Schnitt: Psychothriller
beiÃende Rauch und der Gestank. Aus dem Keller schallt ein dumpfes Hämmern. Gabriel zerrt wie besessen an seiner Hand. Weg hier. Seine kurzen dünnen Finger sind eiskalt und rutschig, er hat seinen Lieblingsschlafanzug an, den mit Luke Skywalker auf der Brust, den gleichen, den Gabriel auch hat â nur ein paar Nummern kleiner. Mutter liegt da, in ihrem Kopf und in ihrer Brust klaffen dunkle Krater, ihr heiles Auge starrt leer zur Decke, die Glieder sind seltsam verdreht, wie bei Vater, der in einer groÃen dunkelroten Lache schwimmt. Alles ist schwer wie Treibsand. Gabriel schreit und zieht an ihm, aber er â
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragt eine genervte Stimme.
David schüttelt die Erinnerungen ab. Vor ihm sitzt der Pförtner und starrt ihn mit kleinen schwarzen Pupillen aus einem teigigen Gesicht an.
»Ãh, ja. Entschuldigung, wir suchen eine Frau Liz Anders. Liegt sie hier?«
Der Mann kneift die Augen zusammen. »Anders? Den Namen hab ich heute schon mal gehört, warten Sie.« Er starrt auf seinen Bildschirm und tippt den Namen in eine Suchmaske.
»Sie ist letzte Nacht im Park überfallen worden und wahrscheinlich hier eingeliefert worden.«
»Aha«, brummt der Pförtner und tippt abermals etwas in seine Suchmaske.
»Wo liegt sie denn?«
»Na, hier jedenfalls nicht.«
»Sie ist nicht hier? Sind Sie sicher?«
»Wenn ich sage, sie ist nicht hier, dann ist sie nicht hier.«
»Haben Sie vielleicht eine Idee, wo man sie hingebracht haben könnte?«
»Nee. Beim besten Willen nicht.«
»Entschuldigung«, mischt sich Shona ein und lehnt sich ein wenig über den Tresen, gerade so, dass sich ihr Ausschnitt auf Augenhöhe des Pförtners senkt. »Sagen Sie, die Notrufleitstelle, müssten die das nicht wissen?«
Der Pförtner sieht zu Shona auf, dann pendeln seine schwarzen Augen zurück, zwischen die Stoffränder ihres locker geknöpften Hemdes. »Ãh. Schon. Ja.«
»Meinen Sie, Sie könnten«, ihre rechte Hand formt einen Hörer, »da vielleicht eben für uns anrufen?«
»Hören Sie, ich ⦠äh.« Seine Pupillen huschen hinauf, schielen dann wieder hinab. »Einen Moment bitte.« Wie ferngesteuert greift er nach dem Hörer und drückt eine Kurzwahltaste. Erfolglos versucht er, seine Blickrichtung zu ändern. »Helmut? â Ja, ich binâs. Hör mal, habt ihr letzte Nacht eine Liz Anders gefahren? Soll hier im Friedrichshain überfallen worden sein ⦠Ja, sicher ⦠Das weià ich auch ⦠Nichts? Auch niemand aus dem Friedrichshain? ⦠Da bist du ganz sicher?«
»Sie hat rote Haare, ist etwa Mitte dreiÃig«, sagt David.
»Rote Haare, höre ich gerade, um die 35 ⦠Nein? ⦠Komisch ⦠die Polizei? Ja, gute Idee, versuchâs mal.« Der Pförtner sieht zu Shona auf, hält die Sprechmuschel zu und raunt ihr zu: »Er fragt bei der Polizei nach ⦠dauert einen Moment.«
Shona nickt und trommelt mit den Fingern auf dem Tresen. David seufzt. Sein Blick wandert durch die Eingangshalle, und er ärgert sich, dass er hierhergekommen ist. Mit einem Anruf hätte er wahrscheinlich dasselbe erreicht.
»Wie?«, blökt der Pförtner ins Telefon.
David und Shona richten sich unwillkürlich auf.
»Verstehe ⦠nur der Mann ⦠Ja. Ja. Is ja schon gut. Danke.« Er legt auf und hebt die Schultern. »Tut mir leid. Sie habenâs gehört. Keine Liz Anders weit und breit. Gestern nicht und heute auch nicht. Und auch kein anonymes Unfallopfer, also jedenfalls keine Frau. Bei der Polizei ist gestern Nacht zwar der Ãberfall auf eine Frau im Friedrichshain gemeldet worden ⦠aber gefunden wurde nur eine männliche Leiche.«
»Eine männliche Leiche?«, fragt David. Sofort muss er an den Polizisten denken und an Gabriel, der gerade in Untersuchungshaft sitzt.
»Na, jedenfalls keine Frau. Von einer Frau keine Spur.«
»Oh, okay.« David nickt. »Trotzdem, vielen Dank.« War ja klar, denkt David. Wieso sollte es auch anders sein. Gabriel ist eben Gabriel.
»Vielleicht fragen wir noch mal in der Ambulanz«, schlägt Shona vor.
David verzieht das Gesicht. »Lass mal, vielleicht brauchen wir das gar nicht.«
Shona sieht ihn verwundert an.
David ignoriert den Blick. »Mein Magen hängt in den Kniekehlen. Der ganze
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