Schöne Bescherung
des Tyrannen.«
Was hat Skolny vor, dachte Plotek. Irgendwas führt er im Schilde. Das ist sicher kein Zufall, dass er mit seinem verhassten Vater zur gleichen Zeit in Karlsbad weilt. Er will mit ihm Weihnachten verbringen, sinnierte Plotek. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht will er was ganz anderes.
Skolny hustete wieder, beugte sich nach vorn und spuckte in sein Taschentuch. Dann ging er ins Schlafzimmer zu den beiden Nutten. Ein paar Minuten später kam die Blonde heraus und setzte sich aufs Sofa. Nebenan wurde leise geredet.
»Plotek!«
»Mascha, du?«
Maschas großer Zeigefinger mit dem angemalten spitzen Nagel winkte Plotek zu sich.
»Komm!«
Plotek stand auf und setzte sich neben sie. Doch als sie anfing, an seinem Hemd herumzunesteln, hielt Plotek ihre Hand fest.
»Nix ausziehe?«
Plotek schüttelte den Kopf.
»Aber Glatzemann alles bezahle!«
»Sei froh!«
Mascha grinste. Plotek grinste auch. Er schenkte ihr ein Glas Champagner ein. Sie stießen an, während von nebenan Schmatz – und Flüstergeräusche kamen.
»Bald ich in Munichen.«
»Wie das?«
»Gute Freund, hilft mir.«
»Glatzemann?«
»Nix Glatzemann, Hans.«
»Hans?«
Sie nickte.
»Hans-Hermann Mettke?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Reiseleiter?«
Sie nickte wieder und schaute ihn aus ihren stahlblauen Augen erstaunt an. »Du kenne?«
Plotek zog den Reiseprospekt aus seiner Cordjacke und zeigte auf das Bild, unter dem Hans-Hermann Mettke stand. Die polnische Prostituierte strahlte.
»Tot«, sagte Plotek.
Jetzt strahlte die Nutte nicht mehr. So schnell kann’s gehen. Da kam der alte Goethe wieder mit ins Spiel, soll heißen: erst himmelhoch jauchzend, dann zu Tode betrübt. Nebenan wurde jetzt leise gestöhnt.
»Nein!«
»Doch. Ermordet.«
»Nein!«
»Doch.«
»Wie du wisse?«
»Fernsehen.«
»Hans aber helfe mir.«
»Hans hilft niemandem mehr.«
»Hans sage habe, er helfe mir.«
»Ach so, und wie?«
»Bus.«
»Im Bus vom Schnabel?«
Sie schluchzte und nickte.
»Ja, aber wie, du hast doch gar keine Papiere?«
»Nix Papiere.«
»Visa?«
»Nix Visa.«
»Wie dann? Wie willst du dann über die Grenze kommen?« »Nix wisse, Hans sage, mir helfe, in Bus über Grenze, niemand sehe.«
»Das hat er gesagt?«
Sie nickte und weinte jetzt leise vor sich hin, während nebenan lauter gestöhnt wurde. Plötzlich weinte sie nicht mehr, richtete sich auf und beugte sich zu Plotek. Ihre großen Brüste lagen jetzt auf seinem Hemd, ihr Gesicht war ganz dicht neben seinem. Er roch ihr süßes Parfüm und sah die verschmierten Schminkstriche unter ihren Augen.
»Du mir helfe!«
»Aber, aber ich . . . wie soll denn ich . . .«
»Wie Hans.«
»Was?«
»Du Reiseleite!«
»Wie weißt du das?«
»Glatzemann.«
Sie schmiegte sich jetzt an Ploteks Brust. Küsste wild auf Ploteks Cordjacke ein, dann an seinem Hals entlang bis hinauf zum Gesicht. Jetzt muss man wissen, das Plotek diese Küsserei gar nicht angenehm war, eher Gegenteil. Halbherzig versuchte er, Mascha auf Abstand zu halten. Aber vergiss es. Sie hatte sich offenbar in eine Art hysterischen Kussangriff verrannt, gepaart mit flehentlichen Bitten: »Bitte, bitte, du mir helfe, bitte! Bitte.«
Da konnte Plotek schließlich nicht mehr anders. »Ja, ja, ist ja gut, lass das.«
»Du mir helfe!«
»Ja doch.«
Sie stellte das Küssen ein, ließ von ihm ab und dann ihren Kopf erschöpft auf seine Brust rutschen. Sie hauchte zuerst etwas lauter, dann immer leiser: »Danke, danke«, bis sie schließlich nur noch ganz leise, fast lautlos vor sich hinschluchzte.
Nebenan quietschte jetzt die andere Nutte wie ein Ferkel, so laut, dass Plotek sich die Ohren zuhalten musste. Dann war plötzlich Ruhe. Kurze Zeit später lautes Husten, dann nichts mehr. Jetzt war es auch im anderen Zimmer ganz still.
Plotek blieb mit der Prostituierten auf der Brust noch eine Weile liegen. Ihm war schwindelig. Die Möbel im Zimmer schienen sich zu bewegen. Die zwei Flaschen im Kübel kreisten. Er sah alles verschleiert. Oh nein, nicht schon wieder, dachte er und dann an die rhegmatogene Netzhautablösung. Er wollte aufstehen – aber vergiss es. Er fühlte sich zu schwach. Noch ein wenig hier sitzen, dachte er, Kräfte sammeln. Doch je länger er auf dem Sofa saß, umso erschöpfter fühlte er sich. Schließlich war er so erschöpft, dass er eindöste – halb schon schlafend, halb noch wach.
Wie lange Plotek neben der Nutte saß, konnte er nicht sagen. Fünf Minuten,
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