Schneetreiben
in ihn verliebt. Er war attraktiv und auch sympathisch, das muss ich zugeben. Gar keiner, dem man einen Betrug zutraut.«
»Glauben Sie mir«, erklärte Braun, »es gehört zum Berufsbild des Betrügers, sympathisch zu sein.«
»Jedenfalls, wenn man Erfolg haben will«, ergänzte Bendt trocken.
»Also«, kam Braun auf das Thema zurück. »Was lief da zwischen den beiden?«
»Dass da wirklich mehr lief als ein Flirt, glaube ich nicht. Sie haben sich natürlich täglich gesehen, und Keller hat amAnfang hier ganz schön den Allwissenden gespielt, und das hat Hanna imponiert. Als ans Licht kam, dass er die Schwestern betrogen hat, hat Hanna sehr emotional reagiert und ihn wüst beschimpft.«
»Und«, fragte Braun, »kann Rache nicht vielleicht ein Motiv für Keller gewesen sein?«
Hansen schüttelte abermals den Kopf. »Dass er sie getötet hat, glaube ich auf keinen Fall. Wenn Keller hier jemanden hätte umbringen wollen, dann allenfalls Konrad Teubert. Er war letztlich auch die treibende Kraft, als es darum ging, ihn bei der Polizei anzuzeigen und gegen ihn zu prozessieren.«
»Apropos Teubert.« Hansen hatte Braun ein willkommenes Stichwort geliefert: »Was war das eigentlich für eine Art Beziehung, die die drei geführt haben? Ich meine, so ein Leben zu dritt muss ja auch nicht immer einfach sein.«
»Also, wenn Sie mich fragen, dann waren eigentlich Carla und Hanna in erster Linie miteinander verheiratet, und dann kam Konrad.« Er sagte das, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt.
»Und die Beziehung zwischen Konrad Teubert und seiner Schwägerin?«, fragte Bendt.
Hansen lehnte sich auf seinem Platz vor und sah Bendt an. »Also, wenn Sie meinen, was ich denke, was Sie meinen, vergessen Sie das mal ganz schnell. Hanna hätte nie mit Konrad und er nichts mit ihr angefangen, ausgeschlossen«, sagte er harsch. »Da hatte Konrad, glaube ich, eher andere Interessen.« Der bittere Unterton in Hansens Stimme ließ den Hauptkommissar aufhorchen.
»Und diese Interessen wären konkret welcher Natur?«, fragte Braun deshalb.
Hansen winkte ab. »Das habe ich jetzt nur so dahingesagt.«
Braun ließ nicht locker. »Anders gefragt: War die Ehe zwischen Carla Frombach und ihrem Mann glücklich?«
Hansen lachte verächtlich auf: »Was heißt das schon? Sie haben keinen unglücklichen Eindruck gemacht. Ich glaube, ihm war das ganz recht, dass Carla und Hanna so viel miteinander unternommen haben. Er war sehr viel unterwegs, zu seinen Ärztekongressen und so.«
»… und so? Was heißt ›und so‹?« Braun wusste, dass Hansen etwas zu sagen hatte.
»Ich kann nur sagen, dass Konrad sich für sein Alter auffallend und intensiv fortbildet«, brachte er schließlich heraus, »aber das war schon immer so und geht mich ja im Übrigen auch nichts an.«
»Wissen Sie von einer Affäre?«, fragte Bendt klar heraus.
»Nein.« Hansen war anzumerken, dass er bereute, dieses Thema angerissen zu haben. »Ich sage nur, dass er oft wegfährt.«
»Aber Sie vermuten, dass diese Reisen nicht nur dienstlicher Natur sind?« Braun blickte den Stallmeister in einer Art und Weise an, die deutlich machte, dass er ohnehin nicht um eine Antwort herumkam.
»Na gut, vor vielen Jahren hatten wir mal eine auffallend attraktive junge Pferdewirtin bei uns auf dem Hof, und damals hat sich Konrads Interesse am Reitsport beträchtlich erhöht, wenn Sie verstehen.« Hansen sprach das Wort »Reitsport« mit einer so doppeldeutig klingenden Betonung aus, dass Bendt auflachte und auch Braun schmunzeln musste.
»Und wie hat sich die Sache mit der erhöhten Reitleidenschaft damals entwickelt?«, fragte Braun.
»Um das gleich klarzustellen«, zischte Hansen, »ich habe nur meine Vermutungen: damals wie heute. Definitiv wissen tue ich gar nichts. Aber was die sehr hübsche junge Frau betrifft, hat sie sich relativ bald einen anderen Arbeitsplatz gesucht, und Konrad hat sich wieder verstärkt seinen Fortbildungsreisen gewidmet.«
»Und wie stand Carla Frombach dazu?«, fragte jetzt wieder Bendt.
Hansen hob die Hände in einer abwehrenden Geste. »Ich glaube nicht, dass sie das denkt, was ich denke, und ich würde mir ehrlich gesagt auch nie erlauben, sie darauf anzusprechen.«
Was Carla Frombachs Ehe betraf, wollte Braun es vorläufig dabei belassen. Er sortierte kurz seine Gedanken, bevor er die nächste Frage formulierte: »Haben Sie übrigens zu diesem Keller in letzter Zeit Kontakt gehabt?«
»Ja, das habe ich tatsächlich«,
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