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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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unterschiedlichsten Menschen »aufzuschließen«. Dass Liz Anders ein Verhältnis mit von Braunsfeld haben soll, klingt schon absurd genug, denkt David. Aber noch absurder ist es, sie sich mit Gabriel zusammen vorzustellen.
    Â»Alles in Ordnung?« Shona steckt den Kopf aus ihrem Schnittraum und schaut ihn besorgt an. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    Touché. David blickt in ihre Augen und hat das Gefühl, sich darin zu verlieren. Braune Augen mit kleinen hellen Flecken, wie Bernsteine. »Ich … ich muss los. Ins Krankenhaus.«
    Shonas Brauen ziehen sich unmerklich zusammen. Dann nickt sie und angelt sich die Tasche mit ihrem Mac Book aus dem Schnittplatz. »Gibt’s in dem Krankenhaus auch Würfelzucker und was zu essen? Dann bring ich dich hin.«
    Â»Was?« David sieht sie verwirrt an. »Ich bin noch gar nicht sicher, welches Krankenhaus, ich muss erst mal telefonieren.«
    Â»Wenn der Überfall …«, sagt Shona gedehnt, »im Friedrichshain war, dann ist sie garantiert direkt in der Vivantes Klinik gelandet. Ist ja um die Ecke. Im Notfall nehmen die immer das nächstgelegene Krankenhaus.«
    David wirft ihr einen langen Blick zu.
    Shona zuckt mit den Schultern. »Du hast ziemlich laut gesprochen.«
    Â»Ist schon gut«, murmelt David. »Danke, ich fahr selbst …«
    Â»Hast du deinen Jaguar wieder?«
    David spürt, dass er rot wird, und Shona beißt sich augenblicklich auf die Lippen.

Kapitel 16
    Berlin – 2. September, 11:38 Uhr
    Gabriel läuft ruhelos neben der Pritsche auf und ab. Der steinharte Zellenboden unter seinen Sohlen ist abgewetzt und glänzt – eine über Jahrzehnte eingeschliffene Spur der Unruhe und Zweifel, wie ein Spiegelbild seiner derzeitigen Gedanken, die immer vor dieselbe Wand laufen.
    Wo ist Liz? Laufen, drehen und wieder: Wo ist Liz? Wieder laufen und drehen und so fort …
    Als er frustriert mit der Faust gegen die Betonwand drischt, antwortet seine Schulter postwendend mit stechenden Schmerzen. Wenigstens etwas Ablenkung.
    Dann knirscht das Türschloss. Mit einem metallischen Schleifen wird der äußere Riegel entsichert, und die Zellentür schwingt auf. Das Walross steht breitbeinig im Rahmen, neben ihm ein vierschrötiger Kollege mit raspelkurzen blonden Haaren, O-Beinen, einem breiten Hals und einem vorstehenden Kiefer, der unablässig einen Kaugummi zermalmt.
    Â»Raus«, sagt das Walross und deutet mit dem Kopf in Richtung Flur. In seinem Schnauzbart hängen Brotkrümel. »Der Chef will Sie sehen.«
    Â»Na endlich«, stöhnt Gabriel. Er tritt aus der Zelle in den Flur, wo ihn der Vierschrötige am Oberarm packt. Wieder zuckt ein brennender Schmerz durch seine Schulter.
    Die beiden Polizisten führen ihn an mehreren Zellen vorüber, durch eine Sicherheitstür und dann in ein nacktes Zimmer mit glatt verputzten fleckig grauen Wänden und einem braungelben Linoleumboden. Mitten im Raum steht ein Tisch mit Stahlgestell und verschrammter Holzplatte, darauf ein Mikrophon, das mit einem langen verknoteten Kabel an ein Aufnahmegerät angeschlossen ist. Die Sitzflächen der Hartplastikstühle sehen so einladend aus wie grobes Schleifpapier. Über dem Tisch schwebt eine verbeulte Lampe, die noch aus DDR -Zeiten zu stammen scheint.
    Der Vierschrötige deutet mit dem Kinn auf den vorderen der beiden Stühle, schließt die Tür und setzt sich selbst auf einen dritten Stuhl, direkt neben ihr.
    Gabriel setzt sich an den Tisch, die Tür im Rücken. Der Stuhl knirscht und ist sogar noch unbequemer, als er aussieht. Hinter ihm schmatzt der Polizist auf seinem Kaugummi herum. Das Geräusch macht ihn aggressiv.
    Zwanzig Minuten später walzt Grell in den Raum. Ein Dunst aus Nikotin, billigem Aftershave und gereizter Stimmung weht an Gabriel vorüber.
    Â»Herr Naumann«, sagt Grell, dann lässt er sich mit seinem ganzen Gewicht in den ächzenden Stuhl fallen und fixiert Gabriel. Er trägt den gleichen Cordanzug wie in der Nacht. Das Weiß in seinen Augen ist von geplatzten Äderchen durchsetzt, und unter ihnen liegen tiefe dunkelrote Schatten. Er schaltet das Aufnahmegerät ein, ohne den Blick von Gabriel zu lösen, und spricht übergangslos ins Mikrophon. »Aktenzeichen 1443 27-1000/5, Polizeidirektion 5, Abschnitt 51, Vernehmung im Mordfall Pit Münchmaier.« Anschließend leiert er

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