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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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ist meine Heizung kaputt, und der Installateur lässt auf sich warten. Ich bitte Sie also lieber nicht, abzulegen.«
    Ihre neue Klientin schüttelte den Kopf wie ein junger Hund und nickte wissend.
    »Immer das gleiche mit den Handwerkern«, meinte sie, während die Wassertropfen spritzten, und setzte sich auf die vordere Kante des Besuchersessels. Eine seltsame Mischung aus Heiterkeit und Nervosität umspielte ihr Gesicht. Da huschte ein Lächeln vorbei, dann zuckte eine Augenbraue, sie fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen und ließ den Blick hektisch durch den Raum eilen.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Katinka, schob ihre Buchhaltungspapiere zusammen und zog ein neues Notizblatt hervor.
    »Ich …«, kam es zögernd, um sofort zu verstummen.
    Erfahrungsgemäß war das der schwerste Moment im Kundengespräch. Die Klienten mussten sich erst warmlaufen. Sie erschienen Katinka oft wie stotternde alte Motoren, im Zaum gehalten von Hemmungen, Vorurteilen Privatdetektiven oder Frauen oder beidem in Kombination gegenüber. Oft jedoch war der Auftrag, den sie Katinka erteilen wollten, der Kern des Problems. Viele nahmen es als Eingeständnis eigener Unzulänglichkeit, wenn sie mit irgendetwas in ihrem Leben nicht klarkamen. Das war ungefähr so logisch, wie sich schuldig zu fühlen, wegen Migräne einen Arzt aufzusuchen, fand Katinka. Sie verließ sich auf ihre mittlerweile zweijährige Erfahrung im Geschäft. Bot einen Kaffee an oder entschuldigte sich für einen Moment, um in ihrem Nebenraum zu verschwinden und den Leuten Zeit zum Durchatmen zu geben. Manchmal genügten auch ein Augenzwinkern und ein einladendes Lächeln. So wie jetzt.
    »Mein Mann …«, begann die junge Frau, »geht fremd. Glaube ich.«
    Katinka schrieb geht fremd auf ihr Blatt.
    »Das Problem ist … ich bin mir so unsicher. Wir haben doch erst geheiratet, im vergangenen September.«
    Vorsicht, mahnte sich Katinka. Vorsicht mit der weiblichen Solidarität. Der Kerl ist vermutlich ein Saftsack, aber im Zweifelsfall für den Angeklagten.
    »Ich bin schwanger. Zweiter Monat erst, naja.« Die junge Frau lächelte schüchtern. »Aber ich muss einfach wissen, was Henryk treibt, verstehen Sie?«
    Es fiel Katinka schwer, neutral zu bleiben, als sie den Namen auf ihr Papier kritzelte und fragte:
    »Wieso nehmen Sie an, dass Ihr Mann fremdgeht?«
    »Naja, er kommt abends spät, behauptet, er hätte noch in der Firma zu tun, geht aber nicht ans Telefon.«
    »Wo arbeitet er?« Katinka schrieb Firma auf den Zettel.
    Ihre neue Klientin wurde rot.
    »Das … will ich lieber nicht sagen.«
    Na gut, dachte Katinka.
    »Gibt es sonst Anhaltspunkte? Warum sollte er fremdgehen, wenn er nicht erreichbar ist? Er könnte sich mit einem Kollegen treffen.«
    Die andere zögerte.
    »Das glaube ich nicht«, kam es schließlich.
    »Warum nicht?«
    »Wo sollte er ein Geschäftstreffen haben, wenn nicht in der Firma?«
    »In einer Kneipe, in der Sauna, im Fitness-Studio«, schlug Katinka vor. »Männer reden überall über die Arbeit.«
    Die junge Frau druckste ein wenig herum, bevor sie sagte:
    »Beschatten Sie ihn. Nur für einige Tage. Es geht mir einfach darum, Sicherheit zu haben. Verstehen Sie?«
    Katinka lehnte sich zurück. Selbstverständlich verstand sie, was ihr da bevorstand. Etliche langweilige Stunden in Autos und an dunklen Hausecken. Hochklettern an Baugerüsten, um Einblick in fremde Schlafzimmer zu bekommen, wo zwei Leute Spaß hatten. Ein paar Fotos schießen und ein oder zwei Leben mächtig durcheinanderbringen.
    »Haben Sie ein Foto von Ihrem Mann dabei?«
    Katinka erwartete ein Hochzeitsfoto oder eine Porträtaufnahme. Stattdessen reichte die andere ihr ein verschwommenes Bild in Schwarz-weiß von einem Typen mit australischem Farmerhut, in dessen Schatten sein Gesicht beinahe völlig verschwand.
    »Oje«, sagte Katinka. »Darauf erkenne ich aber nicht viel.«
    »Morgen ist Samstag, da geht Henryk nach der Arbeit gerne in den Rio-Club , ein Bier trinken.«
    »Samstags? Nach der Arbeit?«
    Wieder färbten sich die Wangen der jungen Frau rot. Katinka runzelte die Stirn. Argwohn flirrte durch ihren Magen.
    »Tja«, sagte ihre neue Klientin ungeduldig. »So ist das. Gegen 23 Uhr. Wenn Sie ihn da treffen …«
    Katinka notierte Rio-Club .
    »Machen Sie’s? Ich meine: Übernehmen Sie den Auftrag?«
    Das schien alles dürftig. Zu dürftig.
    »Ich brauche noch einige Informationen«, sagte Katinka. »Wie diskret soll es sein? Darf er mich sehen?

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