Schnitzelfarce
Anlass nicht so
ernst gewesen, Palinski hätte seine Freude an diesem Panoptikum gehabt.
Ehe der Minister es verhindern konnte, hatte sich ein kleiner
Brillenträger mit einem Anflug von Ziegenbart vor Palinski aufgebaut und
fauchte ihn an.
»Sind Sie Palinski ?« , wollte der Wicht
wissen. Der ging nicht weiter auf diese Unhöflichkeit ein. So formlos durften
ihn nur seine Freunde ansprechen. Und dieser Zwerg zählte sicher nicht dazu. Er
wollte schon weitergehen, als sich ihm der Winzling wieder in den Weg stellte.
»Haben Sie überhaupt eine psychologische Ausbildung ?« , fuhr der Pikkolo sein gut 30 Zentimeter größeres
Gegenüber an.
»Haben Sie überhaupt eine Erziehung genossen, mein Kleiner«,
auch Palinski konnte Gift spritzen, wenn es sein musste. »Gehen Sie mir aus dem
Weg, bevor ich mir ein Zimmer nehme und Sie in der Minibar frieren lasse .«
Endlich griff der Innenminister in das Geschehen ein.
»Guten Abend, Herr Palinski. Ich sehe, Sie haben Dr.
Würmler-Dolm schon kennen gelernt, einen unserer besten Psychologen vom BKA«,
Dr. Fuscheé lächelte etwas verkrampft. »Man sieht es ihm vielleicht nicht an,
aber er ist einer unserer Größten .«
»Ich muss nochmals protestieren«, ereiferte sich einer der
Größten. »Wenn Pa..., Herr Palinski keine psychologische Ausbildung hat, wie
soll er dann eine Vertrauensbasis mit dem Geiselnehmer aufbauen? Ich finde nach
wie vor, dass ich das Gespräch führen sollte .«
»Herr Palinski braucht keine Vertrauensbasis mit Herrn Mraz
aufzubauen«, jetzt wurde es dem Minister langsam zu viel. »Weil diese Basis
bereits besteht. Sonst hätte Mraz ihn wohl kaum ausdrücklich verlangt. Ich will
jetzt nichts mehr hören .«
Beleidigt zog sich Würmler-Dolm zurück, nicht ohne Palinski noch
einen bösen Blick zuzuwerfen. So einen der Art »Du wirst schon noch in meine
Gasse kommen.«
»Der Doktor ist von einem fast schon ungesunden, auf jeden Fall
aber lästigen Ehrgeiz«, flüsterte Fuscheé Palinski zu. »Sein Chef ist derzeit
auf Urlaub. Daher müssen wir mit dem Kleinen vorlieb nehmen .« Er zuckte mit den Achseln. »Was soll ich machen ?« Er
führte Palinski in eine Fensternische. »Ich wollte Sie nur nochmals an die
Notwendigkeit strikter Geheimhaltung erinnern. Wir wissen ja noch nicht, warum
der Chauffeur Ansbichlers plötzlich so durchdreht. Also ich habe ein sehr
schlechtes Gefühl. Vergessen Sie also nicht die übergeordneten Interessen des
Staates .« Dann entließ er Palinski in seine Aufgabe.
Kurz vor Betreten des inzwischen durch das Schließen der
Trennwände wieder zweigeteilten Festsaales hielt ihn auch noch ›Miki‹
Schneckenburger auf.
»Ich wollte dir nur toi, toi, toi wünschen. Ja, und Hauptmann
Kurz möchte dir noch etwas sagen«, er deutet auf einen verwegen aussehenden
jungen Mann in der Uniform der Sondereinheit.
»Herr Palinski.« Alleine an der Art, wie der Hauptmann ihn
ansprach, konnte der Angesprochene unschwer erkennen, was der martialisch
aussehende Polizist von Zivilisten hielt, die sich in sein Handwerk
einmischten. »Wir bringen gerade unsere Scharfschützen im gegenüberliegenden
Haus in Stellung. Das sollte in ein paar Minuten abgeschlossen sein. Wenn Sie
den Geiselnehmer dann hinter seiner Deckung«, er meinte wohl das Metallgestell
mit dem Bild Carola Schmucks »hervor und vor das letzte oder vorletzte Fenster
locken könnten, ist der ganze Zauber in eins, zwei, drei vorüber .«
Spätestens die vielsagende Geste mit der rechten Hand und das
leise ›Peng‹ des Hauptmanns machten Palinski klar, was man von ihm erwartete.
Er war über diese ungeheuerliche Zumutung derart entsetzt, dass er sich nur
wortlos abwandte und in den Festsaal ging. Man oder zumindest dieser Kurz
dachten allen Ernstes, dass er Mraz zum Abschuss freigeben würde. Einfach so.
Es war wirklich zum Kotzen.
* * * * *
Die Geduld von Wilmas Zimmergenossinnen wurde
auf eine harte Probe gestellt. Der Kommentator hatte zwar schon mitgeteilt,
dass »Palinski bereits im Hause sein soll .« Dann hatte
er sich in Spekulationen ergangen, um wen es sich bei diesem geheimnisvollen
Mann handeln könnte und die Zuseher und Zuseherinnen über die in Umlauf
befindlichen Gerüchte informiert.
Wilma fand es richtig interessant und hätte
unter anderen Umständen auch herzlich darüber gelacht, was ihr Mario so alles
sein sollte: Der Leiter einer psychiatrischen Anstalt, in der der Geiselnehmer
vor
Weitere Kostenlose Bücher