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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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schließlich auf den Anlass ihres Besuches zu sprechen.
    »Hanna und Carla waren – sind meine Familie.« Hansen vergrub seine Hände in den Taschen seiner Steppweste, als würde er plötzlich frieren.
    »Hat Sie ihr Tod überrascht?«, fragte Braun ohne Umschweife.
    »Überrascht?« Hansen schien eine Weile nachdenken zumüssen, um die passende Antwort zu finden. »Carla hat Ihnen vermutlich erzählt, dass ihre Mutter damals auf tragische Weise verunglückt ist. Seitdem hat sich hier vieles geändert, es hat Hanna verändert.«
    »Inwiefern?«, hakte Braun nach.
    »Carlas und Hannas Großmutter ist hier auf dem Hof eingezogen, um sich um die Zwillinge zu kümmern, nachdem Carolin gestorben war. Die alte Frombach und ihr Sohn, also Carlas und Hannas Vater, haben sich nicht sonderlich gut verstanden. Nicht, dass die alte Frombach ein schlechter Mensch gewesen wäre, aber sie war eine sehr strenge Frau. Es gab viele Konflikte. Ihr Sohn hat sich mehr und mehr in seine Arbeit geflüchtet und war viel im Ausland. Irgendwie haben die Mädchen nach und nach auch ihren Vater verloren. Das war schlimm, aber es hat sie als Geschwister noch enger zusammengeschweißt.«
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet«, stellte Braun nach einer Weile fest. »Hat Sie der Tod von Hanna Frombach überrascht?«
    »Hanna war sehr krank«, erklärte Hansen, »sie …«
    In diesem Moment streifte das Pferd im Parcours einen der Holzbalken des Hindernisses mit seinen Hufen, wodurch die Stange erst auf die darunterliegende und dann auf dem sandigen Untergrund des Hallenbodens aufschlug.
    »Nichts passiert«, sagte Hansen. »Ich baue das eben wieder auf.« Er verließ seinen Platz, stapfte zu dem Hindernis hinüber und hievte die schwere weiß-rot gestreifte Stange wieder in ihre Halterung zurück. Bevor er auf die Bank zurückkehrte, rief er dem Reiter noch einige Kommandos zu.
    »Entschuldigung, wo waren wir?«, fragte er, nachdem er sich wieder gesetzt hatte.
    »Bei der Frage, ob Sie mit einem Selbstmord von Hanna Frombach gerechnet haben?«, wurde Braun deutlicher.
    »Ja und nein«, erwiderte Hansen. »Ich glaube, Hanna hat den Tod ihrer Mutter nie richtig verarbeitet, und damals wurde das, was man heute wohl Trauma nennt, auch nicht angemessen behandelt. Hanna war als Kind und Jugendliche schon auffällig. Die alte Frombach hätte das aber nie zugegeben. Bei ihr musste immer der Schein nach außen gewahrt bleiben. Die Mädchen wurden sonntags in hübsche gleiche Kleider verpackt und wie Zootiere präsentiert. Der alten Frombach war wichtig, was die anderen Leute sagen. Sie hätte sich nie eingestanden, dass den Mädchen etwas fehlt oder eine sogar krank ist. Das wurde unter den Teppich gekehrt.«
    Braun wollte langsam zum Punkt kommen. »Also mit anderen Worten: Sie sind der Meinung, dass Hanna Frombach sich umgebracht hat?«
    »Was denn sonst?«
    »In was für einer Verfassung war Hanna Frombach an dem Tag, als sie gestorben ist?«, fragte der Hauptkommissar weiter.
    Der Stallmeister schien überlegen zu müssen. »Ich habe sie an dem Tag nur ganz kurz gesehen, und dabei ist mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Aber wir wussten alle, dass Hanna eine tickende Zeitbombe ist. Wer hätte sie außerdem umbringen sollen?«
    »Wir hatten gehofft, dass Sie uns das sagen können«, warf Bendt ein.
    Der Stallmeister wandte sich ab.
    »Eric, mach Schluss für heute, ich finde, es ist genug«, rief er dem Reiter auf dem Parcours zu. Der nahm daraufhinnoch zwei weitere Hindernisse und zügelte sein Pferd dann in den leichten Trab.
    »Halten Sie es für denkbar, dass ihr ehemaliger Verwalter, Herr Keller, oder sonst jemand etwas mit dem Tod von Frau Frombach zu tun hat?«, fragte Braun.
    Hansen schüttelte den Kopf.
    »Frau Frombach hat uns von den beruflichen Problemen mit Herrn Keller erzählt«, erläuterte Braun, »und darüber hinaus angedeutet, dass sich zwischen Herrn Keller und Hanna Frombach so etwas wie eine Liebesbeziehung angebahnt hat. Was wissen Sie darüber?«
    Hansen atmete vernehmlich durch. »Hanna mochte Keller am Anfang sehr. Ich habe ihr immer gewünscht, dass sie irgendwann mal einen Partner findet. Aber sie hatte generell wenig Vertrauen in Menschen. Dafür hat sie die Pferde geliebt. Sie hatte wegen des Todes ihrer Mutter, glaube ich, ganz starke Verlustängste.«
    »Aber mit Keller bahnte sich etwas an?«, fragte Braun, der mit der Befragung deutlich schneller vorankommen wollte.
    »Ich glaube, sie war ein bisschen

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