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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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wie ein Kettenkarussell weit über ihm kreiste. Sein Schädel brummte, die Stirn pochte, aber aus der Wunde kam zum Glück kein Blut mehr. Er legte sich aufs Bett, dachte an die tote Frau von Ribbenhold, an Marie-Louise und daran, wer die Drecksau! gewesen sein könnte. Mehrere Drecksäue standen zur Auswahl, doch Plotek wusste, dass es im Prinzip nur einer sein konnte. Mit diesem Wissen schlief er ein.

14
    Silke Klein saß am Tresen. Plotek setzte sich dazu.
    »Alles geklärt?«
    »Frau von Ribbenhold ist tot«, sagte Plotek.
    »Ich weiß, alle wissen es.«
    Sie machte eine Pause.
    »Sieht nach natürlichem Tod aus.«
    »Wie wollen Sie das wissen?«
    Silke Klein schaute irritiert.
    »Sie?« Sie lächelte. »Glaubst du nicht?«, fragte sie.
    »Ich glaube gar nichts.«
    »Aha, Nihilist, Atheist, Anarchist, was?«
    »Dadaist, wenn schon.«
    Beide lächelten jetzt.
    »Du meinst, vielleicht hat jemand nachgeholfen.«
    »Hm.«
    »Gründe gibt es genug, nicht wahr?«
    »Hm.«
    »Von Alten?«
    »Hm.«
    Plotek zuckte mit den Schultern.
    »Menschen haben schon wegen weniger gemordet. Manchmal auch wegen nichts.«
    Oha, dachte Plotek, da kommt jetzt ein Schuss Philosophie mit ins Spiel, Tresen-Weisheit, quasi: Die schöne blinde Frau wird zum vielsagenden Orakel.
    »Na ja.«
    »Es fehlen Wertgegenstände und Geld im Zimmer«, sagte Silke Klein.
    »Wer sagt das?«
    »Marie-Louise, die Enkelin.«
    Plotek lachte.
    »Warum lachst du?«
    »Das wundert mich nicht.«
    Plotek legte Silke Klein ihre »Jaeger-LeCoultre« auf den Tresen.
    »Schenke ich Ihnen.«
    Silke Klein betastete die Uhr.
    »Das ist ja meine! Wo hast du die denn her?«
    Du?, dachte Plotek und konnte sich noch immer nicht daran gewöhnen. Musste er aber, ob er wollte oder nicht.
    »Von Marie-Louise.«
    »Und wo hat die sie her?«
    »Geklaut.«
    »Nein.«
    »Nicht nur die Uhr.«
    »Und du hast dir das alles wieder. . .«
    ». . . zurückgeholt.«
    Silke Klein staunte. Plotek genoss es.
    »Da war die Ribbenhold schon tot.«
    »Das glaubt dir keiner.«
    »Außer Ihnen?«
    »Außer mir«, sagte Silke. »Und ich sag es nicht weiter.« »Danke.«
    »Ich danke dir.«
    Plotek war erstaunt. Er schwieg. Silke schwieg auch. Dann fragte er doch noch.
    »Wofür?«
    »Nicht nur für die Uhr, sondern . . . du weißt schon.«
    Plotek wusste es nicht. Er ahnte es nur.
    »Ho ho ho! Von draußen vom Walde komm ich her. . .«
    Plotek wurde rot. Vor seinen Augen blitzte es jetzt wieder und die Beule an seiner Stirn hämmerte, als stünde sie unter Strom.
    Silke lachte, dass ihr Tränen unter der Sonnenbrille hervorkullerten und dunkle Schneisen aus Schminke auf die Wangen zeichneten.
    Sogar die Augen schminkt sie sich, dachte Plotek und sah verlegen aus dem Fenster.
    Draußen schneite es schon wieder.

15
    »Für Sie, Herr Plotek!«
    Der junge Mann hinter der Rezeption reichte Plotek lächelnd einen gefalteten DIN-A5-großen Zettel.
    »Das wurde für Sie abgegeben.«
    Plotek nahm den Zettel, klappte ihn auf und las: Bitte Treffen Dorotheen-Altan, 11 Uhr. M.
    Jetzt war es halb zwei am Nachmittag. Zu spät, dachte Plotek, und dann: Elf am Abend oder elf am Morgen? Die Zeile auf dem linierten Papier klang nach Konspiration. Konspiration findet nie bei Licht statt, also Abend. M.? Marie-Louise! Er blickte noch einmal auf die Zeile – ein handgeschriebenes, krakeliges schlechtes Gewissen. Bei einer Sechzehnjährigen? Erstaunlich.
    Korbinian Stremmel verließ den Aufzug. Er kam hinkend auf Plotek zu. Das erste Mal fiel ihm auf, wie stark Stremmel eigentlich humpelte. Hinkte er im nüchternen Zustand stärker, als wenn er betrunken war? War das bei ihm vielleicht ähnlich wie mit dem Stottern? Besteht zwischen Hinken und Stottern ein Zusammenhang?, dachte Plotek und hörte Stremmel sagen: »T-t-t-raur-r-r-rig d-d-d-as m-m-m-mit Sk-k-k-koln-n-y.«
    Plotek nickte.
    »E-e-er h-h-hat a-a-a-uf m-m-m-mich g-g-gar n-n-n-nicht so d-d-dep-p-pressiv g-g-g-gewirk-k-k-kt.«
    Stimmt, dachte Plotek. Aber seit wann bringen sich nur Depressive um?
    »O-o-o-ob s-s-s-sich F-f-f-frau v-v-v-von R-r-r-ribbenh-h-h-hold a-a-a-uch?«
    Plotek zuckte mit den Schultern.
    So gesprächig hat er Korbinian Stremmel in den letzten Tagen noch nie erlebt.
    Hauchte der Tod der Mitreisenden ihm plötzlich ungeahntes Leben ein? Wo war seine Scheu vor dem Stottern? Die Angst, etwas zu sagen? Oder hatte er Plotek gegenüber vielleicht Vertrauen gefasst? Aber wie kam er überhaupt auf die Idee, dass Walburga von Ribbenhold Hand an

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