Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Schöne Lügen: Roman (German Edition)

Titel: Schöne Lügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
davon hypnotisiert.
    Es schienen Stunden zu vergehen, während derer sie in dunklen Korridoren saßen und auf den einen oder anderen Beamten warten mußten. Lance verschwand in verschiedenen Büros, er sprach mit nüchtern gekleideten Männern, die Melanie neugierige Blicke zuwarfen. Man erbat Auskünfte von ihr, und sie beantwortete alle Fragen teilnahmslos, aber wahrheitsgemäß.
    Mit Erin sprach kaum jemand. Ihre einzige Aufgabe war es, Melanie zu unterstützen, die diese Tortur mit mehr Haltung durchstand, als Erin es ihr je zugetraut hätte.
    Sie war Lance dankbar dafür, daß er Melanie, soweit es ging, vor den Unannehmlichkeiten schützte. Er mußte hinter den Kulissen eine Menge Papierkram erledigt haben, um die gesetzlich vorgeschriebenen Prozeduren abzukürzen. Jede Behörde, die etwas mit dem Gesetz zu tun hatte – sei es von Regierungsseite aus, von Staats wegen oder der Stadt –, schien irgendwie in den Fall verwickelt zu sein, und jede brauchte ihre Angaben und Informationen.
    Die Sonne war längst untergegangen, als sie das letzte der Büros verlassen hatten, um sich auf den Weg zum Krankenhaus zu machen. Erin fürchtete sich vor dem, was jetzt auf sie zukam. Auch wenn man Ken zweifelsfrei identifiziert hatte, so mußten doch Melanie und sie in das Leichenhaus gehen, um ihre Bestätigung abzugeben, ehe ihnen der Tote übergeben werden durfte.
    Der Mann, der sie am Flughafen abgeholt hatte, führte
Melanie durch einen Flur zu einer gepanzerten Tür, Erin folgte ihnen, zuletzt kam Lance.
    Ehe sie vor der Tür stehenblieben, faßte Lance sie am Arm und drehte sie um. »Erin, du wirst nicht dort hineingehen«, erklärte er ruhig, aber bestimmt.
    »Doch, das werde ich. Melanie braucht mich.«
    »Ich gehe mit ihr. Du wirst nicht hineingehen«, wiederholte er …
    »Du brauchst mir nicht vorzuschreiben, was ich tun oder lassen soll.« Sie entzog ihm ihren Arm. »Ich möchte meinen Bruder sehen.«
    »Nein, das möchtest du nicht. Nicht so.« Er hielt sie jetzt an beiden Armen fest. »Denk nach, Erin. Du hast dir ein Bild von ihm gemacht. Er war ein gesunder, gutaussehender junger Mann. Möchtest du ihn nicht lieber so in Erinnerung behalten, als wenn …« Er hielt inne, dann drängte er: »Du willst doch nicht, daß deine einzige Erinnerung an ihn so bleibt, wie er jetzt aussieht. Geh nicht!«
    Sein bittender Blick und beschwörender Gesichtsausdruck überzeugten Erin davon, daß er recht hatte. Sie nickte und taumelte dann gegen seine Schulter. Er führte sie zu einem typischen Behördensofa, und Erin setzte sich.
    Melanie und der Mann waren inzwischen vor der Tür der Leichenhalle stehengeblieben und warteten auf Lance. Er legte Erin noch einmal aufmunternd eine Hand auf die Schulter. »Es wird nicht lange dauern«, flüsterte er.
    Als die drei zurückkamen, weinte Melanie leise. Erin lief auf sie zu und nahm die junge Frau in die Arme, die ein Häuflein Elend geworden war.
    Mit einer Hand hielt sie ein Stück Papier umklammert.
Ein tränenüberströmtes Gesicht blickte zu Erin auf. »Das haben sie in seiner Tasche gefunden, Erin. Es ist ein Brief an mich. Er hat mich geliebt, das steht drin, er hat mich geliebt.« Sie sank in Erins Arme und schluchzte, während sie unaufhörlich wiederholte, daß Ken sie geliebt hatte.
    Erin stützte Melanie, sie setzte sich mit ihr auf das unbequeme Sofa, während Lance sich um den Transport des Leichnams nach San Francisco kümmerte. Erin war froh, daß Melanie endlich weinen konnte. Die Tränen erleichterten sie, sie waren wichtig für ihre Trauer. Besser sie ließ ihren Tränen freien Lauf, als daß sie völlig betäubt ihrer täglichen Arbeit nachging und wie eine Aufziehpuppe funktionierte – so wie es in den letzten Tagen der Fall gewesen war.
    Auf der Fahrt zum Flugplatz und während der Zeit, in der sie auf ihren Flug warteten, weinte Melanie um ihre Liebe und ihr Leben. Als sie endlich in das Flugzeug stiegen, war sie am Ende ihrer Kräfte. Glücklicherweise gab es genug freie Plätze.
    Eine hilfreiche Stewardeß schlug vor, die Armlehnen einiger Sitze hochzuklappen, damit Melanie sich hinlegen konnte. Sie war nicht mehr dazu fähig abzulehnen, und als Erin eine Decke über sie zog, schloß sie die vom Weinen geschwollenen Augen.
    Lance, der sich noch mit seinem Kollegen unterhalten hatte, kam als letzter an Bord. Er setzte sich neben Erin und verstaute einen unauffälligen Koffer unter dem Sitz. Erin wußte, was es mit diesem Koffer auf sich haben

Weitere Kostenlose Bücher