Schneetreiben
noch um?«, fragte Bendt.
»Oder jemand anderen«, seufzte Braun nachdenklich. »Immerhin hat sie auf ihren Mann geschossen. Im Moment sollten wir zunächst einmal in dem Verfahren gegen Carla Frombach weiterermitteln, wo es ja immer noch Vernehmungsbedarf wegen der Herkunft der Waffe gibt.« Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
»Außerdem kommt mir da gerade eine Idee in den Sinn. Ich muss unbedingt noch einmal mit Fischer sprechen.«
Carla Frombach stand an der Wand vor Bendts Büro und lauschte angespannt der Unterhaltung. Sie hatte Braun erneut sprechen wollen, um ihn von ihrer Theorie zu überzeugen. Aber offenbar war das zwecklos, weil er sie ohnehin für verrückt hielt. Er schien nicht begreifen zu wollen, was für sie so offensichtlich schien. Das, was der Hauptkommissar ihr gesagt hatte, dröhnte dumpf in ihrem Kopf. »Wir gehen im Moment nicht davon aus, dass es eine Verwechslung zwischen Ihnen und Ihrer Schwester gegeben hat.« Konnte das, da sie nun wusste, dass Keller offenbar am Tatort gewesen war, nicht nur bedeuten, dass Keller Hanna ermordet hatte? Aber warum war Keller dann auf freiem Fuß, und warum kamen die Beamten in der Sache nicht weiter?
Die Kommissare hatten den Fall längst aufgegeben. Carla war schwindelig, sie hatte Schwierigkeiten, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber ihr blieb jetzt auch keine Zeit dazu, denn Braun sagte: »Du sorgst dafür, dass wir wegen der Waffe weiterkommen.«
Carla vernahm Schritte im Büro des jungen Kommissars und schlich auf leisen Sohlen zurück zum Fahrstuhl. Sie hatte Glück, dass Braun sie nicht auf dem Flur entdeckte, denn Bendt hielt ihn mit einer Frage auf.
37
»Hier stecken Sie also.« Die Kommissare traten in den Heuschober des Guts der Frombachs ein, in dem der Stallmeister gerade dabei war, einen Strohballen vom Stapel zu hieven. Er unterbrach seine Arbeit und ging auf die Kommissare zu. »Guten Tag«, grüßte Hansen. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich Sie so schnell wiedersehe.«
»Man wird uns nicht so schnell los«, sagte Braun. »Wir haben noch ein paar Fragen an Sie. Wird nicht lange dauern.«
»Na dann, fragen Sie.« Hansen klang wenig begeistert. »Ich habe nicht viel Zeit.«
»Sie haben uns neulich gar nicht erzählt, dass Sie einen Waffenschein besitzen«, begann der Hauptkommissar ohne Umschweife.
»Ich habe Ihnen auch nicht erzählt, dass ich geschieden bin und meine Exfrau Blumenhändlerin war«, gab der Stallmeister schlagfertig zurück.
Braun schenkte seinem Gegenüber ein süffisantes Lächeln. »Das hätte mich vermutlich interessiert, wenn Carla Frombach ihren Mann mit einem Blumentopf erschlagen hätte«, sagte er ironisch. »Wie wir indes wissen, hat sie ihn niedergeschossen, und nach allem, was wir herausfinden konnten, scheint die Pistole, mit der sie das getan hat, einmal Ihnen gehört zu haben. Hatten Sie nicht mal eine Webley & Scott vom Kaliber 7,65 mm.«
Hansen wirkte für einen Moment sprachlos.
»Lassen Sie mich raten«, sagte der Stallmeister dann. »Die Pistole, mit der Carla geschossen hat, ist tatsächlich die, die vor Jahren aus meiner Wohnung gestohlen wurde?«
»Der Kandidat hat 99 Punkte«, entgegnete Braun trocken und versuchte zu erraten, ob der Stallmeister tatsächlich so schockiert über diese Nachricht war, wie er aussah. »Überrascht Sie das wirklich?«
»Ich habe damals geahnt, dass Hanna mich bestohlen hat«, erwiderte Hansen. »Einige Wochen bevor bei mir eingebrochen wurde, hat sie mich gefragt, wie man an einen Waffenschein herankommt. Sie besaß allen Ernstes die Vorstellung, sie könne eine Pistole erwerben. Ich habe ihr damals sofort gesagt, dass sie sich diese Idee aus dem Kopf schlagen könne.«
»Wie war denn das mit dem sogenannten Einbruch damals?«, wollte Bendt wissen.
»Der Täter sollte über die offene Terrassentür in die Wohnung gelangt sein und dort den Schlüssel für den Waffenschrank gefunden haben. Ich habe damals vermutet, dass Hanna sich heimlich meinen Haustürschlüssel geborgt hat. Dann hat sie offenbar den Schlüssel für den Waffenschrank gesucht und gefunden und am Ende die Terrassentür aufgemacht, damit es heißt, ich hätte versäumt, sie zu verschließen.«
»Das haben Sie aber nicht, wenn ich das richtig verstehe?«, fragte Braun.
Hansen schüttelte den Kopf. »Da wir jetzt wissen, wo die Pistole aufgetaucht ist, offenbar nicht.«
»Hat Hanna Frombach gewusst, wo sie den Schlüssel für den Schrank verwahrt haben, in dem sich die
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