Schneemond (German Edition)
unsicher und gehetzt, umsah und in jedem dunklen Anzug einen Verfolger erkannte.
Als er um viertel nach neun Uhr vormittags in New York ausstieg, erfuhr er, dass der nächste Flug seiner Reise erst kurz vor sieben Uhr abends, vom JFK-Airport aus, nach Frankfurt am Main starten würde. Er hatte also mehrals neuneinhalb Stunden Aufenthalt in der Stadt. Doch trotzdem – oder gerade deswegen – entschied er sich, so schnell als möglich, quer durch Queens, zum anderen Flughafen zu fahren. Er hatte ohnehin nicht die Muse, sich irgendetwas in der Stadt anzusehen und eine Verspätung hätte eine private Katastrophe bedeutet.
Und immer wieder schalt er sich, weil er diese elende Furcht vor seinen eingebildeten Verfolgern nicht loswerden konnte – und dabei ahnte er nicht einmal, dass ihm Goran Salin, der Mörder seiner Freunde, bereits dicht auf den Fersen war, sein Opfer immer im Visier, nur auf den richtigen Augenblick wartend.
Endlich saß er in der Maschine der United Airlines, die ihn, über London, nach Frankfurt bringen sollte und wurde etwas ruhiger. Er wusste, dass er allein bis Heathrow zwölf Stunden Flug vor sich hatte und fiel schließlich doch noch in einen relativ ruhigen Schlaf. In London angekommen beschloss er, die zwei Stunden, bis zum Weiterflug nach Frankfurt, mit einem kleinen Imbiss zu verbringen, da er die Mahlzeit im Flugzeug kaum angerührt hatte und der Hunger anscheinend nur darauf gewartet hatte, dass er englischen Boden betrat, bevor er ihn überfiel, wie ein Fieberschub. Zwar fühlte er sich ausgeruhter, doch sein Bein quälte ihn zunehmend und er merkte, dass ihm die Zeitumstellung zu schaffen machte. In London war es kurz nach zwölf Uhr Mittags gewesen, also fünf Stunden später, als in New York.
Auf dem Weiterflug nach Frankfurt hatten sich langsam, aber unaufhaltsam Kopfschmerzen eingestellt und Müdigkeit und Erschöpfung waren zurückgekehrt. Auch in Frankfurt hatte er wieder mehr als zwei Stunden Aufenthalt gehabt. Doch dieses Mal war es ihm nicht gelungen, sich wenigstens ein bisschen zu regenerieren. Die Kopfschmerzen hatten ebenso zugenommen, wie die Schmerzen in seinem Bein und langsam waren ihm auch etwaige Verfolger egal gewesen. Und so kauerte er nun in seinem Sitz, in der DBA-Maschine nach Berlin und versuchte, dem Dröhnen in seinem Schädel Herr zu werden, als ihn eine der Stewardessen ansprach.
»Entschuldigen Sie, geht es Ihnen nicht gut?«, fragte sie ihn auf Deutsch.
»Wie bitte?«, erwiderte er auf Englisch, worauf sie ihre Frage in seiner Sprache wiederholte.
»Na ja«, bekannte Moore. »Ich habe höllische Kopfschmerzen.
Die junge Stewardess nickte und legte ihm die Hand beruhigend auf die Schulter.
»Einen Augenblick, Sir. Ich bin gleich zurück.«
Sie hielt ihr Versprechen und stand nach weniger als einer Minute wieder neben ihm, mit einem Becher Wasser und einem Tablettenröhrchen. Nachdem sie sein Tischchen heruntergeklappt hatte, um den Becher darauf abzustellen, öffnete sie das Röhrchen und schüttete sich zwei Tabletten aufdie Hand, die sie Moore hinhielt.
»Hier Sir. Das ist ein sehr gut verträgliches Schmerzmittel. Nehmen Sie eine Tablette jetzt und die zweite nach der Landung. Das dürfte Sie zumindest von den schlimmsten Schmerzen erlösen.«
Moore versuchte sich aufrichtig an einem dankbaren Lächeln, was ihm jedoch nicht so recht gelingen wollte, da der Schmerz seine Züge verzerrte.
»Ich danke Ihnen.«, sagte er trotzdem höflich und erntete einen freundlichen und mitfühlenden Blick von der jungen – und, wie er erst jetzt so richtig bemerkte, sehr hübschen – Flugbegleiterin, die sich wortlos wieder ihren anderen Aufgaben zuwandte.
Gierig schob sich Moore eine der Tabletten in den Mund und spülte sie hastig mit dem Wasser hinunter. Dann schloss er die Augen, fast in der Hoffnung, er könnte sofort eine Verbesserung seines Zustandes spüren. Als sich auch nach mehreren Minuten keine Linderung – aber auch keine Verschlechterung – einstellte, öffnete er die Augen wieder und verstaute die zweite Tablette in dem schwarzen Aktenkoffer, den er als Handgepäck bei sich trug. Als er sich zurücklehnte und die Augen wieder schloss, meinte er tatsächlich ein Nachlassen der Schmerzen zu verspüren. Zwar wusste er, dass dies auch auf reiner Einbildung beruhen konnte, aber das war ihm im Moment herzlich egal. Schließlich dämmerte er in einen traumlosen Schlaf hinüber, der ihn, zumindest für eine kurze Zeit, von allen Leiden
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