Schnitt: Psychothriller
ist.«
» Dich wird er schon gar nicht gehen lassen«, zischt Yvette.
»WeiÃt du, wie er heiÃt?«
Yvette sieht sie an, beinah feindselig. »Wenn ich es wüsste, dann würde ich es dir niemals sagen.«
»Yvette«, setzt Liz nach, » wenn du seinen Namen kennst, dann wird er dich niemals gehen lassen. Du weiÃt doch, wozu er fähig ist.«
Yvettes Zähne mahlen vernehmlich.
»Was würdest du an seiner Stelle tun?«
Auf ihren Wangen zeichnen sich rosa Flecken ab.
»Würdest du dich laufenlassen? Würdest du â«
»Halt den Mund!«, schreit Yvette. »Er heiÃt Val. Kapiert? Val!«
Liz zuckt erschrocken zusammen. Für einen Moment verliert sie die Kontrolle über ihre Muskeln, ein Strahl schieÃt in den Eimer. Rasch presst sie ihre Beine wieder zusammen.
Yvette lehnt sich plötzlich vor, jetzt rot im Gesicht, greift ihr zwischen die Schenkel und spreizt sie mit Gewalt auseinander. Liz schreit überrascht auf. Im selben Moment spürt sie, wie alles zu laufen beginnt, ohne dass sie es aufhalten kann.
»So, jetzt weiÃt duâs«, sagt Yvette. Mit feuchten grauen Augen starrt sie Liz an. »Und jetzt weiÃt du, dass er dich auch nie mehr laufenlassen wird. Nie mehr! Denn jetzt kennst du auch seinen Namen.«
Liz kann kaum mehr denken, die Geräusche unter ihr lassen sie vor Scham vergehen. Sie versucht, den Geruch zu ignorieren, doch es gelingt ihr nicht, auch nicht, als sie fertig ist.
Yvette greift ihr derb unter die Arme, zerrt sie hoch und hinüber auf ihr Bett, ohne sie sauberzumachen. Ihre grauen Augen funkeln wütend. »Du miese rothaarige Hexe. Er hat mich die ganze Zeit gewarnt.« Sie trägt Stuhl und Eimer zur Tür und schlieÃt auf. »Ich hab gedacht, du bist nicht so.«
Sie verlässt das Zimmer, wirft die Tür zu, und einen Augenblick später knirscht das Zylinderschloss.
Liz starrt erschöpft an die Decke.
Val.
Endlich ein Name. Es ist beinahe so, als würde ihr Peiniger etwas von seinem Schrecken verlieren, jetzt, wo er so etwas Gewöhnliches wie einen Namen hat.
Aber was sie beunruhigt, ist, dass sie das Gefühl hat, ihn schon einmal gehört zu haben, diesen Namen.
Vielleicht täusche ich mich ja auch, denkt sie und gibt sich ihrer Erschöpfung hin.
Kapitel 35
Berlin â 23. September, 20:23 Uhr
David legt den Hörer zurück auf die Gabel und starrt in den Regen hinaus, der in Böen an die Fenster seines Büros klatscht. Der gegenüberliegende Trakt des Senders verschwimmt hinter einem Wasserfall. Als er die Visitenkarte mit der Handynummer zurück in sein Portemonnaie steckt, zittern seine Hände. In seinem Kopf herrscht ein drückender Schmerz. Er fischt zwei Aspirin aus der Schublade seines Schreibtischs und kippt sie mit einem Schluck kaltem Milchkaffee hinunter. Dann wirft er einen Blick auf das Telefondisplay. Es ist 20:24 Uhr, er hat also noch eine gute Stunde Zeit, bis es so weit ist.
Am liebsten würde er die Tür absperren, sich auf dem Sofa in seinem Büro zusammenrollen wie eine Katze und einschlafen, tief und fest, für den Rest des Jahres und mit der Garantie, dass er nicht träumen wird. David reibt sich die Augen und seufzt. Als ob er jetzt ein Auge zutun könnte!
Wieder guckt er nach drauÃen, in den stürmischen Regen, und schaudert.
Der Himmel kotzt sich aus.
Könnte er nur dieses Bild loswerden. Es verfolgt ihn wie ein permanenter Alptraum und baut sich immer wieder aufs Neue vor seinem inneren Auge auf. Der Gesichtsausdruck seines Vaters, leblos und verzerrt, das groteske Einschussloch im Kopf seiner Mutter, die klebrige rote Lache auf dem Eichenparkett ⦠würde jemand sein Gehirn scannen â es käme dieses Bild dabei heraus.
Er versucht, sich Gabriel vorzustellen, Luke Skywalker auf der Brust und eine Waffe in der Hand, versucht, sich zu erklären, warum er geschossen haben sollte. Es gelingt ihm nicht.
Wenn der Regen nur alles davonspülen würde!
Er muss an Shona denken, die er vor wenigen Tagen im Santa Media hat sitzenlassen und bei der er sich immer noch nicht entschuldigt hat. Sein ganzes Leben ist aus den Angeln gehoben, wie eine Tür, die Gabriel eingetreten hat.
Er greift zu seinem Handy, ruft Shonas Nummer auf und wählt, als plötzlich das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelt. Fluchend drückt er Shona weg und nimmt den Hörer des Festnetztelefons
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