Schnittmuster
Ermittler zeigten auf die kostümierten Partyfreaks und stürmten die StraÃe hoch. Der Gwailo schien es verdammt eilig zu haben. Shen Sun grinste. Das war ja mal eine ganz neue Seite an dem Arschloch.
Der Anblick faszinierte ihn. Jacob Striker war die Besonnenheit in Person gewesen â in der Schule, bei den Kwans, im Krankenhaus. Und kalt wie Eis.
Warum die plötzliche Hektik?
Unvermittelt schwante es ihm. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Es gab bloà zwei Dinge, die diese emotionale Reaktion bei dem Heldencop auslösen konnten: Entweder war er hinter Riku Kwan oder hinter seiner Tochter Courtney her.
Shen Sun sprang aus dem Civic, schob die Pistole hinten in seinen Hosenbund. Von einer plötzlichen Euphorie beflügelt, setzte er zum Commercial Drive. Er stand kurz vor dem Ende seiner Reise: Er fühlte es. Es schien ihm mit einem Mal lange her, dass Kim Pham ihm das Versprechen mit Macau gemacht hatte, das von Shan Chu persönlich kam. Die Frage, wieso die Triads ausgerechnet ihn für das Massaker an der St. Patrickâs High auswählten, hatte sich Shen Sun nie gestellt. Nicht ein einziges Mal. Er wusste wieso. Weil er logisch handelte. Logisch und brutal. Er war emotionslos.
Darüber hinaus war er ein Ãberlebender .
Er hatte die Gräueltaten der Roten Khmer überlebt.
Die Mission an der St. Patrickâs High war einfach und plausibel gewesen: Töte das erste Kind von jeder Person, die die Gesetze der Gang nicht respektiert und sich in der versteckten Bank auf der Pandora Street bereichert hat. Fast dreiÃig Millionen Dollar waren weg. Eigentum der 14K.
Es war ein Sakrileg.
Das Frustrierende war, dass der Plan absolut perfekt war. Nach dem Tod ihres ältesten Kindes würden die Eltern sich der Idiotie ihrer Raffgier bewusst werden und das Geld freiwillig wieder herausrücken.
Es sei denn, sie wollten noch andere Kinder verlieren.
Ein paar naive Typen waren schnell beschafft. Sherman Chan, Que Wong und Raymond Leung wären als psychisch labile, jugendlich-durchgeknallte Killer durchgegangen, die Polizei und Ãffentlichkeit in Atem hielten. Und wenn die Bullen irgendwann anhand von Todeszeitpunkt und Blutgruppe festgestellt hätten, dass es noch andere mögliche Verdächtige gab, wären Shen Sun und Tran längst weg gewesen.
Weit, weit weg in Macau.
Im Kriminellenmilieu hätte jeder um den wahren Grund für die Morde gewusst â weil in der Unterwelt die Gerüchteküche brodelte. Davon abgesehen kannte jeder Gangster die Gesetze in diesem Business und wusste, was passierte, wenn man Triads bescheiÃen wollte.
Der Preis war hoch: das erste Kind.
So war es immer gewesen, seit Jahrhunderten.
Shen Sun brauchte keine Motivation für den Job. Ihm genügte es, als WeiÃer Papierfächer an Shan Chus Seite zu sein, in der traumhaften Stadt Macau.
Das war die vollkommene Harmonie.
Das war Macht .
Shen Sun lief auf den Drive, mischte sich in die Menge. Die Parade of Lost Souls war eine Kostümparty, die unter freiem Himmel stattfand. Mehr als zehntausend Leute waren dort. Seine Auftraggeber hatten ihm Fotos von Riku Kwan und Courtney überlassen.
Eines der beiden Mädchen war hier irgendwo in dem Trubel.
Davon war Shen Sun überzeugt. Und dieses Mal gehörte die Nacht ihm. Denn Tran war bei ihm, sein Geist schwebte irgendwo über ihm. Das gab Shen Sun den nötigen Kick. Das Zutrauen. Dieses Mal wäre er nicht zu stoppen. Der Gwailo war so gut wie tot. Und Shen Sun würde seinen rechtmäÃigen Platz in Macau einnehmen. An diesem Ziel arbeitete er seit zwanzig langen Jahren. Sein Ehrgeiz hatte ihn Vater und Tran gekostet. Sein Ehrgeiz würde jedoch bald Früchte tragen.
Alles, was es dafür brauchte, waren zwei weitere Morde.
Finale
89
Der Grandview Park war proppenvoll, als Courtney und Raine endlich dort ankamen. Nachdem sie sich von der Spontanparty in der Ekelbude von Ques Freund abgeseilt hatten, waren sie direkt zur Parade of Lost Souls auf dem Commercial Drive gelaufen. Courtney war total euphorisch, dass Bobby mitkam. Er hatte einen Freund dabei, irgendeinen Tom oder Shaun oder John oder so ähnlich. Sie konnte sich nicht richtig entsinnen â nach drei Fläschchen Cooler und zwei Cola mit Cherry Brandy â, aber er war groà und sah gut aus.
Ein Glück für Raine. Que hatte sie wieder mal versetzt â aber das war gar nicht tragisch, weil sie Bobbys Freund zu
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