machen. Bitte Sam, ich sehe das als einzigen Weg, um diese Sache rational anzugehen....« Torrens stockte. »...denn ich fürchte, ich kann das nicht mehr.«
Moore betrachtete Torrens sehr aufmerksam – und in seinem tiefsten Innern meinte er Frank Torrens sogar zu verstehen.
Schließlich sagte er: »Also gut Frank. Dann lassen Sie mich zuerst mit dem Chief sprechen.«
Frank Torrens bedankte sich, mit dem leicht missglückten Versuch eines Lächelns. »Ok, der ist draußen, kommen Sie.«
Chief Jack D. Oldman war eine stattliche Erscheinung. Mit seinen sicher gut einen Meter fünfundneunzig
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