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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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leise Zerplatzen von Tropfen zu hören.
    Â»Er lügt nicht«, sagt David plötzlich.
    Gabriel glaubt, sich verhört zu haben. » Du glaubst mir?«
    David nickt matt. »Das Telefon. Mir ist gerade das Telefon in dem Umschlag eingefallen und die krakelige Schrift darauf: von Liz Anders, für Gabriel Naumann.«
    Sarkov sieht an David vorbei, auf die Wand. Seine grauen Augen bewegen sich rasch hin und her, als stünde dort ein Schachbrett, das er konzentriert betrachten müsste. »Wann ist das passiert?«, fragt er schließlich leise.
    Â»An Liz’ Geburtstag, am 2. September.«
    Sarkov starrt ihn an. »Scheiße«, murmelt er. »Scheiße.«
    Â»Sag mir seinen Namen, Yuri. Das bist du mir schuldig«, fordert Gabriel.
    Sarkovs Lippen sind ein gerader Strich, durch den nicht einmal Atemluft dringt, geschweige denn ein Name. Langsam beginnt er rückwärtszugehen.
    Â»Yuri! Sag mir den Namen. Wer ist der Kerl?«
    Der Lauf von Sarkovs Waffe pendelt zwischen Gabriel und David hin und her, während er sich in den Flur zurückzieht, immer weiter, bis er durch die Wohnungstür verschwunden ist. Mit einem leisen Klicken rastet der Schnapper ein, als sich die Tür schließt.

Kapitel 43
    Wassen, Schweiz – 26. September, 21:46 Uhr
    Liz’ Hände halten das Lederlenkrad fest umklammert. Kontrolle! Endlich wieder Kontrolle. Das Gaspedal drückt kalt gegen ihre nackte Fußsohle, während der Motor des 3er-Touring- BMW s sie beängstigend schnell über die Straße treibt. Die Digitalanzeige im Tachometer zeigt 21:46 Uhr.
    Victor von Braunsfeld. Als sie den Namen gehört hatte, war ihr ein kalter Schauer den Rücken hinabgelaufen. Das Haus, in dem sie mehrere Wochen lang eingesperrt gewesen war, gehört also Victor von Braunsfeld! Aber was hat Victor mit alldem zu tun? Hat er überhaupt etwas damit zu tun? Vielleicht ist das alles nur ein Zufall, vielleicht ist Victor vollkommen ahnungslos.
    Sie starrt durch die Windschutzscheibe auf den hellen Fleck Straße vor der Motorhaube. Der Mittelstreifen jagt vor dem Auto her wie Leuchtspurmunition. Felsbrocken am Straßenrand huschen vorbei, graue Gespenster im Scheinwerferlicht. Victor von Braunsfeld. Sie kann sich noch genau an den Tag erinnern, an dem sie die Zusage für die Dokumentation bekommen hatte. Drei Tage mit einem der reichsten und mächtigsten Männer des Landes. Im Geiste geht sie noch einmal durch seine Villa, die exquisiten Möbel, unbezahlbare Bilder an den Wänden …
    Dann tauchen plötzlich Häuser auf, der Ortseingang von Wassen, direkt dahinter eine enge Kurve. Sie steigt hart in die Bremse, um nicht aus der Kurve zu driften. Ihr Unterleib schmerzt, als der Sicherheitsgurt in ihren Bauch schneidet.
    Im Ortskern nimmt sie den ersten Abzweig nach links, jagt die Sustenstrasse hinauf, wieder aus dem Ort hinaus. Das Licht der Halogenscheinwerfer fliegt über den Straßenrand. Zwischen den Bäumen blitzt plötzlich eine Lücke auf. Liz steigt in die Eisen und wirft den Rückwärtsgang ein. Nach etwa siebzig Metern hat sie den Abzweig erreicht, einen holprigen Waldweg, und biegt ab, in den stockdunklen Wald. Ihr Herz schlägt bis zum Hals.
    Bei laufendem Motor hält sie an, schaltet die Innenbeleuchtung ein und dreht die Heizung hoch. Bloß nicht das Licht ausschalten, denkt sie. Die Scheinwerfer lassen das Gestrüpp vor dem Wagen glühen, links und rechts von ihr ist tiefschwarze Dunkelheit. Eine Dunkelheit, in der sich alles verstecken kann. Sie versucht, sich auf das beruhigende Schnurren des Motors zu konzentrieren, aber es hilft nichts. Das Gefühl ist ganz plötzlich da und schnürt ihr die Kehle zu. Das Innere des Wagens ist wie eine viel zu kleine Zelle auf dem Grund eines Ozeans, und die Nacht drückt die Scheiben ein. Sie will nichts als raus aus der Enge, aber sie weiß, dass sie nicht aussteigen kann, nicht alleine in dieser Dunkelheit.
    Tu was, denkt sie. Egal was! Ihr Blick fällt auf das Handschuhfach des Wagens, und sie öffnet es. Im Innern des Fachs liegen Pfefferminzkaugummis, zerknüllte Quittungen, ein paar Schweizer Franken, und dann schließen sich ihre Finger um etwas Kühles, Schweres.
    Mit zitternden Fingern zieht sie eine silberne Pistole aus dem Handschuhfach und dreht sie ungelenk hin und her. Der Handgriff ist rotbraun und trägt den Schriftzug Sig Sauer, das untere Ende steht etwas

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