Schöne Khadija
Computerplätze besetzt und Khadija hatte offenbar keinen mehr bekommen.Also kam sie auf dem Weg nach Hause im Bus zu mir und setzte sich neben mich.
»Hast du Geld?«, fragte sie.
Ich sah sie von der Seite her an. »Wofür?«
»Ich konnte heute meine E-Mails nicht abrufen. Ich muss ins Café gehen.«
Zufällig hatte ich ein wenig Geld dabei, aber das hatte ich bereits anders eingeplant. »Kann das nicht bis Montag warten?«
Sie sagte nichts, schüttelte nur hartnäckig den Kopf.
Ich tastete nach den Münzen in meiner Tasche. »Was ist denn so dringend?«
Sie kniff die Lippen zusammen und zuckte mit den Achseln, wobei sie eine Schulter höher hob als die andere. »Wenn du das nicht weißt, dann kannst du es auch nicht verstehen«, behauptete sie, stand auf und ging durch den Bus, um sich zu Fowsia zu setzen.
Fowsia rutschte zur Seite, um ihr Platz zu machen, unterbrach aber ihr Gespräch mit den Mädchen vor ihr nicht. Khadija saß schweigend und völlig steif da und ich starrte auf ihren Rücken und fragte mich, was ich hätte wissen sollen.
Als wir ausstiegen, lief Fowsia mit ihren Freundinnen davon und winkte Khadija zu, mit ihnen zu kommen. Doch die schüttelte nur den Kopf und ging allein hinter ihnen her. Ich sah, wie sie ganz vorsichtig ging, als sei sie aus Glas, als habe sie Angst, zu zerbrechen.
Einen Moment später lief ich hinter ihr her.
»O.K.«, sagte ich. »Ich kaufe eine halbe Stunde im Café. Wenn du mir sagst, warum du unbedingt ins Internet musst.«
Zuerst glaubte ich, sie würde tatsächlich ablehnen, doch dann sah sie mich von der Seite her an. »Ich kann es nicht mit Worten erklären. Aber wenn du mitkommst, zeige ich es dir.«
Ich dachte einen Moment nach. »Jetzt habe ich keine Zeit. Wie wäre es nachher, wenn ich aus der Moschee komme?«
Sie zögerte kurz und sagte dann: »In Ordnung.«Als ich nach Hause kam, wartete sie schon im Mantel auf mich.
»Setz dich gar nicht erst hin«, verlangte Maamo, als ich die Tür öffnete. »Wenn du zu Suliman willst, mach das vor dem Essen. Und nimm Fowsia mit, sie muss etwas für die Hausaufgaben tun.«
Sahra und Maryan begannen zu betteln, dass sie auch mitwollten, aber ich hatte keine Lust, mit einem Haufen Mädchen loszuziehen.
»Komm«, sagte ich zu Khadija. »Wir gehen.«
Wir sausten aus der Wohnung und die Treppe hinunter und Fowsia bemühte sich, mit uns Schritt zu halten. Im Café waren viele Leute, ein paar an den Computern, andere unterhielten sich nur. Ich dachte schon, dass wir stundenlang warten müssten, bis ich Suliman selbst sah. Er ließ mich nicht mehr umsonst an die PCs, aber wegen meines Vaters bekam ich immer noch eine Sonderbehandlung.
Als er uns sah, grinste er und rief durch den Laden: »He, Warsame! Du hattest deine Stunde! Mach mal Pause und komm Kaffee trinken.«
Warsame hob die Hand, ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. Nur noch fünf Minuten. Aber Suliman ließ nicht mit sich reden. Er ging durchs Café, packte ihn an den Ohren und zog ihn hoch. Er machte zwar nur Spaß, aber Warsame leistete lieber keinen Widerstand.
»Bitte«, sagte Suliman und hielt die Hand auf, um das Geld zu kassieren. Er zog zwei zusätzliche Stühle für Fowsia und Khadija heran und ließ uns allein.
Ein paar Sekunden später hatte Khadija drei verschiedene somalische Nachrichtenseiten aufgerufen. Sie klickte sich durch die Seiten, neigte sich vor und betrachtete den Bildschirm stirnrunzelnd.
»Ich dachte, du willst deine E-Mails checken«, sagte ich.
Sie gab ein ungeduldiges kleines Grunzen von sich. »Du hast gesagt, du willst es verstehen, und ich versuche es dir zu zeigen. Warum siehst du nicht einfach hin?«
Ihr wisst, wie das ist. Jemandem am Computer zuzusehen ist das Frustrierendste der Welt. Ich beugte mich über Khadijas Schulter und versuchte, die Schlagzeilen zu lesen. Aber ich bin nicht so gut darin,Somali zu lesen und sie schaltete sehr schnell zwischen den einzelnen Themen hin und her. Ich verstand nicht einmal die Hälfte.
Fowsia sah mal auf den Bildschirm, mal auf Khadijas Gesicht. »Ist es schlimm?«, fragte sie.
»Sehr schlimm«, murmelte Khadija. »Besonders in der Gegend, wo meine Eltern sind. Da hat es gar nicht geregnet. Seht!«
Sie schaltete einen Videoclip auf einer anderen Seite ein. Plötzlich sahen wir Frauen in staubigen Kleidern, zu deren Füßen Horden von Kindern mit großen Augen hockten. Und eine Reihe von großen Männern, die ziellos hinter ein paar mageren Kamelen herliefen.
Fowsia
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