Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
bringen wir die Äpfel in die Bibliothek. Und hier ist noch ein Korb voll, Rowena.«
    »Lassen Sie mich den tragen«, sagte Mrs Oliver.
    Sie hob die beiden heruntergerollten Äpfel auf. Geistesabwesend biss sie in den einen kräftig hinein. Mrs Drake nahm ihr den zweiten energisch weg und legte ihn in die Schüssel zurück. Dann redete alles wieder durcheinander.
    »Schön, aber wo soll der Feuerdrachen sein?«
    »Den Feuerdrachen müsste man in der Bibliothek machen, da ist es am dunkelsten.«
    »Nein, den machen wir im Esszimmer.«
    »Dann muss man aber was über den Tisch tun.«
    »Erst wird ein grünes Filztuch draufgelegt, und drüber kommt die Plastikdecke.«
    »Was ist mit den Spiegeln? Können wir da wirklich unsere zukünftigen Ehemänner drin sehen?«
    Mrs Oliver befreite sich unauffällig von ihren Schuhen und sank, immer noch emsig kauend, wieder auf das Sofa. Sie betrachtete die vielen Menschen im Zimmer mit kritischem Blick und dachte bei sich: Wenn ich über die Leute hier ein Buch schreiben würde, wie würde ich das machen? Es scheinen nette Leute zu sein – aber wer weiß!
    Eigentlich war es gerade spannend, dass sie nichts über sie wusste. Sie wohnten alle in Woodleigh Common, und von manchen konnte sie sich schon ein undeutliches Bild machen, weil Judith ihr dies und das erzählt hatte. Miss Johnson – hatte was mit der Kirche zu tun, nicht die Schwester vom Pfarrer. O natürlich, die Schwester vom Organisten. Rowena Drake, die offensichtlich die erste Geige in Woodleigh Common spielte. Dann die schnaufende Frau, die den Eimer gebracht hatte, einen besonders abscheulichen Plastikeimer. Aber Mrs Oliver konnte Plastik nun einmal nicht leiden. Und dann die Kinder, Teenager.
    Bis jetzt waren es nur Namen für Mrs Oliver. Es gab eine Nan und eine Beatrice und eine Cathie, eine Diana und eine Joyce, die eine Angeberin war und impertinente Fragen stellte. Joyce mag ich nicht besonders, dachte Mrs Oliver. Ein Mädchen hieß Ann, sie war groß und wirkte überlegen.
    Zwei Jünglinge waren auch da, die offensichtlich das Neueste an Frisuren ausprobierten. Das Ergebnis war nicht sehr glücklich.
    Ein kleinerer Junge betrat schüchtern das Zimmer.
    »Mammi schickt die Spiegel und lässt fragen, ob sie genügen«, sagte er ein wenig atemlos.
    Mrs Drake nahm sie ihm ab.
    »Vielen Dank, Eddy«, sagte sie.
    »Das sind ja nur ganz gewöhnliche Handspiegel«, sagte das Mädchen, das Ann hieß. »Können wir da wirklich unsere Ehemänner drin sehen?«
    »Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht«, sagte Judith Butler.
    »Haben Sie das Gesicht Ihres Mannes gesehen, wenn Sie zu einer Party gingen – ich meine, zu so einer Party wie heute?«
    »Natürlich nicht«, sagte Joyce.
    »Vielleicht doch«, sagte die überlegene Beatrice. »Das nennt man übersinnliche Wahrnehmung«, fügte sie selbstzufrieden hinzu. Sie kannte sich aus in den modernen Fachausdrücken!
    »Ich hab mal einen Roman von Ihnen gelesen«, sagte Ann zu Mrs Oliver. »›Der sterbende Goldfisch.‹ Ich fand ihn gut«, fügte sie mit liebenswürdiger Herablassung hinzu.
    »Ich nicht«, sagte Joyce. »Es kam nicht genug Blut vor. Bei einem Mord muss massenhaft Blut dabei sein.«
    »Nicht sehr appetitlich«, sagte Mrs Oliver, »findest du nicht auch?«
    »Aber aufregend«, sagte Joyce.
    »Nicht immer«, erwiderte Mrs Oliver.
    »Ich hab mal einen Mord gesehen«, sagte Joyce.
    »Sei nicht albern, Joyce«, sagte Miss Whittaker, die Lehrerin.
    »Aber es stimmt«, sagte Joyce.
    »Wirklich?«, fragte Cathie und sah Joyce mit aufgerissenen Augen an. »Hast du wirklich und wahrhaftig einen Mord gesehen?«
    »Natürlich nicht«, sagte Mrs Drake. »Red nicht so albernes Zeug, Joyce.«
    »Ich hab aber einen Mord gesehen«, sagte Joyce. »Jawohl. Jawohl. Jawohl.«
    Einer der größeren Jungen blickte interessiert von seiner Leiter auf Joyce hinunter.
    »Was für einen Mord?«, fragte er.
    »Ich glaub das nicht«, sagte Beatrice.
    »Natürlich nicht«, sagte Cathies Mutter. »Das hat sie sich ausgedacht.«
    »Das hab ich mir nicht ausgedacht. Ich hab es gesehen.«
    »Warum bist du nicht zur Polizei gegangen?«, fragte Cathie.
    »Weil ich zuerst nicht wusste, dass es ein Mord war. Erst viel später hab ich es gemerkt. Jemand hat was gesagt, erst vor ein paar Monaten, und da hab ich plötzlich gedacht: Natürlich, das war ein Mord, den ich da gesehen habe.«
    »Da sieht man’s ja«, sagte Ann, »sie spinnt sich das alles zusammen. Purer Unsinn.«
    »Wann soll das denn

Weitere Kostenlose Bücher