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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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Pistole befand?«, fragte Bendt.
    »Nein, nicht direkt. Sie hatte irgendwann mal mein Schlüsselbund in der Hand und dann gefragt, ob von den vielen Schlüsseln der für meinen Waffenschrank dabei sei. Das war allerdings schon sehr lange vor dem Diebstahl. Ich habe ihr damals erzählt, dass man den nicht einfach so mit sich herumtragen darf, sondern verstecken muss. Wahrscheinlich hat sie dann einige Zeit danach gesucht  – vermutlich während ich hier gearbeitet habe.«
    »Haben Sie Ihren Verdacht gegen Hanna damals gegenüber der Polizei geäußert?«, forschte Braun weiter.
    »Nein«, erwiderte Hansen. »Wie hätte ich denn dagestanden, wenn aufgrund meiner Aussage hier womöglich eine Durchsuchung stattgefunden hätte? Sie wissen doch, die Schwestern sind meine Familie.«
    »Das vielleicht«, gab Braun zu bedenken. »Mit einer Pistole in der Hand von Hanna Frombach bestand allerdings damals die Gefahr, dass sich Ihre Familie relativ rasch um ein Familienmitglied verkleinern könnte, denn Hanna Frombach war akut suizidgefährdet, wie Sie genau wussten.«
    Der Stallmeister sah zu Boden. »Das war schwierig damals.« Er klang gekränkt.
    »Wenn Sie schon nicht die Polizei eingeweiht haben«, fragte Braun nach, »haben Sie Hanna Frombach denn wenigstens damals mit Ihrem Verdacht konfrontiert?«
    »Ja, natürlich«, antwortete Hansen und wirkte ehrlich dabei. »Ich habe tausendmal nachgefragt und gesagt, dass sie keine Dummheiten machen soll. Mehrfach habe ich ihr ins Gewissen geredet. Es war furchtbar. Sie hat geweint und mir vorgeworfen, dass ich sie zu Unrecht verdächtige. Ich habe ihr schließlich geglaubt, weil ich ihr glauben wollte.«
    »Wäre es nicht naheliegend gewesen, jedenfalls zur Vorsicht Carla Frombach einzuweihen und ihr von Ihrem Verdacht zu berichten, damit sie nach der Pistole sucht?«, fragte Braun.
    »Ich habe damals darüber nachgedacht, mit Carla zu sprechen«, antwortete der Stallmeister. »Ich habe mich schließlich dagegen entschieden, weil Carla ohnehin immer in so großer Sorge um Hanna war. Ich habe befürchtet, dass ich mich vielleicht doch irre und Carla dann ständig mit dem Gefühl leben müsse, Hanna hätte irgendwo eine Waffe versteckt. Das hätte Carla nicht ausgehalten.«
    »Mmm«, brummte Braun. So richtig wollte ihn diese Erklärung nicht zufriedenstellen. Doch er wollte es zunächst dabei belassen. Denn er hatte noch einige weitere Fragen zu klären.

38
    Carla war sehr nervös, als sie vor dem Haus in der Königstraße parkte. Als sie dann oben die Wohnungstür nur angelehnt vorfand, lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Sie öffnete die Tür einen Spalt breit und lugte hinein.
    »Hallo«, flüsterte sie zaghaft, »wer ist da?«
    Niemand antwortete. Der Flur war dunkel, aber an dessen Ende fiel Licht durch die offenstehende Tür zum Wohnzimmer. Carlas Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie war sicher, dass Keller ihrer Einladung gefolgt war. Es ging nicht anders: Sie musste sich Gewissheit verschaffen und ihm Auge in Auge gegenübertreten. Aber wie war er schon vor ihr hier reingekommen?
    Sie trat ein und ging ganz langsam auf die links gelegene Tür zum Wohnzimmer zu. Die Absätze ihrer Stiefel hallten dumpf auf dem Laminatfußboden wider. Die Wohnung war völlig ausgekühlt. Zitternd vor Angst und Kälte betrat sie den leeren und nur schwach beleuchteten Wohnraum. Draußen war es finster, die Balkontür stand sperrangelweit offen. Der Wind pfiff hinein und wirbelte ein paar Wollmäuse auf, die durch den Raum schwebten.
    Plötzlich hörte sie sakral klingende Musik und spürte Kellers heißen Atem in ihrem Nacken. Er war wie aus dem Nichts plötzlich hinter ihr aufgetaucht, und sie schrie auf, als sie sich umwandte und er direkt vor ihr stand. Er trug eine Reituniform und baute sich breitbeinig vor ihr auf. Sie fühlte sich nicht imstande, sich auch nur einen Millimetervom Fleck zu bewegen. Er hob die Gerte, die er in seiner Rechten hielt, blickte sie aus kaltherzigen Augen an und peitschte sich auf seine von einem schwarzen Lederhandschuh geschützte Handinnenfläche.
    »Da bist du ja, Hanna«, sagte er. »Ich habe auf dich gewartet.« Carlas Kehle fühlte sich plötzlich ganz trocken an.
    »Ich bin nicht Hanna«, flüsterte sie angsterfüllt.
    »Natürlich bist du das«, sagte er ganz ruhig und leise. Sein Mund verzog sich zu einem bizarren Grinsen.
    »Wie ähnlich ihr einander seht«, zischte er und begann zu kichern. »Ich habe euch verwechselt.«
    Er deutete

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