Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
Vom Netzwerk:
Brettern, als wäre es geschindelt. Vier Fenster vorn, eins zu beiden Seiten der Tür und zwei darüber. Zu unserer Linken war ein Stück des grünen Fiberglasschuppens zu sehen, zu dem Locanos Klempner die Wasserleitung gelegt hatten. Der schräg mit dem Heck zu ihm stehende Pickup gab uns noch einen Meter Deckung.
    Als der Fahrer klingelte, rannte ich zur Vorderseite des Hauses und stellte mich mit dem Rücken zur Wand unter das Eckfenster. Skinflick landete schwer neben mir, als sich auch schon die Tür öffnete. Ich hielt verärgert den Finger an die Lippen, und er reckte abbittend den Daumen. Als der Junge im Haus verschwand, preschten wir um die Ecke.
    Wir wussten, dass jetzt der heikle Teil kam. Die Längsseite des Hauses hatte genau wie die Stirnseite zwei Fenster unten, zwei oben, nur war das hintere Parterrefenster durch den Schuppen verdeckt. Und die Schuppentür ging auf den Garten. Auf dem Weg dahin hätten wir riskiert, von mindestens zwei Fenstern und vom Garten aus gesehen zu werden.
    Stattdessen liefen wir geduckt an der Hauswand entlang. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war stark, aber ich hatte Skinflick eingeschärft, weder den Kopf zu heben noch sich umzudrehen. Ich wusste mittlerweile, dass sich Menschen bei praktisch allem, was sie sehen, einreden können, sie hätten es nicht gesehen, nur bei menschlichen Gesichtern gibt es kein Vertun. Unsere halbe Sehrinde flammt auf, wenn wir eins erblicken. Also ließen wir die Gesichter unten und erreichten den Schuppen, ohne zu wissen, ob wir gesehen worden waren oder nicht. Ich hielt zwei Platten der Fiberglasrückwand des Schuppens gerade so lange auseinander, dass wir durchschlüpfen konnten.
    In dem Schuppen sah alles grün aus, weil die Decke aus dem gleichen durchscheinenden Fiberglas bestand wie die Wände. Die Tür zum Garten war nur eine rechteckige Öffnung mit einer von außen davorgehängten blauen Plane. Wie angekündigt, kam aus der angrenzenden Hauswand ein tief angebrachter Wasserhahn. Darunter stand ein Stahleimer mit Schlauch und Spritzpistole, und eine Abflussrinne lief durch den matschigen Boden.
    Ich schaute durch die Türplane. Der Garten erstreckte sich über rund dreihundert Meter, bis der Stacheldrahtzaun kam. Mittendrauf ein paar Picknicktische und ein gemauerter Grill. Der Rand eines zweiten Fiberglasschuppens war gerade noch zu sehen. Ob das der war, in dem sie das tote Mädchen entdeckt hatten?
    Ich versuchte nicht darüber nachzudenken, ob die Mädchenleiche wirklich da gewesen war, oder ob sie zwar da gewesen war, aber woanders. Der Job war blind. So hatte ich ihn angenommen, und jetzt die Augen zu öffnen war sinnlos. Ich durfte allenfalls hoffen, dass noch Beweise auftauchten, bevor das Töten losging.
    Die Heckklappe des Pickups wurde zugeschlagen, und als der Motor ansprang, hörten wir einen Mann so beiläufig mit dem Lieferjungen reden, dass wir davon ausgehen konnten, nicht gesehen worden zu sein.
    Damit war der gefährliche Teil wahrscheinlich vorbei. Jetzt fing der langweilige an - zwölf Stunden warten, bevor wir durch das Loch in der Wand stiegen und uns daranmachten, Leute zu erschießen. Ich ging zum Wasserhahn und setzte mich hin, auf die Schöße meines neuen Kaschmirmantels.*
(Regel Nummer 1 aus Das Handbuch des Auftragsmörders: Versuch nie, deine Kleidung zu schonen.)
    Skinflick blieb stehen, lief an den Wänden entlang, und nach einer Weile wurde mir das Ganze ein bisschen peinlich. Als hätte ich irgendeinen Bürojob, der sich glanzvoll anhörte, es aber eigentlich nicht war, und jetzt wäre mein Filius zu Besuch gekommen und müsste mit ansehen, wie Daddy den ganzen Tag und den ganzen Abend im Dreck wartet und dann bei fremden Leuten einsteigt, um sie in den Kopf zu schießen.
    Dann musste ich daran denken, wie es dazu gekommen war, dass ich so ein Leben führte.
    Wo ich doch mal Bücher gelesen und ein Eichhörnchen als Haustier gehabt hatte.
    »Pietro«, sagte Skinflick leise und riss mich aus meinen Gedanken. »Ich muss pissen.«
    Ganz unerwartet kommt das nicht bei einem Aufenthalt von zwölf Stunden. Aber wir waren erst fünf Minuten da.
    »Konntest du nicht im Wald pissen?«, sagte ich.
    »Ich hab im Wald gepisst.«
    »Dann mach«, sagte ich.
    Skinflick ging in die Ecke und machte seine Hose auf. Als der Urin auf das Fiberglas traf, ratterte es wie eine Blechtrommel. Skinflick hörte auf zu pissen. Er blickte sich um. Schickte ein paar Probetropfen in den Matsch vor der Wand. Sie machten ein

Weitere Kostenlose Bücher