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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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betragen, was eine Überlappung von 30 Prozent anzeigt. Um zu verstehen, was diese Zahl bedeutet, betrachten Sie die folgende Frage:
    Angenommen, Sie untersuchen viele Paare von Firmen. Die beiden Firmen in jedem Paar sind im Allgemeinen ähnlich, aber der Chef der einen ist tüchtiger als der der anderen. Wie oft ist die Firma mit dem besseren Chef die erfolgreichere der beiden? 12
    In einer wohlgeordneten und vorhersagbaren Welt wäre die Korrelation perfekt (1,0), und der leistungsstärkere Chef würde in 100 Prozent der Paare das erfolgreichere Unternehmen führen. Wenn der relative Erfolg ähnlicher Firmen ausschließlich von Faktoren bestimmt würde, die der Chef nicht kontrolliert (man könnte sie, wenn man wollte, Glück nennen), würde das erfolgreichere Unternehmen in 50 Prozent der Fälle von dem schwächeren Chef geführt werden. Eine Korrelation von 0,30 bedeutet, dass der leistungsstärkere Chef bei etwa 60 Prozent der Paare die erfolgreichere Firma leitet – eine Verbesserung von nur 10 Prozent gegenüber einer Zufallsschätzung, was die geradezu heldenhafte Verehrung von Vorstandschefs, die wir so oft erleben, kaum rechtfertigt.
    Wenn Sie einen höheren Wert erwartet hätten – und die meisten von uns tun das –, dann sollten Sie darin einen Hinweis sehen, dass Sie dazu neigen, die Vorhersagbarkeit der Sie umgebenden Welt zu überschätzen. Damit wir uns nicht missverstehen: Der Verbesserung der Erfolgsaussichten von 1 : 1 auf 3 : 2 ist ein sehr beachtlicher Vorteil, sowohl auf der Pferderennbahn als auch im Geschäftsleben. Aus der Sicht der meisten Wirtschaftspublizisten jedoch wäre ein Vorstandschef, der den Unternehmenserfolg nur in einem so geringen Ausmaß beeinflussen kann, keine sonderlich imponierende Führungskraft, selbst wenn sein Unternehmen prosperierte. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass sich Menschen in Flughafenbuchhandlungen anstellen würden, um ein Buch zu kaufen, das euphorisch die Methoden von Topmanagern beschreibt, deren Leistungen im Schnitt nur geringfügig über der Zufallsrate liegen. Die Verbraucher lechzen nach einer eindeutigen Botschaft über die bestimmenden Faktoren von Erfolg und Misserfolg im Wirtschaftsleben, und sie brauchen Geschichten, die ihnen Sinnzusammenhänge vermitteln, und seien diese auch trügerisch.
    In seinem scharfsinnigen Buch Der Halo-Effekt zeigt der in der Schweiz lehrende Wirtschaftsprofessor Philip Rosenzweig, wie das Bedürfnis nach trügerischer Gewissheit in zwei populären Genres der Managementliteratur befriedigt wird: Geschichten über den Aufstieg (der Regelfall) und den Fall (gelegentlich) bestimmter Personen und Unternehmen sowie Analysen der Unterschiede zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Firmen. 13 Sein Fazit lautet, dass Geschichten über Erfolg und Misserfolg durchgängig die
Auswirkungen des Führungsstils und der Managementpraktiken auf den Geschäftserfolg von Unternehmen überschätzen, und daher ist ihre Botschaft nur selten nützlich.
    Um zu verstehen, was hier abläuft, stellen Sie sich vor, dass Wirtschaftsexperten, etwa andere Vorstandschefs, gebeten werden, den Ruf des Chefs eines Unternehmens einzuschätzen. Sie wissen ganz genau, ob das Unternehmen in jüngster Zeit florierte oder schwächelte. Wie wir vorher im Fall von Google sahen, erzeugt dieses Wissen einen Halo-Effekt. Der Chef eines erfolgreichen Unternehmens wird wahrscheinlich als flexibel, methodisch und entscheidungsfreudig gelobt. Stellen Sie sich vor, es ist ein Jahr vergangen, und das Unternehmen ist auf dem absteigenden Ast. Derselbe Manager wird jetzt als orientierungslos, starr und autoritär beschrieben. Beide Beschreibungen hörten sich zu ihrem jeweiligen Zeitpunkt vernünftig an: Es wirkt geradezu absurd, eine erfolgreiche Führungskraft als starr und orientierungslos zu charakterisieren oder eine ums Überleben ringende Führungskraft als flexibel und methodisch zu bezeichnen.
    Tatsächlich ist der Halo-Effekt so stark, dass Sie vermutlich die Auffassung ablehnen, dieselbe Person und dieselben Verhaltensweisen würden methodisch erscheinen, wenn alles gut läuft, und starr, wenn die Dinge schlecht laufen. Aufgrund des Halo-Effekts drehen wir die kausale Beziehung um: Wir neigen zu der Auffassung, dass Firmen scheitern, weil ihr Chef zu unbeweglich ist, während es in Wahrheit so ist, dass der Chef unbeweglich erscheint, weil die Geschäfte der Firma schlecht laufen. So entstehen Erkenntnisillusionen.
    Der Halo-Effekt und

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