Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
Vom Netzwerk:
Schrotthaufen?«
    Â»Das kann auch lange vorher passiert sein.« Grells Lächeln gerinnt zu einer zynischen Fratze. »Ein Unfall, den es gar nicht gibt. Ein schwarzes Märchenkleid, das einfach so verschwindet. Türen, die sich von selbst schließen … ganz ehrlich, entweder Sie haben Halluzinationen, oder Sie wollen mich verarschen, mein Freund.«
    Gabriels Blick flackert einen Moment. »Ich weiß ja nicht, was das soll«, sagt er schließlich leise, »aber ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie mir da unbedingt was in die Schuhe schieben wollen.«
    Â»In die Schuhe schieben? Bisher haben Sie sich selbst reingeritten mit Ihren ganzen Lügengeschichten. Vom Widerstand gegen die Staatsgewalt mal ganz abgesehen … Wenn man sich Ihre Akte mal durchliest, dann wundert mich gar nichts mehr. Und ganz ehrlich, bei dem ganzen Kram, den Sie hier erzählen, da bin ich mir auch gar nicht mehr sicher, ob Sie überhaupt in einer normalen Zelle richtig aufgehoben sind.«
    Â»Was soll das heißen?«, fragt Gabriel tonlos, obwohl er nur zu gut weiß, worauf Grell hinauswill.
    Â»Es war etwas mühsam, noch jemanden aufzutreiben, der sich an Sie erinnert. Ist ja schließlich zwanzig Jahre her. Der einzige Kollege von damals, der noch praktiziert, ist Dr. Armin Dressler.«
    Gabriel erstarrt.
    Grells dunkle, leblose Augen bohren sich mitleidlos in seine. »Er war spontan bereit, etwas von seiner Zeit zu opfern, um Sie sich einmal anzusehen. Morgen früh um sieben, vor seiner Arbeit, wird er hier sein. Dann sehen wir weiter.«
    Augenblicklich, wie bei einem pawlowschen Reflex, wird Gabriel schwindelig, und seine Hände fangen an zu zittern.
    Hab ich’s dir nicht gesagt, Luke, heult die Stimme. Nicht die Kontrolle verlieren. Nie.

Kapitel 17
    Nirgendwo – 2. September
    Um Liz herum ist Watte, meterdicke Watte, die alles absorbiert bis auf ein paar leise Geräusche. Ihre Nase sitzt dick und geschwollen in ihrem Gesicht. Sie hängt an Seilen und Rohren, eines davon klafft aus ihrem Hals, und obwohl das Rohr in ihrem Hals so dick wie ihr Bein ist, ist es zugleich eng wie ein Halm. Sie liegt auf dem Grund eines tiefen Sees, versteckt, versenkt, und ihr Atem quetscht sich durch diesen Halm.
    Ihre Sinne sind taub, kaltgestellt.
    Sie weiß, dass sie Augen hat. Sie hat versucht, sie zu öffnen, aber sie sind wie zugenäht. Sie sieht von innen auf ihre Lider, Bilder huschen vorbei wie Sekundenblitze.
    So wie der stählerne Arm, der ihrer Kehle die Luft abschnürt. Sie versucht, nach einem weiß glitzernden Handy zu greifen, fasst aber immerzu ins Leere. Ein schwerer Stiefel kommt auf ihr Gesicht zugeflogen, immer näher, immer größer. Sie weiß, dass es weh tut, wenn der Stiefel ihr Gesicht erreicht, doch sie spürt nichts. Sie spürt noch nicht einmal ihren Bauch, in dem ihr Kind ist.
    Und plötzlich spürt sie doch etwas.
    Etwas Warmes, genau über der Stelle, wo ihre Augen sein sollten. Ihr ganzes Empfinden, ihr ganzer Körper, wendet sich der Wärmequelle zu, konzentriert sich auf diesen einen Punkt, wie ein verirrter Taucher, dem ein rettender Lichtstrahl den Weg aus der Tiefe des Sees weist.
    Plötzlich weiß sie, was es ist: eine Hand. Eine Hand auf ihrer Stirn.
    Ein flüsterleises stetiges Piepsen dringt in ihr Ohr, es raschelt, ihr wird kühl, und sie spürt Metall auf ihrem Körper. Die Haut zieht sich zusammen, dann gleitet das Laken wieder raschelnd über sie.
    Jetzt. Liz legt alle Kraft, die sie hat, in diese eine Bewegung. Ihre Lider flattern.
    Â»Ssssch«, hört sie eine Frauenstimme.
    Liz reißt die Lider auf. Das Licht explodiert in ihren Augen. Sofort muss sie blinzeln. Eine schemenhafte Gestalt hebt sich vor einer hellen Wand ab. Ihr heller Kittel und die schulterlangen blonden Haare lassen sie in dem blendend weißen Zimmer fast unsichtbar erscheinen. Ihr Blick ruht auf einem Kontrollmonitor mit Kurven und Zahlen, der direkt neben dem Bett steht und piept.
    Gott sei Dank! Ein Krankenhaus.
    Die Schwester sieht sie an. »Hallo? Hören Sie mich?« Ihre Stimme klingt spröde und seltsam traurig.
    Liz nickt. Wo bin ich?, will sie fragen, aber das Ding in ihrem Hals lässt sie nicht sprechen.
    Die Schwester lächelt. Ein freudloses Lächeln, aber ein Lächeln. »Sie mussten beatmet werden. Deshalb der Tubus in Ihrem Hals.«
    Liz nickt wieder.
    Ihre Pupillen

Weitere Kostenlose Bücher