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Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Titel: Schöne Lügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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mußte, sie wandte den Kopf ab. Dieser braune Koffer war grauenvoll, er hatte das Leben ihres Bruders zerstört.
    Nachdem das Flugzeug die hellen Lichter San Diegos hinter
sich gelassen hatte und der Himmel um sie herum dunkel war, fragte Lance: »Wie geht es ihr?«
    »Die Tränen haben geholfen. Sie mußte sie herauslassen. Erst jetzt, durch das nochmalige Sehen, hat sie begriffen, daß er wirklich tot ist.« Sie biß sich auf die Lippen. »War er … ?«
    »Nein, es war ein gnädiger Tod. Der Leichenbeschauer hat als Ursache Tod durch Ersticken angegeben. Wahrscheinlich hat man ihn im Schlaf überrascht und ihm ein Kissen auf das Gesicht gedrückt.«
    Erin legte eine Hand vor den Mund, sie war ganz blaß geworden und starrte wort- und blicklos vor sich hin. »Ich bin froh, daß er diesen Brief geschrieben hat«, äußerte sie eine Weile später. »Was auch immer darin steht, er scheint Melanie versichert zu haben, daß er sie liebte.«
    »Gott sei Dank, daß die Diebe ihm wenigstens diesen Brief nicht weggenommen haben.«
    »Gibt es Hinweise auf Verdächtige?«
    »Nein. Wahrscheinlich wird er als einer dieser unaufgeklärten Morde in die Geschichte eingehen. Das Motiv dafür war Raub. Der – oder die – Täter benötigten wohl kaum mehr als eine Minute, offensichtlich waren es Profis. Natürlich hatten wir Glück, daß sie den Geldkoffer unter dem Bett nicht gefunden haben.«
    »Ja, ist das nicht toll von uns!« Sie klang schrill. Der unüberwindliche Drang, ihm weh zu tun, ergriff von ihr Besitz. Sie wollte ihn für die Art bestrafen, wie er sie gestern abend behandelt hatte. Sie wollte, daß er unter ihren Worten litt, so wie sie unter seinen gelitten hatte.
    »Du darfst stolz auf dich sein, Mr. Barrett. Du kannst jetzt als Held nach Hause gehen. Was sagst du, wenn unter deinen
Augen das Leben eines Menschen ruiniert wird? ›Nun, Jungs, wenigstens hat die Regierung ihr Geld wieder‹? Oder sagst du ›alles erledigt‹?«
    Es war nicht fair. Sie wußte, daß sie ihm gegenüber nicht fair war. Er trug schließlich nicht die Verantwortung für Kens Verbrechen. Aber sie war verletzt. Sie würde ihren Bruder nie im Leben zu Gesicht bekommen. All ihre Träume, Familienbande zu knüpfen, sich ihm mitzuteilen, Zuneigung zu finden, waren grausam zunichte gemacht. Sie wollte jemanden strafen, wollte sich rächen für den Schmerz, der sie zerriß. Dafür mußte Lance jetzt herhalten. Es war nicht fair, aber sie verspürte ein perverses Gefühl der Befriedigung, als sie sah, wie die Linien um seinen Mund sich verschärften. Er zog die Brauen zusammen und sah sie finster an.
    Um seinem Blick auszuweichen, lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück und schloß die Augen. Ein paar Minuten später fühlte sie mehr, als sie es hörte, daß er sich an die Stewardeß wandte, die an ihrer Sitzreihe vorbeiging.
    Er berührte ihren Arm. »Hier, trink das.«
    Er hielt Erin ein Glas hin. »Was ist das?«
    »Brandy, den brauchst du jetzt.«
    Sie schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, so was Starkes trinke ich nicht.«
    Er warf ihr einen grimmigen Blick zu. »Nun, aber ich«, sagte er und trank sein Glas in einem großen Schluck leer. Tränen traten in seine Augen, er verzog das Gesicht und rang nach Luft, als der starke Alkohol durch seine Kehle jagte. Doch dann lehnte er den Kopf zurück und schloß die Augen. »Du solltest es wirklich versuchen. Für die Nerven wirkt das Wunder.« Langsam nippte er an Erins Ration.
    Lange schwiegen sie. Es war Lance, der schließlich das Schweigen brach: »Tut mir leid, was mit Lyman passiert ist, Erin. Ich habe niemandem gewünscht, daß es so enden würde.«
    Sie wandte den Kopf zu ihm. Ihre Blicke trafen sich. »Das weiß ich«, flüsterte sie. »Was ich eben gesagt habe, war gemein. Kannst du mir verzeihen?«
    Anstelle einer Antwort griff er nach ihrer Hand und hielt sie fest. Er reichte der Stewardeß die Gläser und rückte dann ein Stück näher, die Armlehne zwischen ihren Sitzen klappte er hoch. Nur einige Lichter in dem Flugzeug brannten noch, die wenigen Passagiere schliefen entweder oder lasen im Licht der kleinen Lampen über ihren Sitzen. Die Flugbegleiterin hatte sich zurückgezogen, da alle Passagiere versorgt waren.
    Lance hielt Erins Hand in seiner und streichelte sie mit der anderen. Er fuhr den Umrissen der langen ovalen Fingernägel nach, strich über ihre Knöchel und die dünnen, kaum sichtbaren Adern auf ihrem Handrücken. Sein Knie drängte sich an ihres, und irgendwann

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