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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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Wahrscheinlichkeit, dass er zweimal hintereinander gewählt wird, 24 Prozent beträgt.
    Die relevanten »Regeln« für Fälle wie das Tom-W.-Problem stellt die Bayessche Statistik bereit. Diese einflussreiche moderne Statistiktheorie ist nach einem englischen Geistlichen des 18. Jahrhunderts benannt, Reverend Thomas Bayes, der den ersten bedeutenden Beitrag zur Lösung eines großen Problems lieferte: der Logik, wie Menschen im Lichte neuer Erkenntnisse ihre Einstellung ändern sollten. Die Bayessche Regel gibt genau an, wie bestehende Überzeugungen (in den Beispielen dieses Kapitels waren dies die Basisraten) mit der Aussagekraft der Erkenntnisse – dem Ausmaß, in dem sie die Hypothese gegenüber der Alternative begünstigen – kombiniert werden sollten. 5 Wenn Sie zum Beispiel glauben, dass 3 Prozent der Studenten Informatik studieren (die Basisrate), und Sie auch glauben, dass die Beschreibung von Tom W. mit vierfach höherer Wahrscheinlichkeit auf einen Studenten dieser Fachrichtung als auf Studenten anderer Studiengänge zutrifft, dann besagt die Bayessche Regel, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Tom W. Informatiker ist, Ihrer Überzeugung nach jetzt 11 Prozent betragen muss. Wenn die Basisrate 80 Prozent betragen hätte, wäre der neue Grad der persönlichen Überzeugung 94,1 Prozent. Und so weiter.
    Die mathematischen Details sind in diesem Buch nicht relevant. Wir sollten uns nur zwei Dinge über die Bayessche Logik und unsere Neigung, gegen sie zu verstoßen, merken. Erstens: Ungeachtet neuer Informationen über den konkreten Fall sind die Basisraten von Bedeutung. Dies ist oftmals nicht intuitiv einleuchtend. Zweitens: Intuitive Eindrücke über die Aussagekraft von Informationen sind oftmals übertrieben. Die Verknüpfung von WYSIATI und assoziativer Kohärenz lässt uns tendenziell die Geschichten glauben, die wir uns selbst ausdenken. Die wichtigsten Schlüssel zu einem disziplinierten bayesschen Denken lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
– Verankern Sie Ihr Urteil über die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses in einer plausiblen Basisrate.
– Hinterfragen Sie die Aussagekraft Ihrer Informationen.
    Beide Regeln sind einfach. Ich war betroffen, als ich erkannte, dass mir nie beigebracht worden war, wie man sie anwendet, und dass es mir selbst heute noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist.
    Zum Thema »Repräsentativität«
     
    »Der Rasen ist ordentlich geschnitten, die Rezeptionistin macht einen kompetenten Eindruck, und das Mobiliar ist geschmackvoll, aber dies bedeutet nicht, dass es ein gut gemanagtes Unternehmen ist. Ich hoffe, der Vorstand lässt sich nicht von Repräsentativität leiten.«
     
    »Es sieht so aus, als könnte dieses neu gegründete Unternehmen gar nicht pleitegehen, aber die Basisraten des Erfolgs in dieser Branche sind extrem niedrig. Woher wissen wir, dass es in diesem Fall anders ist?«
     
    »Sie machen immer wieder den gleichen Fehler: Auf einer dürftigen Datenbasis sagen sie seltene Ereignisse vorher. Wenn die Datenbasis schwach ist, sollte man sich an die Basisraten halten.«
     
    »Ich weiß, dass dieser Bericht absolut vernichtend ist, und er mag auf soliden Erkenntnissen basieren, aber wie sicher sind wir? Wir müssen diese Unsicherheit in unserem Denken mit einkalkulieren.«

15. Linda: Weniger ist mehr
    Das bekannteste und umstrittenste unserer Experimente drehte sich um eine fiktive Person namens Linda. Amos und ich dachten uns das Linda-Problem aus, um schlüssige Belege für die Rolle von Heuristiken in Urteilsprozessen und ihre Unvereinbarkeit mit den Regeln der Logik vorzulegen. 1 Wir beschrieben Linda folgendermaßen:
    Linda ist 31 Jahre alt, Single, freimütig und sehr intelligent. Sie hat Philosophie im Hauptfach studiert. Als Studentin interessierte sie sich sehr für Themen wie Diskriminierung und soziale Gerechtigkeit, und sie nahm auch an Anti-Atomkraft-Protesten teil.
    Die Zuhörer, die diese Beschreibung in den 1980er-Jahren hörten, lachten immer, weil sie sofort wussten, dass Linda an der Universität von Kalifornien in Berkeley studiert hatte, die damals bekannt war für ihre radikalen, politisch engagierten Studenten. In einem unserer Experimente legten wir den Probanden eine Liste mit acht möglichen Szenarien für Linda vor. Wie beim Tom-W.-Problem stuften manche die Szenarien nach ihrer Repräsentativität ein, während andere sie nach ihrer Wahrscheinlichkeit ordneten. Das Linda-Problem ist ähnlich, allerdings mit einer

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