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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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woran sie sich in dem Zusammenhang noch
genau erinnerte, was ihr anscheinend sogar jetzt noch einen gewissen Respekt
abforderte, war die Tatsache, dass ihr Name auf dem Umschlag richtig
geschrieben gewesen war.
    »Stellt euch vor«, sie wirkte richtig angetan, lächelte sogar
ein wenig, übrigens das erste Mal an diesem Abend, »Abbersyn mit zwei b und y,
ich wollte es zunächst gar nicht glauben!«
    Nun gut, falls es auf dem Umschlag Fingerprints gegeben
hatte, dann war die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich auf dem Briefbogen
ebenfalls welche befanden.
    Er nahm eine Ecke des Blattes vorsichtig mit seinem
ausnahmsweise sauberen Taschentuch hoch und machte sich auf den Weg in die
Küche, wo er ein bislang unbenutztes Plastiksackerl zu finden hoffte. Elisabeth
Bachler hatte immer eine Rolle von diesem Zeug in der zweiten Lade links oben.
    »Was macht er denn jetzt mit dem Brief?«, jammerte Anita wieder
einmal und wollte Palinski schon nachsetzen. Wohl, um das Schriftstück wieder
an sich zu bringen.
    »Jetzt gib doch endlich Frieden, Anita!«, nun schien sich
endlich auch der Hausherr entschlossen zu haben, in das Geschehen einzugreifen.
    »Lass Mario nur machen, er wird das Beweisstück
sichern wollen, oder so. Damit die Polizei es auf Spuren untersuchen kann!«
    Das war das falsche Signal gewesen. »Keine Polizei! Nein, nur
keine Polizei«, heulte die Alte los wie ein Werwolf in der Brunft, »das haben
die Entführer ausdrücklich verboten. Die bringen mir sonst noch mein Kind um.
Meinen Berti.«
    Wenn der Anlass des Zusammentreffens nicht ein so ernster
gewesen wäre, wären jetzt Palinski und sicher auch einige andere in schallendes
Gelächter ausgebrochen. Diese falsche Theatralik, diese überzogene
Selbstdarstellung als leidende Mutter war ja wirklich nicht geeignet, die der
eigentlichen Situation angemessene Ernsthaftigkeit dauerhaft
aufrechtzuerhalten, dachte Palinski, der sich erneut wunderte, dass er es in
diesen heiligen Hallen völlig problemlos schaffte, nicht nur geschwollen zu
reden, sondern auch so zu denken.
    Verdammt, was die Bachlers doch für einen Einfluss auf ihn
hatten. Es war fast zum Fürchten.
    Nach weiteren 20 Minuten hatten sich die Entführer noch immer
nicht gemeldet. Palinski waren inzwischen Zweifel gekommen, ob sich Tante Anita
nicht am falschen Ort befand. Nachdem sie ihre Schwester Elisabeth von dem
schrecklichen Geschehen und der zu erwartenden telefonischen Kontaktaufnahme
informiert hatte, war das Werkl angelaufen wie schon Dutzende Male vorher bei
Taufen, Hochzeiten, Todesfällen und ähnlichen Anlässen, bei welchen die Familie
zusammenfand.
    Elisabeth hatte wie immer ganz automatisch das Gesetz des
Handelns an sich gezogen, alles organisiert und das Treffen in das Haus der
Bachlers einberufen. Und nicht in die schöne, durchaus geschmackvolle, aber
viel zu kleine Wohnung Anitas.
    Was war, und davon konnte, nein, musste man ausgehen, wenn
der inzwischen längst überfällige Anruf gar nicht hierherkam? Wer weiß,
vielleicht hatten es die Erpresser schon unter Anitas Anschluss versucht?
Wiederholt und jedes Mal vergeblich.
    »Wer sagt uns, dass sich die Entführer hier melden werden und
nicht in der Herbeckstraße?« Er blickte Wilma fragend an.
    Und die war klug genug, die Frage und damit auch die
unausgesprochenen Implikationen zu verstehen.
    »Warum erwartest du den Anruf denn hier, Tante Anita, und
nicht bei dir zu Hause?« Wilmas Stimme hatte einen leicht scharfen Ton
angenommen, so eine Art unausgesprochenes: »Du strohdumme Kuh, du.«
    »Warum hätte ich das sollen!«, entrüstete die sich. »Frag
deine Mutter. Die hat mir gesagt, ich soll um spätestens 19.30 Uhr da sein!«
    Ein Anflug von Schuldbewusstsein in Verbindung mit
einem verschämten Lächeln in ihrem Gesicht ließ den Schluss zu, dass auch der
Hausfrau ihr nicht unbedingt logisches Verhalten inzwischen bewusst geworden
war.
    »Aber selbst, falls bei mir zu Hause angerufen worden ist,
macht das nichts«, fuhr Anita fort, »ich habe seit drei Wochen einen
Anrufbeantworter.« Sie schien richtig stolz darauf zu sein. »Und man kann sogar
von auswärts feststellen, ob jemand angerufen und was er gesagt hat!« Stolz
holte sie einen dieser Piepser heraus, auf deren Signal hin man das Gerät zum
Abspielen der aufgezeichneten Nachrichten veranlassen konnte.
    Was Palinski auch gleich tat und zu dem Schluss
kam, dass an diesem Abend noch kein Anruf unter Anitas

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