Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
einen Sinn hat, ruht auf einem sicheren Fundament: unserer beinahe unbegrenzten Fähigkeit, die eigene Unwissenheit zu ignorieren.
Ich habe von zu vielen Leuten gehört, die »schon lange vor dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 wussten, dass diese unvermeidlich war«. Dieser Satz enthält ein höchst bedenkliches Wort, das wir bei Diskussionen über weitreichende Ereignisse aus unserem Vokabular streichen sollten. Dieses Wort ist »wussten«. Einige Leute glaubten lange im Voraus, dass es zu einer Krise kommen würde, aber sie wussten es nicht. Heute sagen sie, dass sie es wussten, weil
sich die Krise tatsächlich ereignete. Dies ist eine falsche Verwendung eines wichtigen Begriffs. In der Alltagssprache verwenden wir das Wort »wissen« nur, wenn das, was gewusst wird, wahr ist, und zwar nachweislich wahr. Wir können nur dann etwas wissen, wenn es sowohl wahr als auch erkennbar ist. Aber diejenigen, die glaubten, dass es zu einer Krise kommen würde (und es gibt weniger davon, als sich heute daran erinnern, dies geglaubt zu haben), konnten es damals nicht schlüssig beweisen. Viele intelligente und gut informierte Menschen interessierten sich brennend für die Zukunft der Wirtschaft und glaubten nicht, dass eine Katastrophe unmittelbar bevorstand; aus dieser Tatsache folgere ich, dass die Krise nicht erkennbar war. Das Abwegige am Gebrauch des Wortes »wissen« in diesem Zusammenhang besteht nicht darin, dass einige Personen unverdientes Lob für eine Voraussicht einheimsen, die sie nicht hatten. Er besteht darin, dass die Verwendung dieses Wortes den Eindruck vermittelt, die Erkennbarkeit der Welt sei größer, als sie es tatsächlich ist. Sie trägt dazu bei, eine verderbliche Illusion aufrechtzuerhalten.
Der Kern dieser Illusion besteht darin, dass wir glauben, die Vergangenheit zu verstehen, woraus folgt, dass auch die Zukunft erkennbar sein sollte. In Wirklichkeit aber verstehen wir die Vergangenheit in geringerem Maße, als wir glauben. »Wissen« ist nicht das einzige Wort, das diese Illusion befördert. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind auch die Wörter »Intuition« und »Vorahnung« für Gedanken der Vergangenheit reserviert, die sich als wahr erwiesen haben. Die Aussage »Ich hatte eine Vorahnung, dass die Ehe keinen Bestand haben würde, aber ich irrte mich« hört sich seltsam an, so wie es jeder Satz über eine Intuition tut, die sich als falsch erwiesen hat. Um klar durchdachte Aussagen über die Zukunft treffen zu können, müssen wir die Sprache bereinigen, die wir benutzen, um Überzeugungen der Vergangenheit zu benennen.
Erfolgsrezepte
Die Sinngebungsmaschinerie von System 1 lässt uns die Welt geordneter, einfacher, vorhersagbarer und kohärenter sehen, als sie es tatsächlich ist. Die Illusion, man habe die Vergangenheit verstanden, nährt die weitere Illusion, man könne die Zukunft vorhersagen und kontrollieren. Diese Illusionen sind beruhigend. Sie verringern die Angst, die wir zu spüren bekämen, wenn wir uns die Ungewissheiten des Daseins uneingeschränkt bewusst machen würden. Wir alle haben ein Bedürfnis nach der beruhigenden Botschaft, dass Handlungen die gewünschten Folgen haben und dass Klugheit und Mut von Erfolg gekrönt sind. Viele Wirtschaftsbücher sind darauf zugeschnitten, dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Beeinflussen Führungspersönlichkeiten und Führungspraktiken den Erfolg von Unternehmen am Markt? Natürlich tun sie das, und die Effekte wurden durch systematische Forschungen bestätigt, die die Merkmale von Vorstandschefs und ihrer Entscheidungen objektiv bewerteten und sie zu den späteren Erfolgen oder Misserfolgen des Unternehmens in Beziehung setzten. In einer Studie wurden die Topmanager durch die Strategie der Unternehmen, die sie vor ihrer gegenwärtigen Position geführt hatten, sowie durch die Führungsregeln und -verfahren, die nach ihrer Ernennung eingeführt wurden, charakterisiert. 11 Die Chefs beeinflussen den Unternehmenserfolg, aber der Effekt ist viel kleiner, als es die Lektüre der Wirtschaftspresse nahelegt.
Forscher messen die Stärke von Beziehungen mit einem Korrelationskoeffizienten, der zwischen null und eins schwankt. Der Koeffizient wurde weiter vorn (im Verhältnis zur Regression zum Mittelwert) durch das Ausmaß definiert, in dem zwei Messgrößen durch gemeinsame Faktoren determiniert werden. Eine sehr großzügige Schätzung der Korrelation zwischen dem Erfolg eines Unternehmens und der Qualität ihres Chefs könnte 0,30
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