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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Serviermädchen kam unaufgefordert an den Tisch und schenkte Plotek Kaffee nach. Wie die bloß aus der Ferne sehen konnte, dass die Tasse leer war, dachte Plotek. Vielleicht zählen sie die Anzahl der Schlucke mit. Auch ihr hätte er am liebsten die Zunge herausgestreckt. Er nahm die volle Tasse und trank sie auf ex.
    »Ah – Scheiße.«
    »Was ist?«
    »Verbrannt.«
    Wieder grinste Silke Klein. Und wieder war das Serviermädchen sofort am Tisch, zwar noch immer lächelnd, doch mit einem Hauch von Verwunderung, und goss Kaffee in die Tasse. Ein bisschen auch daneben – weil sie erschrak. Der Grund war ein Klingeln vom anderen Ende des Saals. So laut und aufdringlich, dass nicht nur das Serviermädchen vor Schreck zusammenzuckte, sondern auch alle anderen guckten, als ob das Deckengemälde bröckelte oder sich Chopin auf dem Klavier in den Boxen vergriffen hätte. Hätte Chopin die Melodie des Handygeklingels hören können, er hätte sich nicht nur verspielt, er hätte das Handy samt dessen Besitzer mit dem Flügel erschlagen. Das war quasi chopinsches Gegenprogramm, musikalisch jetzt.
    ›Über sieben Brücken musst du gehn‹ pfiff es durch den Saal. Dann ein leises »Ja«, ein paar Sekunden nichts und dann ganz laut: »Nein, Himmelherrgottsakrament!« Dann wieder etwas leiser, aber noch immer gut zu verstehen: »Das geht nicht, das krieg ich nicht rein. Außerdem ist es zu gefährlich.«
    »Schnabel!«, zischte Silke Klein, und »Bauerntrampel!« und »Taktloser Wichtigtuer!«
    Plotek drehte sich um. Tatsächlich: Da saß er mit rotem Kopf und blauem Auge, auf Stirn, Wange und Kinn große Pflaster, und schimpfte mit zuckendem Schnauzbart ins Mobiltelefon. Als der Kellner mit der weißen Jacke unter den Blicken der anderen Gäste zu ihm unterwegs war, stopfte er das Handy hastig zurück in die Hosentasche, stand auf und verließ hinkend, aber mit schnellen Schritten den Frühstückssaal. Unterwegs zu den anderen organisatorischen Dingen, dachte Plotek, als Silke Klein »Sehen Sie den Mann, der neben dem Buffet am Eingang sitzt?« fragte.
    Ich schon, hätte Plotek sagen können, aber Sie doch nicht.
    »Das ist Dr. Tod, der berühmte Professor der plastinieren Leichen.«
    Wie wollen Sie das denn wissen?, dachte Plotek und brummte wieder vor sich hin.
    »Es gibt Menschen, die werden in einem Grandhotel mit ihrem guten – na ja – Namen bedient.«
    Er blickte kurz nach links und dachte: Tatsächlich. Und: Was macht der denn hier?
    »Vielleicht ist er auf der Suche nach frischen Leichen.«
    Plotek blieb das Lachsbrötchen im Halse stecken. Silke Klein grinste.
    »Wie wär’s mit Ihnen?«, fragte sie und guckte Plotek provozierend an, als würde ihr sein mürrischer Gesichtsausdruck Freude bereiten.
    »Gerne, aber erst nach dem Frühstück.« Plotekscher Zynismus jetzt. Dann kaute er wieder auf seinem Brötchen herum und dachte, na ja, nicht dass ich wahnsinnig am Leben hängen würde, aber bevor ich mich von diesem Zombie mit Hut einlegen lasse, plädiere ich für die Unsterblichkeit.
    »Und Sie?«, fragte er.
    »Mir genügt es, den Menschen durch meine Anwesenheit zeitlebens auf die Nerven zu gehen. Da muss ich nicht auch noch nach dem Tod für ein Grummeln im Magen sorgen.«
    Auch Zynismus jetzt. Quasi Gleichstand. Er schob sich einen weiteren Bissen in den Mund und sagte schwer verständlich: »Der kriegt doch seine Leichen von freiwilligen Spendern und nur mit Zustimmung der Betroffenen.«
    »Sagt er, ja. Aber wer’s glaubt. . .«
    »Sie nicht?«
    »Ich bin blind, aber nicht blöd.«
    Plotek nahm einen Schluck aus der Kaffeetasse.
    »So viele Freiwillige gibt es doch gar nicht«, sagte Silke Klein. »Zumindest nicht so schnell wie benötigt. Ein Freiwilliger muss zuerst sterben. Und das Leben dauert. Gekaufte Tote sind fixer.«
    Woher sie das alles weiß, dachte Plotek und stand ein wenig auf dem Schlauch.
    »Also keine Freiwilligen?«, fragte er zum besseren Verständnis.
    »Unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher gekaufte Leichen dubiosen Ursprungs.«
    Was sind Leichen dubiosen Ursprungs?, dachte Plotek und: Vielleicht Männer, Frauen, Kinder unbekannter Abstammung, aus einem Land, das er nicht kannte, von einer Ethnie, die ihm fremd war.
    Mit: »Hingerichtete, aus Kühlhäusern entwendet – verschoben, vertickt, illegal verdealt, verstehen Sie?«, holte ihn Silke Klein wieder zurück in ein Land mit Menschen, die er so genau gar nicht kennen wollte.
    Nicht ganz, hätte Plotek sagen wollen.
    »Leichenverwertung

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