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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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vorbei. Die Vibration des Motors ist bis hier oben zu spüren.
    Â»Wenn ich deiner Entscheidung noch etwas nachhelfen soll«, zischt Sarkov, »ich muss ihn nicht sofort töten.« Er tritt einen Schritt zurück und zielt auf Davids Genitalien. »Es geht auch Stück für Stück.«
    David starrt wie paralysiert auf die Waffe. Die Angst ist ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. »Jetzt gib ihm schon diesen verdammten Film«, fleht er.
    Â»Ich hab ihn nicht«, sagt Gabriel leise. Am liebsten würde er davonlaufen, aber seine Beine fühlen sich an wie brüchige Stelzen, seine Augen drücken in den Höhlen wie bei einem Fieberschub. »Ich weiß noch nicht mal, wovon du redest, Yuri. Der Safe war leer.«
    Â»Du verschwendest meine Zeit«, sagt Sarkov kühl. »Ich weiß, dass er im Safe war. Er muss da gewesen sein.«
    Gabriel ist wie gelähmt. Er will etwas tun, irgendetwas, aber er kann nur auf Sarkovs Zeigefinger starren, einen hageren, alten Finger mit gespannten Sehnen, der sich um den Abzug der Waffe krümmt.
    Â»Sieh ihn dir gut an, den Finger«, raunt Sarkov, dem Gabriels Blick nicht entgangen ist. »Es ist deiner. Dein Finger am Abzug. Du entscheidest, ob ich abdrücke oder nicht.«
    Gabriels Zunge ist ein trockener Schwamm, seine Hände sind wie festgebunden, sein Blick an die Waffe gefesselt. Dein Finger am Abzug. Wie damals. Unscharfe Bilder flackern auf, wie Scherben in einem Fluss. »Ich weiß nicht, was das soll, Yuri«, hört er sich sagen. »Ich hab ja noch nicht einmal eine Ahnung, was das für ein Film sein soll.«
    Â»Warum bist du nur so ein verdammt sturer Hund«, knurrt Sarkov. Sein Zeigefinger krümmt sich um den Abzug, er zielt aus dem Handgelenk – und feuert.
    Pow.
    Der gedämpfte Schuss klingt wie ein Messer, das in ein Kissen gerammt wird.
    David schreit auf, prallt zurück, gegen die Wand, und rutscht zu Boden. Entsetzt starrt er an sich hinunter, presst die Hand auf die Wunde. An der Innenseite seines Oberschenkels sickert Blut zwischen seinen Fingern hervor. »Scheiße, verdammt«, brüllt David und starrt Gabriel an. »Willst du, dass er mich umbringt?«
    Gabriel blinzelt. Er kann den Blick nicht von der Wunde abwenden, es fühlt sich an, als hätte er selbst geschossen. Ein Wirbel packt ihn und zieht ihn nach oben, rückwärts in der Zeit, wie Laub, das rückwärtsfliegt, zurück an den Ast, von dem es gefallen ist.
    Pow.
    Er hat immer noch den Schuss in den Ohren.
    Â»Reicht es dir immer noch nicht?«, schreit David. »Erst die Eltern und dann noch dein Bruder? Ist es das, was du willst?«
    Â»Es … Ich wollte das nicht«, stammelt Gabriel unsicher. Direkt vor ihm ist ein schwarzes Loch, die Stufen der Treppe sind dunkler werdende Balken, die hinabführen in den Keller.
    Pow.
    Der Schuss ist wie ein Loch in Gabriels Gehirn. Wie ein winziger stecknadelkopfgroßer Punkt. Ein Punkt am Ende eines Satzes, dessen Buchstaben sich langsam zu Worten verbinden und einen Sinn ergeben.
    Wo ist der Film?
    Der Film.
    Die Wörter hallen wie ein Echo in seinem Kopf. Die Frage Wo ist der Film? hat er schon einmal gehört. Früher. In einem anderen Leben. Es ist eine der letzten Fragen aus seinem alten Leben. Dem Leben, das mit elf Jahren zu Ende war, am 13. Oktober.
    Der Polizist hatte ihn das gefragt.
    Wo ist der Film?
    Und dann war er mit ihm die Treppe hinuntergegangen –
    ins Labor …
    Â»Gabriel, verdammt!«, schreit David.
    Gabriel sieht durch ihn hindurch. »Das Labor«, flüstert er. »Natürlich! Wir sind ins Labor gegangen.«
    Plötzlich herrscht Stille.
    Â»Du warst im Labor?«, sagt David fassungslos. »In Vaters Labor?« Sein Blick wandert zu Sarkov, der immer noch die Waffe auf ihn gerichtet hat, aber Gabriel anstarrt. Auf seinen grauen Wangen leuchten rote Flecken.
    Â»Ich … Nein, wir! Wir sind zusammen in Vaters Labor. Er hat alles durchwühlt.«
    Â»Er? Wer ist er ?«, fragt David.
    Â»Da war ein Polizist, er hatte zwar keine Uniform an, aber er war Polizist. Er hat danach gesucht, wie verrückt.«
    Â»Und er hat ihn gefunden und mitgenommen, nicht wahr?«, sagt Sarkov leise. »Er hat ihn mitgenommen und im Kadettenweg versteckt, im Safe. Und da hast du den Film dann gefunden. Gab es noch Kopien davon oder nur das Original?«
    David sieht von Gabriel zu Sarkov und wieder

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