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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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selbst. In diesem Fall haben die Erpresser aber ganz genau gewusst, wo sie ihr
Opfer antreffen werden. Von wem sie dieses Wissen wohl gehabt haben?«
    Das als rhetorische Frage getarnte Argument schien die
meisten zu überzeugen. Allgemeines und, wie Palinski herauszuhören meinte,
tendenziell zustimmendes Gemurmel war die Folge.
    Und mit »Das ist natürlich alles noch reine Theorie. Aber
sobald das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung vorliegt, werden wir
uns fragen müssen, warum der Erpresserbrief von Alberts Fingerabdrücken nur so
übersät ist. Also wenn ihr mich fragt, war das Leben des lieben Berti bisher
nicht im Geringsten in Gefahr« machte er den Sack schließlich zu. Wie man das
auf Neudeutsch heute so treffend bezeichnete.
    »So eine Verleumdung!«, wetterte Anita wie erwartet los, wenn
auch nicht mehr ganz so laut wie vorhin. »So etwas würde mein Bub nie machen!«
    Aber niemand hörte ihr mehr zu, und sie selbst
schien langsam auch nicht mehr ganz frei von Zweifeln zu sein. Nach einigen
Sekunden Reaktionszeit stellte Elisabeth Bachler die Frage der Fragen: »Und wie
geht es jetzt weiter?«
    »Ich vermute, die Erpresser werden jetzt am Überlegen sein,
in welchem Umfang sie ihr«, er deutete mit dem Kinn auf Tante Anita,
»großzügiges Angebot in Anspruch nehmen sollen. Und Alberts Sicherheit wird
davon abhängen, ob er zu den neuen Konditionen mitspielen wird oder nicht.
Falls nicht, könnte aus dem vorgetäuschten ein echter Entführungsfall werden!«
    Die schonungslose Analyse trieb die Familie jetzt endgültig
in die Arme des Alkohols. Palinski selbst trank natürlich keinen Schluck,
musste er doch gleich noch fahren. Mit Wilmas Auto, wie er hoffte. Zu Recht,
wie sich gleich darauf herausstellen sollte.
    Über seine Bekanntschaft und das Engagement Geneva Posts
hatte er, wie beabsichtigt, um sein Seelenheil zu retten, kein Wort verloren.
Irgendwie wäre das jetzt unpassend gewesen, fand er.
    Und morgen, sobald Wilma am Semmering eintraf, war ja
schließlich auch noch ein Tag.

3.
    Mittwoch, 19. Februar, vormittags

     
    Der Transfer der Gäste vom Bahnhof zum
›Semmering Grand‹, den – Gott sei Dank – der Fremdenverkehrsverein und nicht
das ›Grand‹ oder gar Palinski zu verantworten hatte, hatte sich als
problematischer erwiesen, als ursprünglich angenommen worden war. Und zwar als
viel problematischer.
    Um Mitternacht, also viereinhalb Stunden nach Ankunft des
Crime Express am wunderschön frisch zugeschneiten Hausberg der Wiener, waren
noch immer nicht alle Gäste im Hotel angekommen. Hätten sie den kurzen,
idyllisch durch den Wald führenden Fußweg genommen, sie hätten längst gebadet
oder geduscht, gut gegessen und könnten bereits seit einer Stunde schlafen. Falls
sie mit ihrer Zeit wirklich nichts Besseres anzufangen wüssten.
    Aber nein, das Beste war dem Fremdenverkehrsverein wieder
einmal gerade gut genug gewesen. Und ehrlich, die Idee, die Leute mit
Pferdeschlitten durch die tief verschneite Gegend zum Hotel zu bringen, war ja
wirklich gut gemeint gewesen.
    Und für gut drei Viertel der Gäste war das Konzept ja auch
voll aufgegangen. Die waren auch hellauf begeistert gewesen, hatten inzwischen
längst gegessen und getrunken, schwangen jetzt munter das Tanzbein in der Bar
oder lagen bereits in ihren Betten.
    Falls sie, wie schon gesagt, nichts Besseres vorhatten.
    Für die restlichen 25 Prozent erwies sich die alte Weisheit,
dass gut gemeint häufig das Gegenteil von gut ist, leider als zutreffend.
    Die Unglücklichen hatten auf jenen beiden Schlitten Platz
genommen, die, im Gegensatz zu den acht 24-Sitzern, ganzen sechs Personen mehr
Platz boten.
    Besagte 30-Sitzer waren demnach auch etwas größer, nämlich
sowohl ein wenig länger als auch geringfügig breiter als die anderen Schlitten.
Wie gesagt, der Größenunterschied war nicht sehr groß und mit dem bloßen Auge
kaum wahrnehmbar. Aber immerhin reichte er aus, um ernsthafte Probleme zu
bereiten. Der Radius, den die 30-Sitzer benötigten, um von der Bahnhofsstraße
bergwärts in die Passstraße einzubiegen, war einfach zu groß.
    Dabei hatte bei der Generalprobe alles noch bestens geklappt.
Allerdings hatten die Verantwortlichen am Vormittag lediglich sechs Schlitten
eingesetzt. Und zwar solche mit …, erraten.
    Palinskis Assistent Florian Nowotny, der mit der überraschend
notwendig gewordenen Rückfahrt seines Chefs nach Wien die hiesigen Agenden
seines

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