Schnitt: Psychothriller
dann ziehen Sie mich auch noch in Ihren Kleinkrieg mit Gabriel rein und verlangen, dass ich ihn hochgehen lasse â¦Â« David holt tief Luft. »Ja. âºNicht gutâ¹ ist da wohl eine angemessene Beschreibung.«
Sarkov lächelt ungerührt. »Ob Sie sich hineinziehen lassen oder nicht, ist Ihre Entscheidung.«
Davids Blick weicht Sarkov aus und bleibt am Lenkrad hängen. »Haben Sie den Umschlag?«
Sarkov mustert David mit schmalen Augen, dann greift er in seinen nassen Mantel und zieht den Umschlag heraus.
David starrt auf das weiÃe DIN -A4-Paket. Es ist trocken, bis auf ein paar Tropfen, der Mantel hat es vor dem Regen geschützt. »Gabriel wird nichts geschehen?«
»Das würde ich nicht übers Herz bringen«, antwortet Sarkov.
David greift nach dem Umschlag. Er fühlt sich schwer an.
»Und?«
David zögert, seine Pupillen huschen unruhig über die Sturzbäche auf der Windschutzscheibe. SchlieÃlich seufzt er. »Das Caesars Berlin, Zimmer 37.«
»Die StraÃe?«
»Die weià ich nicht«, sagt David. »Tut mir leid.«
»Hören Sie auf, sich zu entschuldigen. Ich kann Menschen nicht ausstehen, die sich dauernd entschuldigen.«
David schweigt betreten.
Sarkov macht Anstalten auszusteigen.
»Und ⦠der Rest?«, fragt David.
»Der Rest? Sie meinen, die Rechte an Treasure Castle ?«
David nickt.
»Ich hatte das nicht als Paket angeboten. Das waren Alternativen.«
»Das ⦠das hab ich anders verstanden.«
»Was denn?« Sarkov lacht spöttisch. »Wo ist Ihr Idealismus? Ich dachte, Sie würden Ihren Bruder nicht für Geld verraten.«
David starrt ihn nur an, ist unfähig, etwas zu erwidern.
Sarkov schüttelt stumm den Kopf. »Babuschka«, sagt er verächtlich.
»Wie bitte?«
»GroÃmütterchen ⦠Sie sind ein GroÃmütterchen â¦Â« Sarkov öffnet die Beifahrertür und steigt hinaus in den prasselnden Regen.
David öffnet den Mund, schlieÃt ihn wieder.
»⦠ein jämmerlicher Feigling.« Es klingt, als spucke Sarkov die Worte auf die StraÃe. Krachend wirft er die Autotür ins Schloss. Sein nasser Abdruck bleibt wie ein Gespenst auf dem Sitz kleben.
David schaut Yuris schmaler Silhouette nach, die im Wasserfall auf der Windschutzscheibe zerflieÃt.
Dann wandert sein Blick hinunter zum Umschlag. Er fühlt sich elend. Alles in ihm schreit nach Hilfe, am liebsten würde er Sarkov hinterherlaufen und alles rückgängig machen. Die Welt steht unter Wasser, denkt er, und ich ertrinke. Sein Telefon ist die Sauerstoffflasche, und er greift danach, um Shonas Nummer zu wählen. Obwohl er nicht weiÃ, was er sagen soll, hofft er nichts mehr, als dass sie drangeht.
Selbst wenn sie nur zuhört, während er nichts sagt.
Kapitel 36
Berlin â 24. September, 00:58 Uhr
Gabriel sieht zwischen den Gitterstäben hindurch, die das Grundstück umzäunen.
Lass es, Luke. Es bringt dir nur Scherereien.
Scherereien hab ich schon.
Am Ende stecken sie dich wieder in eine Zelle und schnallen dich fest.
Er späht in die Dunkelheit. Es ist ein Uhr nachts, der Wind zerrt an ihm und treibt schwere Wolken über den Himmel. Wenigstens hat der Regen aufgehört.
Er weiÃ, die Klinik ist da, verborgen hinter den hohen schwarzen Ahornbäumen.
Er fasst sich ein Herz und schlieÃt die Hände um die Vierkantstäbe des Gitterzauns. Dank der Patina findet er genug Halt, um sich emporzuziehen. In drei Metern Höhe klettert er über die nach innen gebogenen Zaunspitzen und springt auf der anderen Seite hinunter. Der nasse Boden gibt nach, und Gabriel sinkt mehrere Zentimeter ein. Der rechte Rucksackriemen zieht unangenehm an seiner schmerzenden Schulter.
Für einen Moment verharrt Gabriel in gebückter Haltung, wartet, ob er irgendeinen Alarm ausgelöst hat. Doch nichts regt sich. Mit Einbrechern rechnet man auf dem Gelände der Klinik nicht. Mit Ausbrechern dagegen schon.
Vorsichtig nähert er sich den ersten Bäumen. Die Erde unter dem Gras ist durchweicht und schmatzt unter seinen FüÃen; es riecht nach nassem Laub und Moder. Aus der Dunkelheit schält sich ein viergeschossiger Altbau in L-Form: die Psychiatrische Klinik Conradshöhe. Ursprünglich hatte das Gebäude zwei Seitenflügel, doch der Ostflügel fiel im Zweiten Weltkrieg einer Fliegerbombe zum Opfer und wurde
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