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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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Diele gefegt. Dieses wertvolle Stück war einzigartig und unersetzbar.
    Carla ließ sich etwas tiefer ins Wasser sinken und drehte den Heißwasserhahn noch einmal auf. Langsam wurden ihre Füße wieder warm. Obwohl sie ein Beruhigungsmittel eingenommen hatte, fühlte sie sich noch immer sehr aufgewühlt. Der Sturm pfiff gespenstisch ums Haus und peitschte den Schnee gegen die Scheibe des Fensters. Sie überlegte, Hansen zu bitten, herüberzukommen und mit ihr im Haus zu übernachten, verwarf den Gedanken jedoch. Solange sie sich erinnern konnte, war nie jemand in ihr Haus eingebrochen, und Hansen hatte mit Smilla weiß Gott genug zu tun. Außerdem hatte sie registriert, wie besorgt er sie angesehen hatte, als sie ihre Reitgerte am späten Nachmittag nicht hatte finden können. Er sollte nicht denken, dass auch ihr Hannas Schicksal drohte. Sie selbst musste sich vor allem von diesem Gedanken frei machen. Ihren Mann wollte sie erst recht nicht bitten, seinen Besuch in Hamburg zu unterbrechen. Denn angesichts der Witterung gab es mit Sicherheit viele Unfälle auf den Straßen. Carla schloss die Augen und atmete den heißen Dampf des Eukalyptusbades ein, der das Wasser grün färbte. Sie fuhr mit den Händen durch die Schaumkronen des Badewassers und spürte, dass der Alkohol und das Beruhigungsmittel langsam ihre Wirkung taten.
    Carla lag noch eine Weile in der Wanne, zwang sich dann jedoch herauszusteigen, um nicht darin einzudämmern. Während sie sich abtrocknete, musste sie erneut an die Krähe denken. Sie konnte nicht fassen, den toten Vogel ins Hausgeschleppt zu haben. Inzwischen lag die verendete Krähe, in einen Pappkarton verpackt, vor der Haustür in der Diele. Carla streifte ihr schulterfreies Nachthemd und den Frotteebademantel über und leerte ihr Glas, bevor sie sich die Zähne putzte. Heute war es ihr egal, ob sie Alkohol trank, obwohl sie ein Medikament eingenommen hatte. Das Wichtigste war, dass es ihr einigermaßen schnell gelingen würde, einzuschlafen. Sie ging in ihr Schlafzimmer und stutzte erneut, als sie ihre Hausschuhe nicht fand. Sie hätte schwören können, sie neben dem Stuhl ausgezogen zu haben, wo sie vor ihrem Bad ihre Kleidung abgelegt hatte. Sie lief zurück ins Bad und fand sie neben dem Waschbecken. Carla atmete durch und ermahnte sich, die Ruhe zu bewahren. Dann lief sie noch einmal durch das ganze Haus und kontrollierte gewissenhaft alle Fenster und Türen, bevor sie ins Bett ging. Und tatsächlich gelang es ihr, wohl auch dank des Alkohols und der Tabletten, nach kurzer Zeit einzuschlafen.
    Ohne zu wissen, wie lange sie geschlafen hatte, wurde sie plötzlich aus einem unruhigen Schlaf wieder geweckt. Sie hatte wirr geträumt und musste sich orientieren:
    Was war das? Carla setzte sich auf.
    Sie fühlte sich benommen und hatte Kopfschmerzen. Habe ich tatsächlich ein Poltern gehört, oder war das ein Traum? Sie schaute sich in ihrem Zimmer um. Die Schlafzimmertür war wie immer angelehnt, und durch den schmalen Spalt schien ein wenig Licht. Draußen war es dagegen stockfinster. Noch immer war es stürmisch, und feuchte Schlieren rannen an dem Glas herunter. Der Mond hatte sich offenbar hinter den Wolken verschanzt, und so konnte Carla nur erahnen, dass sich die Äste der massiven Eiche vor dem Fenster im Sturm bogen. Erinnerungen an diezahllosen Nächte, in denen Hanna sie geweckt hatte, kamen Carla ins Gedächtnis, und sie fröstelte. Ob das Geräusch von draußen gekommen war? Carla spitzte die Ohren. Ein vom Baum gefallener Ast vielleicht? Sie vernahm nichts als die vertrauten Geräusche einer stürmischen Nacht, deren Melodie sie seit Kindheitstagen kannte. Das Zimmer war schon Hannas und ihr gemeinsames Kinderzimmer gewesen. In unzähligen Nächten hatten sie sich als Mädchen hier verschanzt, sich die Decke über den Kopf gezogen und einander im Schein der Taschenlampe Gruselgeschichten erzählt oder Geheimisse zugeflüstert. Carla ermahnte sich, bei der Erinnerung an ihre Schwester nicht wieder zu weinen. Und doch konnte sie den Gedanken daran nicht verdrängen, wie stark und geborgen sie sich in jenen Nächten ihrer Kindheit neben ihrer Schwester gefühlt hatte. Es war ihnen gemeinsam gelungen, die Dämonen der Nacht zu vertreiben, denen Carla sich jetzt allein so hilflos ausgesetzt fühlte. Denn entgegen aller Vernunft verspürte sie wieder Angst.
    Dennoch zwang sie sich zu dem Schluss, dass sie objektiv keine Gefahr zu fürchten und sich das Geräusch nur eingebildet

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