Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneemond (German Edition)

Schneemond (German Edition)

Titel: Schneemond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kohlpaintner
Vom Netzwerk:
großen Teil ihrer Bedrohlichkeit ein. Und doch hörte Maria noch immer etwas.
    Es schien von weit her zu kommen und war doch auch ganz nahe, fast inihrem Herzen. Sie hielt den Atem an und lauschte weiter. Und plötzlich überkam sie eine unsagbar tiefe Traurigkeit und sie erkannte in dem vagen Geräusch das Weinen eines Menschen.
    Und mit einem Mal wurde Maria alles klar.
    Behände sprang sie von ihrem improvisierten Nachtlager und packte hastig ihre wenigen Sachen zusammen, die sie mitgenommen hatte. Sie zog sich an und wusch sich schnell und dürftig, bevor sie einige Zeilen der Erklärung, für ihre Freundin, auf ein Blatt Papier kritzelte, den Brief auf dem Wohnzimmertisch deponierte und leise die Wohnung verließ. Als ihre Freundin diesen Brief, gähnend und verschlafen, am späten Vormittag fand, saß Maria bereits im Flugzeug nach München.
    Lukas kam gerade von einem langen Sparziergang aus dem Wald herunter, als das Taxi auf den Parkplatz, vor dem Gästehaus, hielt.
    Seit einigen Tagen drängte es ihn immer mehr hinaus, in die Stille zwischen den Bäumen und nach und nach bemerkte er, dass sich in seinem Fühlen und Denken ein Wandel einstellte. Er erkannte mehr und mehr, dass alle seine privaten Lebenskatastrophen dazu beigetragen hatten – und immer noch beitrugen – seine Wertevorstellungen und die Prioritäten, die er sich setzte, zu verändern. Noch vor wenigen Wochen hätte er behauptet, dass ihn alles Schlimme, was ihm in den letzten Jahren wiederfahren war, geschwächt und zermürbt hatte. Doch immer mehr war er nun vom Gegenteil überzeugt. Jeder Schlag, den er einstecken und jeder Schmerz den er ertragen hatte müssen, hatte dazu beigetragen, einen reiferen, stärkeren Menschen aus ihm zu machen.
    Auch über seine Träume dachte er nun anders. Waren sie ihm in der Vergangenheit nur als Qual und Belastung erschienen, so hatte er jetzt immer mehr das Gefühl, dass sie ein wichtiges Teil im Puzzle seines Lebens waren. Er hatte wahrhaftig das Gefühl, einen Weg –
seinen
Weg – zu beschreiten. Und er war seit kurzem überzeugt, dass dieser Weg schon viel früher begonnen hatte, als er geglaubt hatte. Und diese Überzeugung hatte seine Ursache nicht zuletzt in seinem Besuch in München. Lukas musste lächeln.
    Er hatte bisher keinem Menschen gegenüber erwähnt, was er dort gemacht hatte – und er wusste nur zu gut, dass Ben vor Neugierde beinahe starb. Aber das ging – im Moment zumindest – niemanden etwas an. Dr. Heimann war das Erstaunen ins Gesicht geschrieben gewesen, als Lukas plötzlich vor seiner Türe gestanden und um ein Gespräch gebeten hatte.
    »Lukas, mein Lieber, was machen Sie denn hier.«
    »Guten Tag Dr. Heimann, ich muss einige Dinge mit Ihnen besprechen.«
    Er hatte während der ganzen Fahrt überlegt, was er wohl zu seinem alten Arzt sagen sollte und hatte sich schließlich für den geraden Weg entschieden.
    »Aber bitte«, Heimann war zur Seite getreten und hatte ihn mit einer einladenden Geste hereingebeten. »Warum haben Sie denn nicht angerufen? Ich hätte eine Kleinigkeit vorbereiten können....«
    »Nein Dr. Heimann«, hatte er erwidert. »Genau
das
wollte ich nicht.«
    Dr. Heimann hatte ihn kurz fragend und etwas verwirrt angesehen, als sich plötzlich Verstehen in seinem Gesicht abzeichnete.
    »Sie haben mit Stefan.... Sie haben mit meinem
Sohn
gesprochen.«
    Lukas hatte nur kurz genickt.
    »Und nun möchten Sie gerne einige Antworten von mir haben.«
    Und wieder genügte ihm ein Nicken. Und dann waren Sie in Heimann’s Wohnzimmer gegangen und hatten geredet. Und vieles, was ihm Dr. Heimann in diesem Gespräch eröffnet hatte, ließ Lukas etwas klarer sehen und erkennen, dass er nicht alleine war und sich auch zu Zeiten, da er sich verlassen und verloren vorkam, Menschen um ihn sorgten. Er war dem alten Mann dankbar, für seine Offenheit, aber auch für seine heimliche Fürsorge gewesen und hatte sich schließlich auch dazu entschlossen, ihm von seiner Zuneigung zu Maria zu erzählen. Heimann hatte lange wortlos zugehört und plötzlich Lukas Hand genommen – eine Geste, die Lukas sehr erstaunt hatte.
    »Sie müssen mit dem Mädchen reden, Lukas. Wenn sie die ist, für die ich sie halte, müssen Sie dringend mit ihr reden. Und zwar offen und zutiefst ehrlich. Bitte, versprechen Sie mir das?«
    »Wie meinen Sie das,
wenn sie die ist, für die Sie sie halten

    Heimann hatte den Blick gesenkt und den Kopf geschüttelt. »Ich kann das schlecht in Wort fassen.

Weitere Kostenlose Bücher