Schöne Bescherung
überhaupt keine Frage und die auch gar nicht an Skolny gerichtet.
»Warum sollte ich?«
Plotek dachte lange nach. Währenddessen wieder langes Schweigen und nichts außer »Prost« und »Prost«.
Dann: »Weil Sie Zwerghasen in Handtaschen hassen, vielleicht.«
Skolny lachte wieder sein raumfüllendes gut gelauntes Lachen. Dann hustete er, dass Plotek ihm wieder auf den Rücken klopfen musste.
»Vielleicht sollten Sie weniger rauchen«, sagte Plotek, während sich Skolny noch eine filterlose Zigarette ansteckte.
»Zu spät.« Zündete sich Plotek eben auch eine an.
Sie rauchten still vor sich hin. Dann drückte Plotek seine Zigarette im Aschenbecher aus und ging aufs Klo.
Er stellte sich in eine der Kabinen, schloss die Tür hinter sich ab und plätscherte laut in die Kloschüssel. Jetzt muss man wissen, dass Plotek schon immer Schwierigkeiten hatte in Anwesenheit anderer zu urinieren. Oft stand er minutenlang vor dem Pissoir, den Schwanz in der Hand, mit ungeheuerem Druck auf der Blase, und konnte nicht pinkeln, weil neben ihm gerade ein anderer pinkelte. Natürlich ist das dann peinlich. Ständig musste er, mit dem Schwanz in der Hand, daran denken, was der andere jetzt neben ihm bloß dabei denken musste. Je mehr Gedanken, umso weniger Urin. Quasi, gar kein Urin. Oft hat er seinen Schwanz unverrichteter Dinge wieder eingepackt und sich mit voller Blase und noch schmerzhafterem Druck davongeschlichen. Um das zu verhindern, stand er jetzt in der Kabine.
Als Plotek fertig war, spülte und gerade die Kabine verlassen wollte, hörte er die Tür. Jetzt bloß niemandem begegnen, dachte er und ließ die Kabinentür wieder leise ins Schloss gleiten. Er setzte sich auf den Klodeckel und wartete. Er hörte einen kräftigen Strahl im Pissoir. Dann noch einen. Dann eine Stimme, die ihm bekannt vorkam.
»So einfach ist das nicht!« Schnabel.
Dann eine andere Stimme, die er noch nie gehört hatte.
»Wenn drei gehe, dann gehe auch fünf!«
»Unmöglich.«
»Nix unmöglich.«
»Und das andere Zeug – wo soll das alles hin?«
»Die Knaller gehe gut, nicht groß, Kids dazwischen – wir mache große.«
»Noch größer? Mensch, das fällt doch auf!«
»Nix auffalle – gut mache, dann alles okay.«
»Du hast leicht reden, du musst ja den Kopf nicht hinhalten.«
»Du Kopf, du Geld. Du nix leiste könne Angst, kapito?«
»Ja, ja – aber dann musst du auch noch was drauflegen. Größeres Risiko, größerer Gewinn.«
»Nix größere Risiko!«
»Oh doch, viel größeres – also was ist?«
»Okay, zehn Prozent mehr.«
»Zehn? Du spinnst doch – zwanzig!«
Lachen. Dann hemmungsloses Furzen. Wieder Lachen.
»Fünfzehn.«
»Okay, fünfzehn, aber das ist das letzte Mal, klar? So geht das nicht. Das nächste Mal will ich das vorher wissen, einverstanden?«
»Einverstande.«
Schritte jetzt. Kein Wasserhahn, kein Gebläse, nur eine Tür – dann nichts mehr. Drecksau, dachte Plotek erstens und wartete noch ein paar Minuten auf dem Klodeckel sitzend in der Kabine. Und zweitens, das sind also wohl die anderen organisatorischen Dinge, mit denen Ferdinand Schnabel zu tun hatte. Dann verließ er die Toilette. Er ging in die Bar zurück. Skolny war verschwunden. Auf einem der Barhocker lag ein Bierdeckel, auf dem mit Kugelschreiber Zimmer 323 – Ich warte auf Siel geschrieben stand.
Plotek klopfte.
»Herein.«
Plotek trat ein, ging den kleinen Flur entlang am Bad vorbei. Es waren zwei Zimmer, eine Suite, mindestens doppelt so groß wie sein Zimmer im ersten Stock und um einiges prächtiger. Auf einem großen Sofa saß Skolny, nur in Unterhose und Unterhemd. Dazu trug er weiße Tennissocken. Neben ihm zwei ebenfalls nur leicht bekleidete Frauen in Unterwäsche. Beide sahen aus, als kämen sie direkt aus dem hoteleigenen Pay-TV. Eine frappierende Ähnlichkeit mit den ›Versauten Sekretärinnen war nicht zu übersehen. Eine der Damen kraulte Skolnys graues Brusthaar, das am Hals unter dem Unterhemd frech hervorlugte. Die andere strich mit ihren zehn langen Fingern auf seinem dicken Bauch herum, als wäre der besonders zerbrechlich. Die rot lackierten Fingernägel sahen auf dem weißen Stoff aus wie kleine sich bewegende Blutflecken. Plotek beobachtete die kreisenden roten Punkte, während Skolny lachend sagte: »Machen Sie sich’s bequem und bedienen Sie sich!«
Plotek setzte sich in einen Sessel, der neben dem kleinen Glastisch stand, wo zwei Champagner-Flaschen aus silbernen Kübeln guckten, den Blick noch immer
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