Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
der Ergebnisfehler erklären beide gemeinsam den außerordentlichen Erfolg von Büchern, die versuchen, aus der systematischen Untersuchung erfolgreicher Unternehmen konkrete Handlungsanweisungen abzuleiten. Eines der bekanntesten Beispiele dieses Genres ist das Buch Immer erfolgreich von Jim Collins und Jerry I. Porras. Es enthält eine gründliche Analyse von 18 Paaren konkurrierender Unternehmen, bei denen eines erfolgreicher war als das andere. Die Daten für diese Vergleiche bestanden aus Beurteilungen verschiedener Aspekte der Unternehmenskultur und -strategie sowie der Managementpraktiken. »Wir glauben, dass jeder Vorstandschef, Manager und Unternehmer in der Welt dieses Buch lesen sollte«, verkünden die Autoren. »Sie können ein visionäres Unternehmen aufbauen.« 14
Die Kernbotschaft von Immer erfolgreich und ähnlichen Büchern lautet, dass man gute Führungspraktiken identifizieren kann und dass gute Praktiken durch gute Ergebnisse belohnt werden. Beide Behauptungen sind überzogen.
Der Vergleich von Firmen, die mehr oder weniger erfolgreich sind, ist in einem erheblichen Ausmaß ein Vergleich zwischen Firmen, die mehr oder minder viel Glück hatten. Wenn man weiß, wie wichtig der Faktor Glück ist, sollte man besonders argwöhnisch sein, wenn aus dem Vergleich von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Firmen hochkonsistente Muster hervorgehen. Wenn der Zufall seine Hand im Spiel hat, können regelmäßige Muster nur Illusionen sein.
Weil Glück eine so große Rolle spielt, lassen sich aus empirischen Erfolgsdaten keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Qualität des Führungsteams und der Managementpraktiken ziehen. Und selbst wenn wir im Voraus absolut zuverlässig wüssten, dass ein Vorstandschef eine brillante Vision und außerordentliche Kompetenz besitzt, könnten wir noch immer nicht mit einer weit über das Zufallsergebnis eines Münzwurfs hinausgehenden Genauigkeit vorhersagen, wie erfolgreich das Unternehmen sein wird. 15 Im Schnitt schwand der Abstand in Ertragskraft und Aktienrendite zwischen den herausragenden und den weniger erfolgreichen Firmen, die in Immer erfolgreich untersucht wurden, in der Zeit nach Abschluss der Studie praktisch auf null. Die durchschnittliche Ertragskraft der in dem berühmten Buch Auf der Suche nach Spitzenleistungen aufgelisteten Unternehmen brach ebenfalls innerhalb kurzer Zeit stark ein. 16 Eine Studie über die vom Wirtschaftsmagazin Fortune auserkorenen »meistbewunderten Firmen« kam zu dem Ergebnis, dass über einen Zeitraum von zwanzig Jahren die Firmen mit den schlechtesten Bewertungen im weiteren Verlauf viel höhere Aktienrenditen erzielten als die meistbewunderten Unternehmen. 17
Sie neigen wahrscheinlich zu kausalen Erklärungen dieser Beobachtungen: Vielleicht wurden die erfolgreichen Firmen allzu selbstzufrieden, und die weniger erfolgreichen strengten sich stärker an. Aber das ist die falsche Sicht. Der durchschnittliche Abstand muss zurückgehen, weil sich die anfängliche Kluft größtenteils dem Zufall verdankt, der sowohl zu dem Erfolg der Spitzenfirmen wie zu der Leistungsschwäche der anderen beitrug. Wir sind dieser statistischen Tatsache bereits begegnet: der Regression zum Mittelwert. 18
Geschichten über den Aufstieg und Fall von Unternehmen stoßen bei Lesern auf Resonanz, weil sie das anbieten, was der menschliche Intellekt braucht: eine einfache Botschaft von Sieg und Niederlage, die eindeutige Ursachen identifiziert und die bestimmende Macht des Zufalls sowie die Unvermeidlichkeit einer statistischen Regression ausblendet. Diese Geschichten lösen eine Illusion des Verstehens aus und erhalten sie aufrecht, und sie vermitteln dem Leser, der sie nur allzu bereitwillig glaubt, Lektionen, die ihm keinen dauerhaften Nutzen bringen.
Zum Thema »Rückschau«
»Der Fehler scheint offensichtlich zu sein, aber das zeigt sich erst im Rückblick. Im Voraus hätte man ihn nicht erkennen können.«
»Er glaubt dieser allzu glatten Erfolgsgeschichte zu sehr. Er ist einem narrativen Fehlschluss aufgesessen.«
»Sie hat keinen Beweis für die Behauptung, die Firma werde schlecht gemanagt. Sie weiß nur, dass der Aktienkurs eingebrochen ist. Dies ist ein Ergebnisfehler, teils Rückschau-Verzerrung, teils Halo-Effekt.«
»Wir sollten nicht auf den Ergebnisfehler hereinfallen. Dies war eine dumme Entscheidung, auch wenn sie gut ausging.«
20. Die Illusion der Gültigkeit
System 1 ist so gestaltet, dass es aus
Weitere Kostenlose Bücher